Wie geht es weiter mit der Stadtbücherei in Waldshut? Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet, denn der Gemeinderat hat die Entscheidung über die Zukunft der städtischen Einrichtung nach einem Antrag von Stadtrat Paul Albiez-Kaiser (Grüne) vertagt.
- Was hatte die Stadtverwaltung auf die Agenda gesetzt? Die Stadträte sollten sich mit dem Umbau und der künftigen Nutzung des Waldshuter Kornhauses befassen. In erster Linie wäre es um eine mögliche Erweiterung der Bücherei gegangen und um eine Neuordnung der Nutzerstruktur im Kornhaus, die sich durch eine Erweiterung oder eines Umzugs der Bibliothek ergeben hätte. Die Stadtverwaltung hatte dazu drei Varianten (siehe unten stehender Text) erarbeitet und geprüft. Variante zwei – die Erweiterung der Bücherei auf das zweite Obergeschoss im Kornhaus – wäre dem Gemeinderat zur Abstimmung vorgelegt worden.
- Warum soll die Bücherei erweitert werden? Mit gerade einmal 240 Quadratmetern Fläche ist die Bibliothek im Vergleich zu Einrichtungen in anderen Städten und Gemeinden viel zu klein. Platz, sich hinzusetzen und in einem Buch in Ruhe zu schmökern, gibt es für die Kunden nicht. Dabei sei dies einer der Wünsche, die eine Benutzerumfrage aus dem Jahr 2016 zutage gefördert habe, wie die Leiterin der Bücherei, Christine Senser, im Gemeinderat sagte. "Die Bücherei sollte ein kultureller Treffpunkt für alle Bevölkerungsgruppen sein", findet Senser, die sich Veranstaltungen wie Kindertheater, Leseecken oder ein Lesecafé in der Bibliothek vorstellen kann. Doch auch bei einer Erweiterung auf zwei Etagen innerhalb des Kornhauses bliebe die Bücherei eine "reine Ausleihstelle", wie die Leiterin betonte. "Alles darüber hinaus wäre nur in der Stoll-Vita-Stiftung möglich", sagte Senser, die keinen Hehl daraus machte, dass sie diese dritte Variante bevorzuge.
- Warum wurde die Entscheidung vertagt? Eine große Mehrheit des Gemeinderats stimmte dem Antrag von Paul Albiez-Kaiser zu, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. "Unseres Erachtens nach sollen erst mal die Nutzer des Kornhauses gehört werden", nannte der Grünen-Stadtrat den Grund seines Antrags. Denn wenn die Bücherei auf zwei Etagen vergrößert werden würde, verlieren mehrere Bands ihren Probenraum. "Ich bin davon ausgegangen, dass mit allen Beteiligten gesprochen wurde. Das war offensichtlich nicht der Fall", sagte Oberbürgermeister Philipp Frank, der den Tagesordnungspunkt gerne behandelt hätte und sich bei der Abstimmung enthalten hat, in der Gemeinderatssitzung dazu.
- Wie hätte das Angebot der Stoll-Vita-Stiftung ausgesehen? Christine Senser sprach in der Sitzung von einem "sehr großzügigen Angebot", das die Möblierung der Bücherei betrifft, aber nur bis zum Montag, dem Tag der Gemeinderatssitzung, gültig gewesen sei. "Wir hätten die Bibliothek mit Sedus-Möbeln im Wert von 40 000 Euro ausgestattet", sagt Adelheid Kummle, Vorsitzende der Stoll-Vita-Stiftung, auf Nachfrage unserer Zeitung zu diesem Angebot. "Bedingung wäre allerdings gewesen, dass die Stadt sofort einen langfristigen Mietvertrag eingegangen wäre", so Kummle.
- Wieso war das Angebot der Stoll-Vita-Stiftung nur bis zum 18. Juni gültig? "Ich muss wirtschaftlich denken", nannte Adelheid Kummle als Grund für die Frist. Lange sei sie in Verhandlung mit der Stadt gewesen bezüglich eines möglichen Umzugs der Stadtbücherei in das erste Obergeschoss des Stoll-Vita-Gebäudes an der Waldshuter Brückenstraße. Kummle spricht von einer "Hängepartie" mit der Stadt. "Wir sind immer wieder vertröstet worden, aber irgendwann muss ich zu Potte kommen." Kummle hat laut eigenen Angaben mehrere Interessenten, die alles mieten möchten und nicht nur das erste Obergeschoss. "Die kann ich nicht ewig vertrösten", so die Stiftungsvorsitzende. Oberbürgermeister Philipp Frank sagte auf Nachfrage, er habe von einer Frist der Stoll-Vita-Stiftung nichts gewusst.
Um diese drei Varianten wäre es gegangen
Die Stadtverwaltung hatte im Vorfeld der Gemeinderatssitzung drei Varianten geprüft, wie die schlechte Raumsituation für die Bücherei verbessert werden könnte.
- Bücherei nur im ersten Stock: Im Erdgeschoss wird der Raum einer Band dem Jugendcafé zugeordnet. Der Raum der anderen Band fällt dem neuen Aufzug zum Opfer. Im ersten Obergeschoss reduziert sich die Fläche der Bücherei um die Aufzugsfläche, dafür erhält die Bücherei den Raum des Arbeiterbildungsvereins. Die Nutzfläche bleibt bei 240 Quadratmetern.
- Erweiterung im zweiten Stock: Im Erdgeschoss wird der Raum einer Band dem Arbeiterbildungsverein zur Verfügung gestellt. Der Raum der anderen Band fällt dem Aufzug zum Opfer. Die Bücherei wird im ersten Obergeschoss um den Raum des Arbeiterbildungsvereins und um das zweite Obergeschoss erweitert. Die Nutzfläche für die Bücherei erweitert sich damit auf 460 Quadratmeter.
- Umzug zur Stoll-Vita-Stiftung: Die Stadtbibliothek zieht in Nordbau der Stoll-Vita-Stiftung. In die frei werdenden Fläche im Kornhaus könnte nach Ablauf des Mietvertrages für die derzeitigen Räume die Volkshochschule umziehen. Die anzumietende Fläche bei der Stoll-Vita-Stiftung beläuft sich auf 1010 Quadratmeter. Hinzu kommen noch Kosten für acht Parkplätze.