Am 23. Mai dieses Jahres wird der Sportverein Grafenhausen 100 Jahre alt. Dieses Jubiläum sollte nicht nur mit den Vereinsmitgliedern, sondern mit einem großen Pfingstfest und der gesamten Bevölkerung gefeiert werden. Aufgrund der Corona-Pandemie wird es allerdings keine große Geburtstagsparty geben. Die Verantwortlichen bedauern dies und hoffen aber, dass zumindest die Ausstellung „Schinderei im Buchenmoos“ im Schwarzwaldhaus der Sinne am 16. Mai eröffnet werden kann.
Schwierige Gründungszeit
In einer schwierigen Zeit kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gründeten fußballbegeisterte Männer am 23. Mai 1921 den Fußballclub Grafenhausen. Die Ziele des Vereins waren die körperliche Ertüchtigung sowie die Pflege von Kameradschaft und Geselligkeit. In der heutigen Zeit würde das Vereinsziel, die Geselligkeit zu pflegen, wohl zu einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen. Kosten für Bälle und Sportbekleidung mussten damals aus eigener Tasche bezahlt werden, Fahrten zu den Auswärtsspielen wurden mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Einen Sportplatz gab es in Grafenhausen nicht. Gespielt wurde auf verschiedenen Feldern und Wiesen. Wie der Vereinschronik zu entnehmen ist, sollen die ersten „Spielorte“ im Kaibenacker und auf dem Kapf gewesen sein. Der Fußballclub hatte schon damals völkerverbindende Wirkung. Immerhin gab es mit den Brüdern Anton und Josef Rosa zwei Mitglieder, die keine deutschen Bürger waren. Obwohl zwischenzeitlich mehr als zwei Jahre seit dem Ende des Krieges vergangen waren, gab es gerade gegen den ehemaligen Kriegsgegner Italien noch viel Argwohn. Der Fußballclub Grafenhausen (FCG) gab sich jedoch weltoffen und tolerant. Dennoch gab es gewisse Akzeptanzprobleme. Selbst die bereits eingebürgerten Brüder Gatti galten gemäß der Chronik noch längst nicht bei allen als „Urgrafuser“.
Der erste Sportplatz
Bereits im Jahr 1922 schien sich der Traum von einem eigenen Sportplatz zu erfüllen, da die Gemeinde Grafenhausen dem Verein ein Gelände im Gewann „Stierbesetze/Buchenmoos“ zur Verfügung stellte. In Eigenarbeit mit 780 Arbeitsstunden wurde der Platz von Stauden und Bäumen befreit, nötige Fels-Sprengarbeiten stoppten aber erst einmal alle Bemühungen.
Dennoch wurde im Jahr 1928 der Traum wahr: Der Sportplatz konnte unter Beteiligung von rund 170 aktiven Sportlern mit einem Turnier eingeweiht werden. Kurze Zeit später trat der Verein dem DJK Verband (Deutsche Jugendkraft) bei und wurde in DJK Grafenhausen umbenannt. Wie in der Chronik berichtet wird, entschied sich der Verein damals gegen den Beitritt zum Süddeutschen Fußballverband. Als Grund für die Orientierung wurden „die hohen Verbandsgebühren beim Fußballverbund“ genannt, aber auch, weil es gemäß eines Zitats aus DJK-Unterlagen „in einem rein katholischen Ort auch aus religiösen Gründen das einzig Richtige war“.
Als neue Vereinsfarben wurden die „DJK-Farben“ Grün-Weiß gewählt. Dieser Beitritt blieb nicht ohne Folgen: Als Konsequenz folgte der Austritt einiger aktiver Gründungsmitglieder. Sie wechselten zum FV, dem späteren VfB Mettenberg. Hierzu kann angenommen werden, dass dieser Schritt nicht nur rein sportlich, sondern auch aufgrund einer politischen Weltanschauung begründet war, „da sich nicht alle mit der Neuorientierung des Vereins zur Katholischen Kirche hin identifizieren konnten“. Der Spielbetrieb beim DJK-Grafenhausen entwickelte sich sehr gut, im Jahr 1930 errang die erste Mannschaft den Bezirksmeistertitel der A-Klasse.
Zeitgeschichte aufgearbeitet
Die politische Entwicklung in den letzten Jahren der Weimarer Republik nahm selbst in einem kleinen Dorf wie Grafenhausen Einfluss auf das Alltagsleben. Auch der Fußballverein blieb davon nicht verschont. So wird im Dezember 1932 auf „politisch neutraler Grundlage“ der Fußballclub Grafenhausen (FCG) gegründet, da die Verantwortlichen dem DJK diese neutrale Position absprachen. Wegen der politischen Lage geriet der DJK immer weiter unter Druck und wurde am 25. Juni 1933 laut Chronik vom kommissarischen Leiter des „Allgemeinen Sportvereins“ und MdL Franz Merk aufgefordert, dem FCG beizutreten. Das Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt.
Zum Kapitel 1933 bis 1945 stellten die Verantwortlichen der Vereinschronik fest, „dass wir die Untaten und Verbrechen dieser Zeit der Gewaltherrschaft absolut verurteilen, es uns aufgrund fehlender Detailkenntnis des damaligen Vereinslebens aber ebenso wenig zusteht, sich ein Urteil hierüber sowie der damals handelnden Personen anzumaßen“. Die Aufarbeitung jener Zeit sollte lediglich der fragmentarische Versuch einer Darstellung der allgemeinen Abläufe dieser Zeitepoche sein.