St. Blasien – Über den jahrhundertealten Widerstand – um nicht zu sagen Hass – des Hauensteiner Waldvolkes gegen die Herrschaft des Klosters St. Blasien sind unzählige historische Arbeiten verfasst worden. Am 1. November 1524, also vor fünf Jahrhunderten, entlädt sich das zur Wut gesteigerte Aufbegehren. Vier Tage lang suchen Bauern und Waldvolk die Klostergebäude heim und wüten ohne Rücksicht auf Werte und Empfindsamkeiten der Mönche.

Seit dem 9. Jahrhundert wird im christlichen Abendland der Gedächtnistag aller Heiligen gefeiert. Dass die Rebellen ebendiesen für den Angriff und die Verwüstungen wählen, verleiht dem Gewaltausbruch eine doppelte Schärfe. Der seinerzeit von 1519 bis 1532 regierende Abt Johannes III. Spielmann erweist sich als mehr oder weniger hilf- und ratlos, zumal er ja über keine eigenen Soldaten oder Sicherheitskräfte verfügt. Die Hauensteiner sind in den Zerstörungen und im Diebstahl nicht zimperlich. Dabei kommt das Kloster im Vergleich zur zweiten Welle im nachfolgenden Frühjahr noch einigermaßen glimpflich davon.

Der viertägige Einbruch an und nach Allerheiligen ins Klosterareal ist so etwas wie ein Vorspiel für die am 1. Mai 1525 beginnenden Zerstörungen und Brandschatzungen durch vereinigte Haufen aus dem Hotzenwald, dem Gebiet um Stühlingen und der Grafschaft Fürstenberg. Nahezu kein Stein bleibt auf dem anderen, das Kloster wird leergeraubt und schließlich teilweise in Brand gesteckt.

Der in der einschlägigen Literatur als unglücklicher Klostervorsteher bezeichnete, vom Schicksal besonders hart geprüfte Johannes III. weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als nach Basel zu fliehen. Später wurden die Aufstände – im süddeutschen Raum, in Sachsen und Thüringen – rund um 1525 als Deutsche Bauernkriege bezeichnet. Anführer und Sprecher der Hauensteiner ist der aus dem St. Blasier Ortsteil Albtal-Niedermühle stammende Konrad Jehle, genannt Kunz Jehle. Er verachtet jede Gewalt, ihm geht es nur um die Behebung der bäuerlichen Sorgen. Ausgerechnet er wird von den österreichischen Ordnungskräften unter Feldhauptmann Fuchs von Fuchsberg oberhalb von Waldshut gehängt. In das durch die Jahrhunderte hindurch überlieferte Geschichtsgedächtnis hat sich ein Bericht – vielleicht auch nur eine schaurige Legende – eingeprägt. Demnach habe man an der notdürftig hergerichteten Klosterpforte seine rechte Hand angenagelt gefunden mit der geschriebenen Warnung: „Diese Hand wird sich rächen.“ Die Prophezeiung wird im Frühjahr 1526 mit der weitgehenden Sprengung des Klosters wahr.

Verdruss, Ohnmacht und Niedergeschlagenheit erfassen die Mönche – so stark, dass sie ernsthaft erwägen, das Jahrhunderte hindurch besiedelte, ausgebaute und gepflegte St. Blasien aufzugeben und in Waldshut neu zu beginnen. Das Vorhaben wird letztlich verworfen. Der über alle Maßen gebeutelte und geschundene Abt Johannes stellt sich an die Spitze derer, die den Wiederaufbau und den Verbleib an der Alb betreiben. Die begonnene Wiedergutmachung seiner anfänglichen Kraftlosigkeit und Flucht soll in der geschichtlichen Bewertung der Amtszeit von Abt Johannes nicht unterschlagen werden. Erst sein Nachfolger Gallus erntet die Früchte der Wiederherstellung. Seit 500 Jahren kann Allerheiligen also auch das Gedenken der die Klosterexistenz bedrohenden Angriffskette und des durch die Umstände gefügten glücklichen Verbleibs der Abtei im oberen Albtal sein.