Christiane Sahli

Eine Hauptverhandlung in einem Strafverfahren ist angesetzt und die angeklagte Person erscheint nicht. Das kommt auch beim Amtsgericht St. Blasien immer wieder vor. Dem Gericht stehen dann mehrere Möglichkeiten offen, erläutert die Direktorin des Amtsgerichts St. Blasien, Susanne Lämmlin-Daun.

Richterin Susanne Lämmlin-Daun ist Direktorin am Amtsgericht.
Richterin Susanne Lämmlin-Daun ist Direktorin am Amtsgericht. | Bild: Christiane Sahli

Ein Angeklagter ist verpflichtet, zur Hauptverhandlung zu erscheinen, dies wird mit der Terminverfügung angeordnet, erklärt Richterin Lämmlin-Daun. Die Gründe, warum ein Angeklagter nicht erscheint, sind vielfältig. Aber durch unentschuldigtes Nichterscheinen kann sich der Angeklagte einer gerichtlichen Entscheidung nicht entziehen. Im Strafbefehlsverfahren, in dem die Verurteilung in Fällen leichterer Kriminalität durch einen schriftlichen Strafbefehl erfolgt, hat der Angeklagte die Möglichkeit, Einspruch gegen einzulegen mit der Folge einer Hauptverhandlung. Erscheint er dort unentschuldigt nicht, wird der Einspruch verworfen, erklärt Lämmlin-Daun. Der Angeklagte hat dann aber die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, wenn er Entschuldigungsgründe für sein Nichterscheinen – etwa die Nichtzustellung der Ladung zum Hauptverhandlungstermin oder eine Erkrankung – glaubhaft macht.

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Anders sieht die Situation in einer Hauptverhandlung nach Anklageerhebung aus. Eine Hauptverhandlung gegen den ausgebliebenen Angeklagten findet nicht statt, so die Regelung der Strafprozessordnung. Das Gericht hat dann die Möglichkeit, bei nicht genügender Entschuldigung des Ausbleibens die Vorführung anzuordnen oder einen Haftbefehl zu erlassen, sofern dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

Die Polizei muss den Angeklagten holen

Fälle, in denen sie den Angeklagten durch die Polizei habe vorführen lassen, seien schon häufiger vorgekommen, sagt die Richterin. Eine Vorführung leite sie aber dann nicht in die Wege, wenn der Angeklagte nicht in der Nähe wohne, sondern nur, wenn mit einer Vorführung in Kürze, spätestens in einer Stunde, zu rechnen sei. Für einen Haftbefehl infolge unentschuldigten Ausbleibens bedarf es keines Haftgrundes wie etwa Flucht- oder Verdunklungsgefahr, nur die Feststellung einer nicht genügenden Entschuldigens der Abwesenheit. Aber: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelte auch in diesem Fall, betont Susanne Lämmlin-Daun. Und zudem hat das Gericht auch die Möglichkeit, einen neuen Termin für die Hauptverhandlung anzuberaumen, dieses müsse im Einzelfall geprüft werden, so die Richterin.

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Darüber hinaus kann die Staatsanwaltschaft bei unentschuldigtem Ausbleiben des Angeklagten einen Strafbefehl beantragen, wenn Geldstrafe, Verwarnung, Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis in Rede stehen. Der Anklagevorwurf wird dann dem Strafbefehl zugrundegelegt, Zeugen werden nicht gehört. Eine Freiheitsstrafe kann auf diesem Weg aber nicht verhängt werden, erläuterte die Richterin.

Ein Problem

Wenn sich das Gericht entscheidet, einen Haftbefehl zu erlassen, kann es sich als Problem erweisen, diesen zu vollstrecken, wenn der Aufenthaltsort des Angeklagten nicht bekannt ist. Die gesuchte Person wird dann in das bundesweite Informationssystem der Polizei aufgenommen, erklärt der Leiter des Polizeipostens St. Blasien, Thomas Zimmermann. Aber ob der Gesuchte den Behörden etwa bei einer Verkehrskontrolle oder bei Ein- oder Ausreise – auch Bundespolizei und Zoll haben Zugriff auf das Informationssystem – ins Netz geht, ist häufig vom Zufall abhängig.