Herr Klever, Herr Bühler, im März hatten Sie Alarm geschlagen, dass wegen der Baustellen Adolf-Müller-Straße und Hauptstraße und der dadurch erschwerten Zufahrt in die Innenstadt Kundenzahlen stark rückläufig seien. Wie ist jetzt aktuell die Stimmung?

Stefan Klever: Die Stimmung ist schwierig. In Schopfheim belasten die vielen Baumaßnahmen den Handel zusätzlich. Gerade mittags haben wir praktisch null Frequenz. Da kommen nur die Kunden, die gezielt bestimmte Geschäfte aufsuchen.

Martin Bühler: Wir leben im Moment von den Stammkunden. Wenn man hinschaut, Passanten, Fahrradfahrer und Autos zählt, die unterwegs sind, stellt man fest: Es sind verschwindend wenige.

Betrifft das einzelne Branchen oder Innenstadt-Bereiche oder das ganze Zentrum von Schopfheim?

Bühler: Es sind verschiedene Geschäfte, verschiedene Branchen, die alle von rückläufigen Frequenzen berichten – und damit zwangsläufig von rückläufigen Umsätzen. Wenn die Leute gar nicht mehr kommen, gibt es auch keine Möglichkeit, etwas zu verkaufen.

Und das lässt sich konkret festmachen an den Baustellen?

Bühler: Die Baustellen-Problematik geht einher mit der gesamtwirtschaftlichen Lage. Man kann die negative Entwicklung nicht nur auf die Hauptstraße oder auf die Baustelle schieben. Aber durch die erschwerte Zufahrt hat sich die Lage verschärft.

Klever: Da unser Unternehmen Schuhgeschäfte an verschiedenen Standorten betreibt, kann ich die Situation gut einschätzen. Am Standort in Bad Säckingen haben wir eine positivere Entwicklung als in Schopfheim. Deswegen kann ich klar sagen: Die Entwicklung in Schopfheim ist eindeutig auf die reduzierte Kundenfrequenz zurückzuführen.

Der Uehlin-Neubau in der Hauptstraße geht zwar bis ins nächste Jahr. Aber in wenigen Tagen soll der Mini-Kreisel an der Sparkasse und damit die Durchfahrt an dieser Stelle wieder frei sein. Ist das nicht schon eine Erleichterung?

Klever: Wenn die Situation punktuell verbessert wird, dauert es lange, bis das registriert wird. Das Problem ist aber: Jetzt wird es zwar besser – aber wenn die Baumaßnahmen in Hauptstraße und Wallstraße in einigen Monaten kommen, wird es wieder schlechter. Deswegen bleibt es schwierig. Wir sehen natürlich, dass diese Maßnahmen notwendig sind. Andererseits muss man auch schauen, wie man möglichst wenig beeinträchtigt durch solche Zeiten kommt. Deswegen hatten wir auch unsere Forderungen so gestellt.

Sie hatten gefordert, den Einbahnstraßen-Teil der Hebelstraße wieder in beide Richtungen befahrbar zu machen sowie eine Durchfahrt unter der Lenkplastik auf den Marktplatz zu ermöglichen. Die CDU-Fraktion hat dies auch so beantragt. Die Stadt lehnt das aber ab, verweist auf Sicherheitsbedenken und darauf, dass der Gemeinderat nicht zuständig sei.

Klever: Wir sehen das wirklich kritisch. 2018 hat der Gemeinderat beschlossen, dass die Hebelstraße probeweise für ein Jahr zur Einbahnstraße wird. Allerdings ist der Probelauf dann nie mehr hinterfragt worden. Das ist ein Versäumnis und für uns nicht nachvollziehbar – ebenso ist für uns nicht nachvollziehbar, dass der Gemeinderat zwar damals die probeweise Einbahnstraße beschließen konnte, jetzt aber nicht beschließen kann, sie wieder zu öffnen. Dabei hat sich baulich nichts verändert.

Bühler: Was diese Problematik betrifft, wurde aus unserer Sicht nicht unbedingt lösungsorientiert gehandelt. Es wurde nicht – wie ja auch im Antrag von der CDU gefordert – der Frage nachgegangen: Was muss getan werden, damit man diese Straße wieder öffnen kann? Diesen Fragen hätte die Stadtverwaltung aus unserer Sicht schon nachgehen müssen, als wir diesen Vorschlag erstmals vorgebracht haben. Das war noch vor Baustellenbeginn. Es gab nie Probleme mit der beidseitig befahrbaren Hebelstraße. Deshalb verstehen wir nicht, warum das nicht möglich ist.

