Hochrhein Der Kopf reckt sich weit in die Fahrbahn. Wird er pünktlich kommen? Neugierig wartet man an der Haltestelle Unterdorf Schwörstadt auf den Bus, der derzeit als Schienenersatzverkehr fährt. Kurz vor Feierabend herrscht viel Verkehr auf der Straße. Endlich rollt der rote Riese an. Die Warnblinker leuchten und sind schon von Weitem zu erkennen. Die große Glastür öffnet sich für den Einstieg. Der Busfahrer begrüßt die Fahrgäste mit einem breiten Lächeln.
Beim Eintreten wird schnell die ganze Fahrgastkabine überschaut, um einen geeigneten Sitzplatz zu finden. Die Auswahl ist groß, denn der Bus ist fast leer. Der Platz ganz vorn rechts scheint perfekt, dort bietet die große Frontscheibe des Busses freie Sicht auf den Verkehr. Es geht los in Richtung Rheinfelden. Goldgelbe Kornfelder rauschen draußen vorbei. Dunkle Wolken bäumen sich über der Stadt auf. Die beiden Mitreisenden scheinen mit vertieftem Blick aufs Handy die Busfahrt teilnahmslos hinzunehmen.
„Nächster Halt Beuggen!“ Zwei junge Menschen steigen in den Schienenersatzbus ein. Sie zeigen routiniert ihre Fahrausweise und setzen sich. Von ihrem Gespräch kann man kaum ein Wort verstehen, das Klappern des Lüftungsschachts oben auf dem Dach ist laut. Auf der Rheinfelder Friedrichstraße schwingt der Bus über die eine oder andere Bodenwelle. Es fühlt sich an wie im Wasserbett. Der ganze Körper schwingt im Rhythmus mit. Bis auf einmal von rechts ein schneller gelber DHL-Transporter kommt. Das war knapp.
Kurz danach wird es erneut eng: Die parkenden Autos auf den Seitenstreifen erschweren die Durchfahrt. Dem entgegenkommenden Baufahrzeug muss der Busfahrer so weit ausweichen, dass er fast die Seitenspiegel der Fahrzeuge touchiert. Doch bis jetzt ist der Bus im Zeitplan. Die grüne Ampel-Welle lässt den roten Riesen pünktlich am Busbahnhof in Rheinfelden ankommen. Die Fahrgäste steigen aus und eilen weiter. Über das Dankeschön beim Aussteigen freut sich der Busfahrer sichtlich und nickt wohlwollend.
Um den passenden Anschluss zu finden, schweift der Blick zügig über alle Anzeigetafeln. Der Rheinfelder Busbahnhof erweist sich zum Glück als übersichtlich, denn die Umstiegszeit in den Expressbus nach Bad Säckingen beträgt nur fünf Minuten. Trotzdem lässt sich dieser gar nicht so einfach finden. Zwei Männer und eine Frau mit orangen Warnwesten stehen im Ausstiegsbereich. Über Handzeichen kommunizieren sie mit einem der Busfahrer: Daumen hoch. Doch wo ist nun der Expressbus nach Bad Säckingen geblieben? Der Blick geht wieder zurück zu dem roten Riesen von eben. Der Fahrer hat das Informationsschild hinter der Frontscheibe umgedreht. Aus Linie C wird nun Linie B. Auf die Frage, ob er jetzt bis nach Bad Säckingen durchfährt, bestätigt der Fahrer mit „Yes“. Also geht es wieder zurück in den gleichen Bus. Technisch gesehen ergibt es Sinn, an der Endstation die Linie zu tauschen, denn so kann keine Anschlussverbindung verpasst werden.
„Die meisten Leute fahren am Morgen, am Nachmittag sind es nicht so viele“, berichtet der Busfahrer. Jetzt rollt der Bus in die Innenstadt von Bad Säckingen. Trotz einiger roter Ampeln kommt er pünktlich am Ziel zwischen Busbahnhof und Bahnhof an. Die Anzahl der Reisenden auf dem Bad Säckinger Bahnhofsplatz ist überschaubar. Der Wind rauscht durch die mächtigen Blätterkronen der Bäume vor dem Bahnhofsgebäude. Gewitterwolken rücken immer näher. Hoffentlich rollt die Linie C noch vor dem Einbruch des Regens in die provisorische Haltestelle, denn hier gibt es keine Überdachung für die wartenden Fahrgäste.
Von rechts läuft eine Seniorin mit ihrem Rollator in Richtung Fahrsteig. Sie informiert sich bei einem Mann über die Fahrzeiten. Geduldig erklärt er ihr alles. „Das Ticket für den Bus müssen Sie aber trotzdem am Bahnsteig vom Zug kaufen. Zahlen im Bus ist nicht“, fügt er hinzu. Die Zeit bis zur Abfahrt sollte eigentlich zum Fahrkartenkauf reichen. Schließlich wartet man hier 20 Minuten auf die nächste Buskolonne.
Der Gleisbereich am Bahnhof ist wie leer gefegt. Nur zwei alte Männer sitzen auf einer der Bänke und starren auf das leere Gleis. Die Bahn stellt zu den Hauptverkehrszeiten immer zwei bis drei aufeinanderfolgende Busse zur Verfügung. Sie bieten ähnlich viel Platz wie die Anzahl der Sitzplätze in den Wagons wäre. Gegenüber der Haltestelle für die Schienenersatzbusse steht ein riesiges altes Gebäude. Viele Fenster sind provisorisch mit einem Sichtschutz versehen. Es wirkt alles sehr schlicht. Eine ältere Frau schaut dem Treiben von oben aus ihrem Küchenfenster heraus zu. Lautes Kinderlachen dringt durch das gekippte Fenster einer anderen Wohnung. Jene Fahrgäste, die keine Stöpsel im Ohr tragen, nehmen das herzliche Lachen wahr und schauen nach oben. Einige fühlen sich davon angesteckt und lachen sogar leise mit.
Kurz vor der Ankunft der Linie C strömen Menschen jedes Alters an den Einstiegsstreifen. Die Buskolonne rollt an und plötzlich wird es hektisch. Gewusel beim Ein- und Ausstieg. Man sieht genau, wer pendelt und wer Tourist ist. Neben den warmen Dämpfen der ständig fahrenden Busse durchdringen hastige Fragen zur richtigen Verbindung die Luft. Man fühlt sich etwas überfordert bei all den Menschen, die hier ein- und aussteigen. Doch die Organisation funktioniert gut. Die Busfahrer steigen aus und zeigen den Fahrgästen die richtige Verbindung: „Gehen Sie da hin. Dieser fährt auch nach Rheinfelden und hält überall“, sagt ein Busfahrer. „Wenn es Ihnen zu voll ist, dann gehen Sie in den letzten Bus, der fährt die gleiche Strecke.“ Die Busfahrer verteilen die Passagiere und beruhigen sie, sodass keiner beim Einstieg zurückbleibt.
Zigarettengeruch liegt in der Luft, der ergatterte Sitzplatz ist noch warm. Jetzt herrscht Feierabendverkehr der Pendler. „Alles noch human, zu dem, was sonst los ist. Bei gutem Wetter bleiben viele nach der Arbeit in der Stadt. Das verteilt die Pendler besser auf die Busfahrzeiten“, sagt eine Pendlerin. Die Kolonne rollt wieder Richtung Rheinfelden. Nächste Haltestelle: Unterdorf Schwörstadt.