Die Laufenburger Städtlefasnacht ist für Freunde der fünften Jahreszeit ein Muss. Zum einen, weil sie über die Landesgrenzen hinweg stattfindet, zum anderen, weil die Laufenburger Narro-Altfischerzunft, gegründet 1386, zu den ältesten Zünften in Baden-Württemberg gehört. Es gibt aber noch mehr Besonderheiten, die sie von anderen Zünften unterscheidet.

Geschichte zum Anfassen: Die Zunftstube im Haus Mariagrün in Laufenburg.
Geschichte zum Anfassen: Die Zunftstube im Haus Mariagrün in Laufenburg. | Bild: Peter Schütz

Die Zunftstube im Haus Mariagrün im Westen der Laufenburger Altstadt auf badischer Seite ist quasi das Herz der Zunft – liebevoll eingerichtet, mit von alten Narrenkleidern (Gwändle) und hölzernen Masken ausgestatteten Vitrinen sowie Gegenständen, um die sich Geschichten, Geheimnisse und Spekulationen ranken. Darunter befindet sich ein von zwei Kerzenständern flankierter Totenschädel, auf dem ein neuer Zunftbruder seinen Eid auf lebenslange Mitgliedschaft – „bis an sein seelig End“ – schwört.

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Den Eid hat auch Thomas Scherzinger, seit September 2019 Zunftmeister der Narro-Altfischerzunft auf badischer Seite (sein Amtskollege auf Schweizer Seite ist René Leuenberger), 2004 im Alter von 18 Jahren geschworen. Scherzinger ist in Laufenburg aufgewachsen, er ist als Kind mit der Städtlefasnacht aufgewachsen. Heute steht er einer Zunft mit 75 Zunftbrüdern vor. Die Zunftstube wird für Zunftratssitzungen oder Zunftmeisterempfänge genutzt.

Gelebtes Brauchtum: Zwei Salmträger der Narro-Altfischerzunft am grenzüberschreitenden Umzug während der Städtlefasnacht.
Gelebtes Brauchtum: Zwei Salmträger der Narro-Altfischerzunft am grenzüberschreitenden Umzug während der Städtlefasnacht. | Bild: Peter Schütz

Rund um die Narro-Altfischerzunft

Thomas Scherzinger bezeichnet sie als „Repräsentationsstube“. Gelegentlich finden dort auch feierliche Veranstaltungen der Gemeinde Laufenburg oder Führungen für Schüler statt. Als Versammlungsort für die ganze Zunft eignet sie sich jedoch nicht. „Das können wir hier gar nicht, so viel Platz haben wir nicht“, erklärt Scherzinger. Weshalb die Zunft zur Abhaltung ihrer Hauptversammlung, dem Hauptbott, in eine der beiden Stadthallen ausweicht.

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Das Gegenstück zur Zunftstube in Laufenburg-Baden befindet sich in etwa 300 Meter Entfernung im Museum Schiff auf Schweizer Seite. Der Unterschied: Für jeden helvetischen Zunftbruder gibt es einen mit seinem Namen beschrifteten Holzstuhl, während die Stühle im Badischen ohne namentliche Kennzeichnung, aber dennoch sehr schön gemacht sind.

Vermutlich älteste Holzlarve Südwestdeutschlands

Die Zunftstube im Haus Mariagrün – es befindet sich im Besitz der Narro-Altfischerzunft – ist mehr als nur ein Versammlungsort. Sie hat einen musealen Charakter und birgt manch einen Schatz, von dem nicht einmal Einheimische Kenntnis haben. Da wäre zum Beispiel die, nach Angaben der Narro-Altfischerzunft, vermutlich älteste Holzlarve Südwestdeutschlands. Sie soll aus der Zeit vor 1700 stammen und befand sich lange in Laufenburger Privatbesitz. Nach dem Tod ihres Trägers, dem Ehrenzunftbruder Hans Spielmann, ging sie auf dessen Wunsch als Leihgabe an die Zunft über.

Die vermutlich älteste Holzlarve Südwestdeutschlands. Sie soll aus der Zeit vor 1700 stammen und befand sich lange in Laufenburger ...
Die vermutlich älteste Holzlarve Südwestdeutschlands. Sie soll aus der Zeit vor 1700 stammen und befand sich lange in Laufenburger Privatbesitz. | Bild: Peter Schütz

Die Zunft ist übrigens eine reine Männergesellschaft. Mit einer Ausnahme: 1949 wurde als einzige Frau Rosemarie Öschger urkundlich als „Zunftbruder“ aufgenommen. Worüber es heute zwei unterschiedliche Versionen gibt. Version eins: Nach dem Krieg herrschte akuter Männermangel, weshalb Öschger aushalf. Zweite Version, wie sie Scherzinger kennt: Ein Zunftbruder hatte sehr viele Töchter. Diesem sei in Aussicht gestellt worden, das nächste Kind werde in die Zunft aufgenommen – das war dann aber wieder ein Mädchen.

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In der Zunftstube sind nicht nur historische Masken und Plaketten, sondern auch Gwändle ausgestellt. Ihr Hauptmerkmal: Sie bestehen aus vielen farbigen Stofflappen. Ein Laufenburger Narrone trägt eine lange Hose, einen hüftlangen Kittel mit weißem Rüschenkragen, weiße Handschuhe und schwarze Schuhe. Die Stofflappen, auch Blätzli genannt, müssen die Stadtfarben rot und gelb enthalten. Sie sind fischschuppenartig aufeinander oder rundum aufgenäht. Aus Blätzli besteht auch die Schellenkappe.

Geschichte zum Anfassen: Die Zunftstube im Haus Mariagrün in Laufenburg.
Geschichte zum Anfassen: Die Zunftstube im Haus Mariagrün in Laufenburg. | Bild: Peter Schütz

Über das Aussehen ihrer Masken – jede ist ein Unikat – können die Zunftbrüder selbst entscheiden. Eine Einschränkung gibt es jedoch: „Wir wollen nicht mehr weinende als lachende Masken“, erklärt Thomas Scherzinger. Immerhin: „Was fröhlich ist, liegt im Ermessen des Zunftbruders“, fügt er hinzu. Scherzingers Maske hat übrigens Ehrenzunftbruder Peter Strittmatter, auch Entwerfer der Städtlefasnachtsplaketten, geschnitzt.