Herr Kromer, wie lange gibt es die Narrenzeitung der Surianer schon?
Das erste Tiengener Narrenblatt, damals noch in der Schreibweise Thiengen, erschien in Schwarz-Weiß. Aber immer im Zeitungsformat. Die erste Ausgabe stammt aus dem Jahr 1901. Der Hansele-Kopf auf dem Titelblatt kam 1936 dazu.
Steckt viel Arbeit in der Zeitung?
Ja, schon. Aber alle im Team helfen mit und übernehmen gewisse Arbeiten. Der Anzeigenbeauftragte zum Beispiel sorgt dafür, dass Anzeigen reinkommen. Wir haben Lektoren, die alle Berichte nochmal durchlesen und Leute, die die Bilder bearbeiten. Wir arbeiten viel mit Fotomontagen und Fotocollagen. Ideen für die Zeitung sammeln wir das ganze Jahr über, einige von uns haben bei unserem ersten Treffen im November 2019 sogar schon Geschichten fertig gehabt. Wir machen uns immer viel Gedanken und sind gut vernetzt, das hilft, um an gute Storys ranzukommen.
Wer hat die „Ehre“, es in Ihre Zeitung zu schaffen?
Das können Menschen sein, die in der Öffentlichkeit stehen und die jeder kennt, aber auch ganz normale Leute, denen etwas Lustiges passiert ist. Zum Beispiel in der letzten Zeitung, ein Bürger, dessen Auto nach dem Bau einer Hüpfburg auf dem Marktplatz eingeklemmt war und nicht mehr herauskam. Bei den Politikern war Felix Schreiner schon oft drin und Oberbürgermeister Philipp Frank bietet uns auch immer viel Material für gute Geschichten. Es kann grundsätzlich jeden treffen, über den es etwas Lustiges, Schönes, Unterhaltsames zu sagen gibt. Es ist unsere Narrenfreiheit, frei auszuwählen. Tiengen steht im Mittelpunkt, ergänzt durch eine extra Seite speziell für Waldshut.
Der Hintergrund
Was sind Grundsätze für die Inhalte der Surianerzeitung?
Dazu gehört, dass wir die Namen der Leute abändern, dies aber so, dass so gut wie jeder drauf kommt, wer gemeint ist. Zum Beispiel stand in der letzten Ausgabe Claustrophobie für Claus Schleith. Wir wollen auch niemanden persönlich angehen und beleidigen, sondern bereiten einfach Geschehnisse amüsant auf, Übertreibung ist hierfür beispielsweise ein Mittel. Wir machen auch immer wieder mal was Neues. Zum Beispiel hat mein Vorgänger Christian Nägele, der sieben Jahre lang Redakteur war, unter anderem den Suridamus eingeführt, der voraussagt, was passieren wird. Das ist sehr gut angenommen worden, die Leute hatten ihren Spaß beim Lesen.
Sie hatten noch nie Ärger mit einem „Protagonisten“ in Ihrer Zeitung?
Nein, die Leute nehmen es mit Humor. Aber wir wissen aus Erzählungen und Dokumenten, dass es vor Jahrzehnten schon mal Zwischenfälle gab. Es gab früher eine Regel, nach der bestimmte Menschen gesiezt werden mussten. Als wir dagegen verstießen, mussten wir aufs Rathaus, uns entschuldigen und Geschenke mitbringen, um das wieder ins Lot zu bringen.
Wenn Sie zurückblicken – was war ein absoluter „Renner“ in Ihrer Zeitung?
Das war eine Geschichte, bei der wir selbst die Hauptdarsteller haben. 2010 haben wir Surianer bei der Waldshuter Chilbi den Chilbibock geklaut. Wir hatten die spontane Idee, ihn unserem damaligen Bürgermeister Markus Wesner zur Hochzeit zu schenken. Wir wussten, wo er in Waldshut auf der Weide stand und haben ihn mitten in der Nacht mit einem Pferdeanhänger unbemerkt geholt. Am nächsten Morgen haben wir ihn in den Surianerfarben dekoriert und bei der Hochzeit feierlich überreicht. Und danach haben wir ihn wohlbehalten nach Waldshut zurückgebracht. Das alles hat in der Presse hohe Wellen geschlagen und war dann auch Hauptthema in unserer Narrenzeitung. Dort hat die Geschichte allen so gut gefallen, dass wir zusätzliche Spenden bekommen haben.
Wie finanzieren Sie die Narrenzeitung?
Wir drucken 2000 Stück. Jeder Surianer kauft eine gewisse Menge ab und verkauft sie weiter. 1,50 Euro kostet eine Zeitung. Wir haben Freunde, Gönner und Unternehmer, die uns unterstützen und über die Anzeigen kommt Geld rein, so dass wir ganz gut zurecht kommen. Es geht uns ja auch nicht darum, Gewinn zu machen, sondern eine Tradition fortzuführen.
Verraten Sie uns schon eine Geschichte, die in der kommenden Narrenzeitung stehen wird und ab wann ist sie erhältlich?
Heidi Maier, die ihr Amt als Narren-mutter niedergelegt hat, kommt vor und auf der Waldshuter Seite wird was über die Junggesellen stehen. Am Samstag, 15. Februar, bei unserem Auswerfen der Tiengener Fasnacht, werden wir sie erstmals verkaufen.
Können Sie sich vorstellen, dass es die Surianerzeitung einmal nicht mehr gibt?
Nein, sie gehört zum Kulturgut der Tiengener Fasnacht und es ist eine große Ehre für uns, sie zu machen. Es liegt uns viel daran, sie qualitativ hochwertig fortzuführen. Die Personen und Themen werden uns nie ausgehen. Nächste Fasnacht kommt die 120 Surianerzeitung. Wir werden uns überraschen lassen, was das Jahr bringt und sind gespannt auf viele tolle Storys.