Was ist mit der Forderung nach einer Durchfahrt unter der Lenkplastik?

Bühler: Unsere Idee war, mit einer Durchfahrt auf den Marktplatz den Verkehr über Wallstraße und Hauptstraße ähnlich wie einen Kreisverkehr zu gestalten. Auch da hat die Verkehrsbehörde bei der Stadt gleich abgewiegelt. Wir waren und sind der Meinung: Lasst uns das doch einfach mal ausprobieren.

Klever: Die Ampeln in der Hauptstraße sind ein gutes Beispiel für diese Haltung. Teile der Mitentscheider sagten, wir brauchen das nicht, Begegnungsverkehr ist möglich. Andere hielten Begegnungsverkehr für hoch risikobehaftet und Anwohner der Wallstraße für stark gefährdet. Jetzt zeigt sich: Die Ampel wird nicht benötigt und die Situation in der Wallstraße ist vollkommen unproblematisch. Es spricht damit einiges dafür, dass man vielleicht auch unkonventionelle Vorschläge einfach mal testet.

Was erwarten Sie jetzt konkret von der Stadt und Gemeinderat?

Bühler: Zu diesen beiden Themen erwarten wir so gut wie nichts mehr. Wir blicken jetzt in die Zukunft. Da ist das Verkehrskonzept, das am Montag im Gemeinderat zur Abstimmung stand, ganz wichtig. Wir fordern, dass all die Maßnahmen, die darin aufgeführt sind, nicht en bloc angeordnet werden können. Uns ist wichtig, dass der Gemeinderat über jede einzelne Maßnahme explizit berät und abstimmt. Nicht nur dann, wenn er wegen der finanziellen Größenordnung ohnehin gefragt werden muss. Sondern auch dann, wenn Maßnahmen nichts oder nicht viel kosten und deshalb von der Stadt auch ohne Zustimmung des Gemeinderats umgesetzt werden könnten.

Klever: Nach den Erfahrungen haben wir bei diesem vorgeschlagenen Prozedere große Bedenken. Im Verkehrskonzept werden unzählige Maßnahmen vorgeschlagen. Manche kosten Geld, die müssen durch den Gemeinderat, manche kosten nichts, die kann die Verwaltung einfach so beschließen. Und das können wir auf keinen Fall akzeptieren, auch wenn bestimmte Maßnahmen wenig kosten, können sie gravierende Folgen haben. Daher müssen diese dann gegebenenfalls öffentlich diskutiert und vom Gemeinderat beschlossen werden. Wir fordern bei diesen Themen absolute Transparenz.

Gibt es besondere Knackpunkte aus Ihrer Sicht?

Klever: Jede einzelne Maßnahme kann für die Stadt schwierig sein. Wenn etwa Straßensperrungen erfolgen, wie es teils angedacht ist, dann wird die Stadt negativ besprochen – und gemieden. Solche sensiblen Entscheidungen müssen sorgfältig abgewogen werden. Es müssen alle Beteiligten gehört werden. Es kann nicht sein, dass solche Maßnahmen im stillen Kämmerlein beschlossen werden. Aus den ganzen Vorgängen haben wir jetzt lernen müssen, dass solche Entscheidungen genau geprüft und immer wieder hinterfragt werden müssen.

Bühler: Nur weil manches jetzt im Jahr 2025 richtig ist, heißt das nicht, dass es 2030 oder 2035 immer noch richtig ist. Das ist der Zeitrahmen für die Umsetzung. So manches ändert sich ja im Laufe der Zeit. Auch deshalb müssen die Dinge dann noch einmal neu diskutiert und eventuell hinterfragt werden. Ist es für die Bürger, das Gewerbe, für die Stadt das Richtige, bringt uns die Maßnahme weiter? Es wäre beispielsweise sehr einfach, den Marktplatz autofrei zu machen. Dazu muss man nur zwei Schilder aufstellen, das würde kein Geld kosten, hätte aber enorme Auswirkungen. Solche Entscheidungen gehören vor der Umsetzung nochmals hinterfragt: Ist das die richtige Maßnahme zur richtigen Zeit?

Fragen: André Hönig