Thomas Mutter

Die Brücke zwischen Hauptstraße und „Süßem Winkel“, der im Volksmund immer noch so genannte „Ochsensteg“, ist altersschwach geworden und sieht einer Grundrenovierung entgegen. Der Vorgänger der jetzigen Verbindung über die Alb ist vor 60 Jahren in einer durchaus sehenswerten Aktion abgebaut worden und lebt als schmale Brücke über den Tuskulum-Wasserfall weiter.

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Das Hotel „Klostermeisterhaus“ mit anschließenden Geschäften, Gastronomiebetrieb und Wohnungen und das „Domhotel“ markieren die von Alb und Steinenbach umflossene Spitze des „Süßen Winkels“. Diese Ortsbezeichnung soll zurückgehen entweder auf einen Maschinenschlosser Süßmann, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts im „Klostermeisterhaus“ wohnte, oder auf eine zeitweilige Konditorei und Süßwarenhandlung im selben Gebäude.

Nachdem die nachklösterlichen Viertel und Gebäude (wozu das „Klostermeisterhaus“, also das Haus der für das Kloster arbeitenden Handwerker und Meister, gehörte) immer stärker zusammenwuchsen, war eine Anbindung der Mini-Halbinsel an die Hauptstraße dringend erforderlich geworden. Heimatforscher Bernhard Steinert (1912-1994) grenzt diesen Anschluss zwischen 1872 und 1876 ein. Jedenfalls, so berichtet er in seinem „Sankt Blasier Land“, bewilligte der Gemeinderat Ende August 1876 einen Beitrag zur Stegherstellung in Höhe von 60 (!) Mark – der Hinweis auf die anders geartete Währungsstärke und Kaufkraft darf heute jedoch nicht unterbleiben.

Steg trägt Namen des Gasthauses

Der Steg hat die Entwicklung des „Winkels“ gefördert: 1899 wurde das Grund- und Vorläufergebäude des heutigen „Domhotels“, das Gasthaus „Ochsen“ errichtet. Dieses volkstümliche Gasthaus hat auch dem nahen Steg den Namen gegeben – und nicht etwa, wie von Touristen manchmal vermutet, irgendwelche Ochsen als Benutzer des Brückchens. Um 1958/59 war dieser „Ochsensteg“ in die Jahre gekommen, er sollte durch eine breitere Spannbetonbrücke ersetzt werden. Aber zuerst musste man den alten Steg loswerden. In einer recht spektakulären, fast sogar lustigen Aktion hängte Alfred Schmidt senior, der Gründer und umtriebige Chef des einstigen St. Blasier Familienunternehmens Schmidt-Schneepflug, die Brücke zwischen einen Lastkraftwagen (einen Büsing Diesel) und einen Kran, der eine fuhr vorwärts, der andere rückwärts, zwischen beiden der leicht schaukelnde „Ochsensteg“.

Ein Jahr zwischengelagert

Beim Friedhof wurde die Brücke für ein Jahr zwischengelagert, bis am Tuskulum-Wasserfall ein brüchiger Holzsteg abgebaut und an leicht versetzter Stelle neue und stärkere Fundamente für den bisherigen „Ochsensteg“ gegossen und mit allen Ergänzungen fertiggestellt waren. Bei der seinerzeitigen örtlichen Baufirma Stritt arbeitete auch Anton Kaiser aus dem heutigen St. Blasier Ortsteil Albtal-Schlageten. Den Kaiser Toni erwischte eines Tages der Auftrag, bei Hochwasser in den tosenden Wasserfallschlund abgeseilt zu werden, um die Sicherungsmaterialien der Fundamentverschalungen vor den Fluten zu retten. Der junge wagemutige und bärenstarke Handwerker zögerte nicht, der Einsatz gelang.