Seit im Sommer 2015 mit der Kienbaum-Untersuchung das zweite Gutachten vorlag, das anstelle der Krankenhäuser Waldshut und Bad Säckingen ein Zentralspital als unumgänglich ansah, wurde ein Phantom durch das westliche Kreisgebiet getrieben. Ungeachtet der vorgelegten Analysen – die von Kritikern einfach als unzutreffend abqualifiziert wurden – forderten Politiker und Bürger im Raum Bad Säckingen das Festhalten am Status quo. Doch bei der Kampagne gegen Einschnitte am Krankenhaus der Kurstadt wurde weitgehend ausgeblendet, wo die Ursachen des Problems liegen. Und bei der Bevölkerung wurde die Illusion genährt, irgendwie wäre das Weiter-So finanzierbar. Die Rationalisierungs-Zwänge sind jedoch keine Erfindung von Landrat Martin Kistler oder anderer Verantwortungsträger auf kommunaler Ebene. Die Gutachten orientierten sich lediglich daran, was das Krankenhaus-Finanzierungsgesetz des Bundes vorgibt. Wer mehr Spital möchte, als dieser Rahmen zulässt, muss auch erklären, wo die dann nötigen jährlichen Millionen-Subventionen herkommen sollen. Von der SPD und von den Grünen, die beide besonders als Fürsprecher des Krankenhauses Bad Säckingen auftraten, sind auch keine Initiativen bekannt, im Bundestag für eine Gesetzesänderung einzutreten, die kleineren Kliniken wieder eine Zukunft gäbe. Das ist kein Wunder: Welche Summen da notwendig wären, zeigt sich plastisch am Zuschussbedarf der Spitäler Hochrhein GmbH, aktuell über vier Millionen Euro pro Jahr. Landrat Kistler steht unterdessen zu Recht in der Kritik: Nicht wegen der geplanten Krankenhaus-Reformen, sondern weil er mit dem Spital-Beschluss des Kreistags vom November 2015 unter dem Druck aus Bad Säckingen für einen faulen Kompromiss mit verantwortlich ist.

Der war so abgefasst, dass jeder ihn nach Belieben auslegte. Dadurch wurde die Strukturreform verwässert und verzögert. Zum Glück für die Region hat der Kreistag sich jetzt mit großer Mehrheit eindeutig zu einem Zentralkrankenhaus bekannt. Jetzt fehlt nur noch die Entscheidung des Gemeinderats Waldshut-Tiengen, der sich bereits am Montag mit dem Thema befasst. Wichtig ist, dass nun nicht noch mehr Zeit und Geld verloren wird. Die vorliegenden Verlust-Szenarien passen bestens zu einer Erkenntnis aus der Medizin: Wenn eine als dringend erkannte Operation aufgeschoben wird, kommt es am Ende noch schlimmer.

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