Verena Wehrle

Sie ist eine der wichtigsten Brücken von Waldshut und momentan ist sie wegen ihrer Sanierung halbseitig gelähmt und das länger als geplant. "Es war 5 nach 12 und nicht 5 vor 12", sagt Xaver Ebner von der ausführenden Baufirma Gero Keller aus Albbruck über die gravierenden und zunächst versteckten Mängel an der Kolpingbrücke. Bei einem Vorort-Termin dieser Zeitung mit den Verantwortlichen der Sanierung wird mehr als deutlich, warum eine längere Bauzeit nötig ist. "Solche Mängel führen in der Regel zur sofortigen Einstellung des Verkehrs", sagt Tiefbauamtsleiter Theo Merz.

Was waren die Mängel?

Bei der Bestandsaufnahme im August 2018 wurden die Beläge der Brücke abgenommen und damit kamen einige böse Überraschungen zum Vorschein. Diese Mängel, mit denen keiner gerechnet hatte, sorgten dafür, dass die Sanierung sieben Monate länger dauert als geplant.

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Gehweg: Die Gehwege sind als sogenannte Kappen abschnittsweise an die Brücke anbetoniert und auch nur für Fußgängerlasten ausgelegt. Weil einer dieser Abschnitte vermutlich durch einen Lastwagen zu schwer belastet wurde, war er nicht mehr fest mit der Brücke verbunden. So musste die Baufirma den Gehweg komplett abbrechen und neu konstruieren. Merz will sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, ohne diese Sanierung.

Der Gehweg wird neu konstruiert.
Der Gehweg wird neu konstruiert. | Bild: Verena Wehrle

Übergangsprofile: Die Übergangsprofile aus beweglichem Stahl sind Verbindungssstücke zwischen der Straße und der Fahrbahn der Brücke. Sie haben in Zusammenhang mit den Rollenlagern die Sanierung am meisten aufgehalten. Merz erklärt ihre wichtige Aufgabe: Die Brücke zieht sich zusammen und dehnt sich aus je nach Temperatur und das bis zu vier Zentimetern. Das geht nur, weil die Übergangsprofile der Brücke diesen Spielraum geben. Doch sie mussten wegen ihres schlechten Zustands ausgetauscht werden. Die neuen hatten eine andere Form und mussten deshalb neu in den Beton eingebettet werden.

Die neuen Übergangsprofile wurden eingebaut.
Die neuen Übergangsprofile wurden eingebaut. | Bild: Theo Merz

Rollenlager: Die Bewegung der Brücke wird durch die Rollenlager unter der Brücke ermöglicht. Jedes Lager trägt 100 Tonnen. Das Problem: Die alten Entwässerungsrohre waren starr und sind die vier Zentimeter Ausdehnung nicht mitgegangen und somit gebrochen. Dies ist ein Mangel noch aus dem Bau der Brücke.

Theo Merz zeigt auf die neuen Abwasserleitungen der Brücke, die nun auch flexibel sind.
Theo Merz zeigt auf die neuen Abwasserleitungen der Brücke, die nun auch flexibel sind. | Bild: Verena Wehrle

Dadurch ist das ganze Tauwasser inklusive Streusalz auf die Lager gelaufen. Die Folge: Man fand die Lager in einem desolaten Zustand vor, völlig zersetzt und verrostet. Sie mussten mit einem aufwendigen Verfahren instand gesetzt werden. "Jede Schadstelle, die man findet, muss man analysieren und bearbeiten, dies dauert einige Monate", sagt Kerstin Schellenberg vom planenden Ingenieurbüro Breinlinger aus Tuttlingen.

Xaver Ebner zeigt auf die Rollenlager, die instand gesetzt wurden.
Xaver Ebner zeigt auf die Rollenlager, die instand gesetzt wurden. | Bild: Verena Wehrle

Was sorgte noch für Verzögerungen?

Weitere Verzögerungen gab es durch den Winter, denn mit vielen Baustoffen könne man nicht unter 5 Grad arbeiten, erklärt Bauleiter Ebner. Auch die Nachtarbeit sei nur bedingt möglich gewesen. Unter der Brücke, wo die Bahn fährt, gab es ein sehr begrenztes Zeitfenster von 22 Uhr bis 3.55 Uhr. Außerdem müssten die Baustoffe über Nacht trocknen. Auch den Verkehr während der Bauphase aufrecht zu erhalten, sei ein Kompromiss, so Merz. "Wenn ich beide Spuren gleichzeitig sanieren könnte, wäre das einfacher und schneller.

Das Zeitfenster für die Arbeiten nachts war kurz.
Das Zeitfenster für die Arbeiten nachts war kurz. | Bild: Theo Merz

Und wie sieht die Situation jetzt aus?

Jetzt haben wir den Ursprungszustand der Brücke wieder hergestellt und ihn sogar noch verbessert", sagt Xaver Ebner als er auf die neuen Rollenlager zeigt. "Wir haben es jetzt im Griff und die Brücke wird ordentlich", fügt er hinzu. Er ist zufrieden mit dem Verlauf der Bauarbeiten.

Der frische Beton wird auf der Brücke verteilt.
Der frische Beton wird auf der Brücke verteilt. | Bild: Verena Wehrle

Wie ist der aktuelle Zeitplan?

Bis November dieses Jahres sollen die Bauarbeiten an der Kolpingbrücke abgeschlossen sein. Doch der Verkehr soll in beide Richtungen schon im Juli wieder über die Brücke rollen. Von Juli bis November sollen nur noch Arbeiten an den Rampen durchgeführt werden. Am 15. April startet der zweite Bauabschnitt mit dem Spurwechsel. Das heißt, es gibt dann eine veränderte Verkehrsführung für die Umleitung (siehe Infokasten).

Bauarbeiter mitten bei der Arbeit auf der Kolpingbrücke.
Bauarbeiter mitten bei der Arbeit auf der Kolpingbrücke. | Bild: Verena Wehrle

Wie hoch sind die Kosten gestiegen?

Die Brücke ist eine Gemeinschaftsmaßnahme von Bund und Stadt, die den Bau 2017 beschlossen hatten. Insgesamt werden dafür 3,3 Millionen Euro umgesetzt. Der städtische Anteil liegt bei 1,4 Millionen Euro, geplant waren 1,2 Millionen Euro. Der Anteil des Bundes lag ursprünglich bei 1,59 Millionen Euro, die Mehrarbeiten erhöhten diese Summe um 310 000 Euro.

Die alte Kolpingbrücke in Waldshut in den 1960er Jahren.
Die alte Kolpingbrücke in Waldshut in den 1960er Jahren. | Bild: Alfred Scheuble

Warum gab es keinen Neubau?

Mit der Sanierung der Kolpingbrücke ist bald alles neu, ausgenommen die Tragkonstruktion. Die Brücke wurde 1971 konstruiert für eine Lebenszeit von 80 bis 100 Jahren, heute ist sie 48 Jahre alt. Schon vor der Sanierung war klar: Die Brücke soll in 20 Jahren abgerissen und neu gebaut werden. Einen Neubau schon heute könnte man wirtschaftlich nicht vertreten, denn dieser würde drei Mal so viel kosten als die Sanierung, sagt Theo Merz.