Region St. Blasien – In den kommenden Wochen und Monaten stehen in den Gemeinden wieder Haushaltsberatungen an. Bei der Planung der eigenen Ausgaben sind die Zuweisungen vom Land für die Kommunen wichtig. Grundlage für diese Zuweisungen ist die Zahl der Menschen, die in einer Gemeinde jeweils gemeldet sind.

Das Ergebnis des diesjährigen Zensus hat deshalb im Gemeindeverwaltungsverband für Verwunderung gesorgt: St. Blasien, Dachsberg, Ibach, Bernau und Höchenschwand haben nun plötzlich deutlich weniger Einwohner als zuvor. Lediglich in Häusern gab es keine auffällig große Veränderung.

Die Ergebnisse überraschen

Das Ergebnis ist schon länger bekannt, in den vergangenen Wochen gingen nun die offiziellen Bescheide in den Rathäusern ein. Auf alle Fälle werde er für Dachsberg Widerspruch einlegen, sagt Bürgermeister Stephan Bücheler. Zusammen mit Ibach ist seine Kommune Modellgemeinde des Gemeindetages Baden-Württemberg, in denen genauer untersucht werden soll, wie es zu den überraschenden Ergebnissen kommt. Haben zuletzt offiziell 13.885¦Menschen in den Kommunen des Gemeindeverwaltungsverbandes St. Blasien (GVV) gelebt, sind es laut Zensus jetzt nur noch 13.009.

  • Dachsberg schrumpfte um rund 6,3¦Prozent. Gab es vorher offiziell 1457 Einwohnerinnen und Einwohner, sind es jetzt nur noch 1365. Woran das liegt? Er sei das Einwohnermelderegister durchgegangen und habe nirgendwo Fehler entdeckt, sagt Bücheler. Die Nachbargemeinde Ibach hat laut Zensus nun 22¦Einwohner weniger als bislang angenommen. Bleibe es bei dieser Feststellung, hätte das durchaus Einfluss auf den Gemeindehaushalt, hatte Bürgermeister Helmut Kaiser in der jüngsten Gemeinderatssitzung gesagt.

„Es liegt mit Sicherheit an der Art und Weise, wie der Zensus durchgeführt wurde“, sagt Bücheler. Stichproben als Berechnungsgrundlagen seien wohl das Problem. Entstehen dabei Fehler, weil beispielsweise Menschen den Zensusfragebogen zurücksenden, verfälsche das auch die Hochrechnung. Bei kleinen Gemeinden wirkten sich Fehler stärker aus als bei größeren Kommunen.

  • St. Blasien: Folgen hat das Zensus-Ergebnis auch für St. Blasien. Beim Zensus 2011 wurden 4045 in der Stadt lebende Personen gezählt, teilte Susanne Gilg von der Stadtverwaltung auf Nachfrage mit, nun wurden 3664 Menschen gezählt. „Damit fallen für 381 Bürgerinnen und Bürger die Schlüsselzuweisungen des Landes weg, was finanzielle Auswirkungen von rund 650.000 Euro auf den städtischen Haushalt hat. Damit verzeichnen wir eine Veränderung von 9,4 Prozent im Vergleich zum Zensus 2011 und spüren damit im Landkreis Waldshut die höchsten finanziellen Auswirkungen“, so Susanne Gilg. Die Stadt werde deshalb gegen den Bescheid Widerspruch einlegen.

Erklären könne man sich den starken Verlust nicht, denn „allein in Menzenschwand haben wir ja einen Zuzug von mehr als 200 Menschen zu verzeichnen, die aus der Ukraine zu uns gekommen sind. Die Zahlen sind also rundum nicht plausibel und in ihrer Auswirkung für uns nicht tragbar“.

  • Bernau: Für die Gemeinde Bernau sei eine amtliche Einwohnerzahl von 1846 Personen (Minus von 6,8 Prozent, 135 Personen) festgestellt worden, sagt Hauptamtsleiterin Katharina Fleig-Mutter. Wie viel Geld Bernau dadurch weniger bekommen werde, stehe noch nicht fest, die Verwaltung gehe aber von mindestens 216.000 Euro aus.
  • Höchenschwand: Rund 400.000 Euro weniger werde Höchenschwand an Zuweisungen erhalten, sagt Bürgermeister Sebastian Stiegeler. Festgestellt wurden 2572 Einwohner – das entspricht einem Minus von rund sieben Prozent. „Den Widerspruch werden wir auf alle Fälle einlegen, denn die Auswirkungen sind zu groß“, so Stiegeler. Er stelle die Art der Datenerhebung grundsätzlich infrage. Allerdings stelle er sich verschiedene Fragen dazu: Waren die Befrager ausreichend geschult und wie oft haben sie bei Adressen geklingelt, wenn sie niemanden erreichten?

Alle Fragen zur Plausibilität nehme man ernst, erklärt der Pressesprecher des Gemeindetages Baden-Württemberg, Christopher Heck. Den Widerspruch aber mit grundsätzlichen Zweifeln an der Erhebungsmethode zu begründen, sei schwierig, da das Bundesverfassungsgericht diese als richtig bewertet habe. Eine Antwort, wieso es zu den zum Teil sehr starken Abweichungen kommen konnte, hat der Gemeindetag Baden-Württemberg aber auch noch nicht. „Die Erörterung läuft gerade“, sagt der Pressesprecher.