Tiengen 20 Menschen begegneten vor Kurzem Josef Ohnheiser, um seinen Worten über das Schicksal seiner Familie zu lauschen. Möglich gemacht hatte dies Dieter Conrads, der auch die Räumlichkeiten seines Ateliers in Tiengen in der Fahrgasse für den Vortrag zur Verfügung stellte.
Josef Ohnheiser, geboren 1932 in Altendorf, heute Stara Ves in der Tschechischen Republik, wuchs als Sohn des Mühlenbesitzers in einer für Kinder wunderbaren Umgebung auf. „Ich hatte eine herrliche Kindheit. Und mir war nicht bewusst, dass ich Deutscher bin. Wir haben zwar zu Hause Deutsch gesprochen, aber mit allen anderen im Dorf, wir Kinder untereinander, immer Tschechisch. Das war für mich ganz normal.“
Bewusst wurde Josef Ohnheiser seine Herkunft (das Sudetenland wurde im 13. Jahrhundert von Deutschen besiedelt) erst, als die Deutschen 1939 einmarschierten. Dann spielte es plötzlich eine Rolle. Sein Vater, Hermann Ohnheiser, war in seinem Dorf ein respektierter und geschätzter Mensch, Vorsitzender der Feuerwehr und später kommissarischer Bürgermeister.
Im Jahr 1945 kamen zunächst die Russen. Es gab eine Untersuchung, sein Vater wurde zwar befragt, aber für rechtschaffen befunden. Doch dann kam von tschechischer Seite der Befehl, dass alle Deutschen, egal, wie lange sie dort schon lebten, mit nur wenigen Habseligkeiten ihre Häuser verlassen mussten.
Den Vater holten sie zum Verhör ins Schloss. Dort starb dieser unter bis heute nicht gänzlich geklärten Umständen, wahrscheinlich auf schreckliche Art. Josef, seine Mutter (sie kam als Deutsche in eines der berüchtigtsten Lager, das Hanke-Lager, überlebte dieses zum Glück) und sein Bruder mussten nun, mit dem wenigen, was sie tragen konnten, ums Überleben kämpfen.
Josef Ohnheiser, der seit 1972 in Waldshut lebt, versucht seit Jahren vergeblich, die genauen Todesumstände seines Vaters aufzuklären. Er möchte die Wahrheit erfahren, wie er in seinem Vortrag deutlich machte. Und es geht auch um Gerechtigkeit. Vielen Opfern von damals, denen allein aufgrund ihrer Herkunft schreckliches widerfahren ist, wird heute zum Glück schon gedacht. Aber nicht allen.
Josef Ohnheiser konnte die Zuhörer mit seiner Geschichte berühren. „Es ist wichtig, zu erfahren, was damals passierte. Wir müssen denen zuhören, die uns heute noch aus eigener Erinnerung davon erzählen können“, erklärt Dieter Conrads. Die Gäste waren tief bewegt, stellten aber auch viele Fragen. Der Austausch über und damit die Beschäftigung mit der Vergangenheit sollte niemals aufhören.