Enkeltrick und Schockanrufe sind bekannte Betrugsmaschen. Erst vergangene Woche meldet die Polizei, dass in Lörrach ein 21-Jähriger im Zusammenhang mit einem betrügerischen Schockanruf festgenommen wurde. Der Anrufer gab sich laut Polizeiangaben als Staatsanwalt aus und wollte von einem 72-Jährigen 71.000 Franken erbeuten – angeblich, um eine Kaution für seine Tochter zu hinterlegen.

Martina Rauscher aus Rheinfelden hat eine ähnliche Erfahrung gemacht. Das Pikante: Rauscher ist sich sicher, dass die Anruferin zunächst die Stimme ihrer Tochter nachahmte – mit künstlicher Intelligenz (KI), vermutet sie. Die Polizei spricht auf Nachfrage von einer „Anrufwelle“, die in der vergangenen Woche den Landkreis Lörrach betroffen habe.

Die Stimme klingt täuschend echt

Am Mittwoch bekommt Martina Rauscher einen Anruf auf ihr Festnetztelefon. Am anderen Ende spricht ihre Tochter – oder wen sie in diesem Moment dafür hält. Aufgelöst, heulend habe die Tochter davon erzählt, eine Frau totgefahren zu haben, berichtet Rauscher. Bevor sie das Gehörte verarbeiten kann, meldet sich eine angebliche Polizistin. Rauschers Tochter müsse in Untersuchungshaft, außer sie könne eine Kaution hinterlegen.

Als Rauscher misstrauisch wird, legt die Anruferin auf. Dass die Anruferin die Stimme ihrer Tochter täuschend echt imitiert habe, macht ihr zu schaffen. Sie ist überzeugt: Die Anruferin hat die Stimme von einer künstlichen Intelligenz imitieren lassen. Dass Betrüger KI zu diesem Zweck nutzen können, davor warnen auch Verbraucherschutzzentralen. Mithilfe etwa von Sprachschnipseln in sozialen Netzwerken könne man die Stimmen nachbauen, schreibt die niedersächsische Behörde.

Was sagt die Polizei dazu?

Wie bewertet das Polizeipräsidium Freiburg den angeblichen Einsatz von KI-Stimmen bei Schockanrufen? Auf Nachfrage äußert sich Pressesprecher Thomas Batzel eher zurückhaltend. Es gebe bislang keine Indizien, dass KI-Stimmen zur Täuschung eingesetzt würden. „Dies dürfte plausibel sein. Woher sollten den Tätern die sogenannte Gegenstimme der angerufenen Opfer bekannt sein“, schreibt er. Ob im Fall von Martina Rauscher eine KI zum Einsatz kam, wird wohl ungeklärt bleiben, auf eine Anzeige hat sie verzichtet. Laut eigener Aussage, weil die Polizei ihr nur geringe Erfolgschancen einräumte.

Schockanrufer nutzen meist Szenarien, die dem hier beschriebenen ähnlich sind. Es kann schwer sein, den Betrugsversuch sofort zu durchschauen. Er ist oft so designt, dass großer Druck auf das potenzielle Opfer ausgeübt wird. Durch das Imitieren von Autoritätspersonen wie Polizisten wird den Forderungen zusätzlich Nachdruck verliehen. So auch im Fall von Martina Rauscher. „Auf alle meine Fragen hatten die Betrüger eine schnelle Antwort, sie waren sehr gut vorbereitet“, sagt sie. Ein Detail brachte Rauscher aber auf die richtige Fährte: Die Anruferin behauptete, vom Morddezernat in Rheinfelden zu sein – das gibt es aber gar nicht.

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Vermeiden lässt es sich kaum, dass man selbst oder Angehörige von einem Schockanruf betroffen sein werden. Um sich und andere vor Telefonbetrügern zu schützen, rät die Polizei dazu, am Telefon nie über persönliche und finanzielle Verhältnisse zu sprechen. Generell solle man misstrauisch bleiben und im Verdachtsfall die 110 wählen. Über verdächtige Anrufe solle man auch mit Vertrauten sprechen. Um die mutmaßlichen Betrüger loszuwerden, helfe nur, den Hörer einfach aufzulegen.