Stadtarchivar Martin Blümcke

In der vierköpfigen Reihe der Laufenburger Ehrenbürger ist Hermann C. Starck nach der Schlösslemadame Mary Codman der zweite. Ende April 1966 beschloss der Gemeinderat einstimmig, dem 75-Jährigen das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, und zwar „in Anerkennung seiner vielfältigen und reichen Verdienste um Betrieb, Kultur und Wirtschaftsleben von Stadt und Landschaft.“

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Damit wurde ein erfolgreicher Unternehmer im Bereich seltener Metalle geehrt, der in seiner Firma in Rhina fast tausend Personen beschäftigte. Wenn er in Laufenburg war, konnte jeder mit seinen Sorgen und Anliegen zu ihm kommen. Die soziale Marktwirtschaft mit hie der Vorstand und dort der Betriebsrat war für Hermann C. Starck kein Gegensatz, sondern die Möglichkeit, im gegenseitigen Vertrauen die Probleme anzugehen und zu lösen. Fast sympathisch wirkt dabei seine Scheu, in der Öffentlichkeit aufzutreten, er blieb lieber in seinem Büro und veranlasste, dass für „seine“ Gastarbeiter ein Wohnheim gebaut wurde. Es war für ihn eine Selbstverständlichkeit, Feiern für die Pensionäre zu arrangieren und an Weihnachten seine Mitarbeiter und deren Kinder zu beschenken.

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Es dauerte mehr als ein Jahr, bis der kunstvoll geschriebene Brief, der das Ehrenbürgerrecht bezeugt, an Hermann C. Starck übergeben werden konnte. Das geschah am 5. Juni 1967, zwei Tage vor seinem 76. Geburtstag, in einer Feier auf der Rathenau-Anlage an der Mündung des Andelsbachs. Dort hatte der Geehrte Gartengrundstücke aufgekauft und einen Kinderspielplatz samt Geräten anlegen lassen. Zugleich erinnert dort bis heute ein Bronzeporträt und ein Gedenkstein an Dr. Walther Rathenau, an seinem väterlichen Freund, der das Kraftwerk Laufenburg bauen ließ und somit den Grundstein für den Industriestandort Rhina legte.

Bild 1: Hermann C. Starck: Ein Mann mit Unternehmensgeist und Herz für seine Mitarbeiter
Bild: Schönlein, Ute

Auch bei diesem Anlass sorgten Kinderschüler, die schon vorher von ihm Spiel- und Turngeräte erhalten hatten, für den fröhlichen Rahmen: Sie sangen für ihn, sie trugen Gedichte vor und streckten dem gerührten Hermann C. Stark Blumen entgegen. Dieser gestand gegenüber seinem Sohn, seiner Tochter und Bürgermeister Albert Wasmer: „Das ist der schönste Tag in meinem ganzen Leben!“ Walther Rathenau, der im Ersten Weltkrieg im preußischen Kriegsministerium die Abteilung für kriegswichtige Rohstoffe leitet, holt 1915 den Soldaten Starck in seine Nähe. Einen Kaufmann, der sich auf Erze und Metalle spezialisiert hat. Seine Idee, aus den Schlackenhalden im sächsischen Erzgebirge nach Wolfram zu suchen, mit dem man Stahl härten kann, bringt einen Ertrag von hundert Tonnen.

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1891 in Magdeburg geboren, besucht Hermann C. Starck das Gymnasium. Als der Vater stirbt, muss der 16-Jährige die Schule verlassen und eine kaufmännische Lehre beginnen. 1917 – nicht 1920, wie meist zu lesen ist – gründet er die Firma Hermann C. Starck Berlin. 1920 kann er von der AEG Berlin, die der Familie Rathenau gehört, in Rhina das Werk Ferro-Legierungen übernehmen, in dem in Lichtbogen-Hochöfen Metalle gehärtet und gemischt werden. 1958 erwirbt er zudem vom Kraftwerk Laufenburg die Elektro-Nitrum AG, die ENAG, und verbindet beide Betriebe am Standort Rhina. Hier kann leider keine Firmengeschichte Hermann C. Starck geliefert werden, obwohl noch Produktionsstätten in Goslar am Harz und in Mitteldeutschland dazukommen. Nachdem der Unternehmer am 4. April 1974 – zwei Monate vor seinem 83. Geburtstag – gestorben ist, fehlt der Wirtschaftsführer. 1996 kauft der Bayer-Konzern das Werk in Rhina, seit 2018 sind Firmen aus Schweden und Japan die Produzenten. Nach 98 Jahren wird der Firmenname Hermann C. Starck gestrichen.

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Ein Lebensabschnitt wird höchst selten in das Bild des erfolgreichen Unternehmers eingefügt, der Mitarbeiter führen und begeistern kann, der ihnen den nötigen Freiraum gibt, eigene Ideen zu entwickeln. Gegen Kriegsende erobern die Russen Berlin. Hermann C. Starck bleibt in seinem Potsdamer Haus und vertraut auf seine Integrität. So hat er, der mit einer Jüdin verheiratet ist, vielen ihrer Leidensgenossen geholfen. Seine Frau und seine Kinder hat er zuletzt im Laufenburger „Rebstock“ versteckt.

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Da seine Betriebe ein Teil der deutschen Rüstungsindustrie gewesen sind und dort auch Fremdarbeiter haben schuften müssen, wird er von den Russen als Kriegsverbrecher verhaftet und ins Lager Fünfeichen bei Neubrandenburg gebracht. Von dort gelingt es ihm, ein Papier mit einer Generalvollmacht für seinen Prokuristen Dr. Wilhelm Königswinter nach Westberlin zu schmuggeln. Dieser hat fortan die Betriebe in Goslar und Rhina geführt. Sein Chef wird dann in das Internierungslager im aufgelösten KZ Buchenwald bei Weimar verlegt. 1950 übergeben die Russen ihn an die Behörden der DDR, die in einem Prozess wegen „Unterstützung des Nazitums“ den 60-Jährigen zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilen beim gleichzeitigen Einzug seines Vermögens in ihrem Staatsgebiet. Ende 1951 – nach fast sechs Jahren Haft – wird Hermann C. Starck begnadigt. Körperlich gezeichnet kehrt er in seine Firmenzentrale nach Berlin zurück. In der er dankbar feststellen kann, dass wesentliche Teile seines Konzerns noch bestehen