Stadtarchivar Martin Blümcke

Vom Bahnhof Laufenburg (Baden) – meist nur Westbahnhof genannt – steigt eine schmale Straße leicht an, dann beengen rechts und links Felswände die Fahrbahn, die sich danach wieder in Richtung Zimmermannstraße senkt. Es ist die kürzeste und auch die schönste Verbindung zwischen Rhina und dem Städtle, die Fußgängern, Radfahrern und Müllwagen vorbehalten ist.

Der neue Stadtteil muss angebunden werden

Seit der Zeit um 1900, als der Autoverkehr auf der Reichsstraße über die Kirchhalde, wie man damals noch den Heilig-Geist-Buckel bezeichnete, seit den 1920er Jahren besonders, wurde eifrig über eine andere, weniger steile Straße diskutiert. Dabei wurde immer wieder eine Trasse oberhalb der Bahnlinie ins Gespräch gebracht. Als 1933 die Gemeinde Rhina mit der Stadt Laufenburg vereint wurde, stand in dem Vertrag auch die Auflage, die genannte Verbindung zu bauen.

Das könnte Sie auch interessieren

Bürgermeister Alois Häffner (1924 bis 1944) hatte die Hans-Thoma-Schule und das Gartenstrandbad geschaffen und musste erst wieder Kapital sammeln, um das nächste Projekt anzugehen. Am 1. Juli 1938 schickte er die Pläne für die Straße an das Landratsamt Säckingen und ersuchte um die Baugenehmigung: „Die Schaffung einer ebenen Wegeverbindung vom Bahnhof zum Ortsteil Rhina ist ein dringliches öffentliches Bedürfnis.“

Das könnte Sie auch interessieren

Man habe sich mit der Reichsbahn geeinigt, man werde die nötigen Flächen erwerben, die Obstbäume fällen und die Büsche roden, einen Tunnel mit einem Ausguck auf den Rhein und beide Laufenburg durch die Granitfelsen sprengen, die Böschungen befestigen und eine 2,5 Meter breite Fahrbahn herstellen. Das alles solle 22 000 Reichsmark kosten, am Schluss war es allerdings doppelt so viel. Am 15. September kam die Erlaubnis mit der Auflage: „Bäume und Hecken entlang des Weges sind als Nistgelegenheit für die Vogelwelt unbedingt zu erhalten.“

Die Arbeiten beginnen

Ende des Jahres 1938 schließt die Stadt Laufenburg einen Vertrag mit der Arbeitsgemeinschaft Duttinger & Dapp, Baugeschäft, und dem Tiefbauunternehmer Leo Meise aus Niederhof, der die unglaubliche Masse von fast 3000 Kubikmetern Granitfelsen unterhalb vom Bückle heraussprengen und zum Teil zu Schotter verkleinern musste, um die Fahrbahn zu schaffen. „Die Strecke wird sofort nach der Schneeschmelze ausgesteckt.“ Es waren 120 Arbeitstage vereinbart.

Das könnte Sie auch interessieren

So schnell ging es dann im Gewann Kellermatt doch nicht voran. Doch im Frühjahr 1939 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Die in Rhina verbreitete Meinung, es seien auch Bergarbeiter aus der Zeche in Herznach bei Frick dabei tätig gewesen, lässt sich nicht bestätigen. In der Zeitung „Der Alemanne“ veröffentlichte Josef Müller, genannt Hakenmüller, weil seine Nase verbogen war, einen stolzen Bericht als SA-Mann und als erster Beigeordneter im Laufenburger Rathaus, der von der Partei her Bürgermeister Häffner überwachte: „Einer nationalsozialistischen Gemeindeführung blieb es vorbehalten, diesen Plan zur Wirklichkeit werden zu lassen. Es macht sich auf allen Gebieten unseres Gemeindelebens bemerkbar, dass Laufenburg schon seit 1930 nationalsozialistische Hochburg ist und infolgedessen auch schon frühzeitig in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Beziehung den Marschtritt der neuen Zeit aufgenommen hat.“

Der Blick aus dem Straßentunnel in Richtung Laufenburg, wo im Hintergrund das Schlössle zu erkennen ist.
Der Blick aus dem Straßentunnel in Richtung Laufenburg, wo im Hintergrund das Schlössle zu erkennen ist. | Bild: Archiv Egon Gerteis/Repro: Fotostudio Höckendorff

Mit den oft müden Schritten der Bauarbeiter konnte das Werk im Juli abgeschlossen werden. Gerade noch rechtzeitig vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der am 1. September 1939 den Ausbau des Stadtweges in den anderen Stadtteil Stadenhausen jäh unterbrach. Alle Anstrengungen galten nur noch dem Militär.

Steinschlaggefahr

Im Krieg und in den Jahren danach lösten sich immer wieder Steine und Felsbrocken, denn der Durchgang war nicht verschalt worden. So kam der Gedanke auf, den Tunnel zu beseitigen und ihn durch eine Sprengung nach oben zu öffnen. Die Baufirma Duttlinger & Dapp sollte das – zusammen mit einem Sprengmeister – bewerkstelligen. Da es sich um einen Gemeindeweg handelt, war nur die Erlaubnis beim Bundesbahn-Betriebsamt Basel einzuholen, da vielleicht Felsstücke oder herabrutschendes Gestein auf die Gleise fallen konnten.

Das könnte Sie auch interessieren

Datiert vom 28. Januar 1955, erreichte Bürgermeister Albert Wasmer (1949 bis 1979) die Genehmigung, bei Bahnkilometer 310,940 zu sprengen. Vier mögliche Zeitfenster zwischen zwei Zügen wurden genannt. Die Bahnmeisterei Waldshut hatte einen Sicherungsposten zu stellen, der den Fahrmeister in Laufenburg-Ost über Beginn und Ende der Aktion unterrichtete.

Die Nutzer

Seitdem laufen viele Fußgänger durch die Engstelle, es fahren Unzählige auf dem Rad hin und her. Für Autos und Motorräder ist die Verbindung gesperrt. Nur Müllwagen dürfen passieren, die bei der Laufenburgbrücke wenden und rückwärts bis zum Laufenburger Rathaus hinaufjonglieren.