Zwar hätte es den Umzug der Bibliothek in die Stoll-Vita-Stiftung an der Brückenstraße und den damit verbundenen Mietkosten nicht zum Nulltarif gegeben, die dazugehörigen Möbel hingegen schon.

Als großzügig kann das Angebot der Stoll-Vita-Stiftung bezeichnet werden, im Falle eines Einzugs der Stadtbücherei sämtliche Regale, Stühle, Tische und Schränke kostenlos bereitzustellen. Schnell und unproblematisch hätte der Umzug vom Kornhaus an die Brückenstraße über die Bühne gehen können: Bücher ausräumen, einpacken, auspacken und wieder einräumen.

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Nach der Entscheidung des Gemeinderats für die Erweiterung der Bibliothek im Kornhaus heißt es nun Bücher einpacken, zwischenlagern und warten, bis die Sanierung abgeschlossen ist. In diesem Zeitraum wird es keinen Stoff für hungrige Leseratten geben.

Wie wichtig Lesen gerade für Kinder und Jugendliche ist, zeigt eine Studie von 2017, die die Lesekompetenz von Grundschülern in Deutschland untersucht hat. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass fast jeder fünfte Grundschüler schlecht liest. Die Kulturamtsleiterin Kerstin Simon schilderte im Gemeinderat, dass die Jugendlichen in Waldshut lieber auf der Treppe vor der Bücherei sitzen, in der Hand ihre Smartphones, und mit dem kostenlosen WLAN im Internet surfen. Um die Bibliothek selbst machen die meisten einen Bogen.

Das ist schade. Eine große Bücherei in der Stoll-Vita-Stiftung mit Lese-Ecken zum Verweilen, Computern zum Recherchieren, Räumen für Lesungen und Konzerte sowie einem Café, wie den Plänen des Kulturamts zu entnehmen war, hätte aus der Bibliothek viel mehr als eine reine Bücher-Ausleih-Einrichtung machen und neue Zielgruppen anlocken können.

Ein Kulturzentrum hätte entstehen können, in dem sogar die Kunstsammlung der Stadt dauerhaft ihren Platz finden und gegen ein Eintrittsgeld der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnte. Diese Chance hat der Gemeinderat mit seiner Entscheidung vertan.

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Als Grund nannten diejenigen Stadträte, die sich gegen einen Umzug aussprachen, die finanzielle Lage. Ob die Mietkosten die Stadt tatsächlich teurer zu stehen kommen als der Ausbau im Kornhaus auf die doppelte Fläche, ist fraglich. Auch ob der Platz langfristig genügt. Denn laut Regierungspräsidium bräuchten die 40.000 Medien der Stadtbibliothek die vierfache Fläche – und die wird auch nach der jetzt beschlossenen Ausbauvariante nicht erreicht.

Fest steht hingegen: Eine weitere Chance, die Bibliothek außerhalb des Kornhauses unterzubringen, wird es so bald nicht geben.