Die mutmaßliche Belästigung weiblicher Badegäste im Tiengener Schwimmbad hat vergangene Woche für Aufsehen und teile erbitterte Diskussionen in den sozialen Medien gesorgt. Die Stadtwerke Waldshut-Tiengen als Betreiber des Bades haben die vergangenen Tage genutzt, um die Angelegenheit aufzuarbeiten. Wir haben nachgefragt, was genau vorgefallen ist, und welche Konsequenzen dies nach sich zieht.
Was ist zum genauen Ablauf der Ereignisse bekannt?
„Konkret haben unseren Mitarbeitern im Bad in der letzten Woche vier Badegäste auffälliges Verhalten von anderen Badegästen gemeldet“, schildert Stadtwerke Sprecherin Julia Winkler. Doch es seien noch viele Fragen offen. Insbesondere sei unklar, wie viele weitere Gäste sich belästigt gefühlt hätten, denn weitere Meldungen oder Beschwerden lägen nicht vor, so Winkler.
Erschwerend komme hinzu, dass die Meldungen mit zeitlichem Verzug bei den Stadtwerken eingegangen seien, was den konkreten Nachweis etwaiger Verstöße erschwere. Anzeige sei bisher noch nicht erstattet worden, wie Untersuchungen der Stadtwerke zeigen, so Winkler.
Wie geht die Polizei mit dem Fall um?
Auch wenn keine mutmaßlich direkt geschädigte Person Anzeige erstattet habe, sei die Polizei inzwischen dennoch auf die Angelegenheit aufmerksam gemacht worden, bestätigt der Pressesprecher Benjamin Woldert auf Nachfrage: „Die Anzahl der Geschädigten, die Identifizierung eines möglichen Tatverdächtigen sowie der konkrete Tatvorwurf sind nunmehr Gegenstand der laufenden Ermittlungen.“
Klar sei allerdings schon jetzt, dass aus anderen Bädern im Landkreis keine Vorkommnisse gemeldet worden seien, so Woldert weiter.
Wie oft kommt es zu Problemen mit Badegästen?
Belästigungen, handgreifliche Übergriffe und andere Delikte ereigneten sich diesen Sommer deutschlandweit. Auch in der Region, namentlich im Parkschwimmbad Lörrach, soll sich laut Darstellung von Badbesuchern die Lage im Lauf dieser Saison derart zugespitzt haben, dass diese sich zu einer offiziellen Beschwerde beim dortigen Oberbürgermeister Jörg Lutz gezwungen sahen.
Von solchen Dimensionen sei man in Tiengen weit entfernt, erklärt Julia Winkler. Allerdings: „Wie überall in der Gesellschaft nehmen bundesweit auch in Schwimmbädern angespannte zwischenmenschliche Situationen bedauerlicherweise zu. In Tiengen waren dies bisher nur kleine Beschwerden.“
Dazu zählten aber nicht zuletzt Belästigungen von weiblichen Badegästen. Problem sei häufig, dass die Vorkommnisse erst im Nachhinein gemeldet werden. Auch das Angebot der Mitarbeiter vor Ort, die Polizei zu informieren werde in aller Regel abgelehnt, bedauert Winkler.
Generell regle freilich die Haus- und Badeordnung des Freibades Tiengen den Umgang miteinander: „Lärm, Alkohol, die Intensität der Nutzung der verschiedenen Badbereiche sind hier klar geregelt. Doch natürlich gibt es immer wieder „Regelverstöße“ unterschiedlicher Dimensionen“, so Winkler.
Wie werden Mitarbeiter auf kritische Situationen vorbereitet – und wie werden Verstöße geahndet?
Die primäre Aufgabe der Badeaufsicht sei natürlich, die Sicherheit der Badenden und Schwimmenden zu gewährleisten, betont die Stadtwerke-Sprecherin. Wie wichtig dies sei, zeige ein Zwischenfall im Juli, bei dem die fachkundige Vorgehensweise der Badeaufsicht das Leben eines vierjährigen Kindes gerettet habe.
„Darüber hinaus schreiten wir auch in offensichtlichen und nachweislichen Konflikten ein, die unsere Badegäste auch außerhalb des Beckens gefährden und sorgen für die Sicherheit unserer Badegäste“, führt Winkler näher aus.
Die Badeaufsicht sei auf jeden Fall sensibilisiert, auf die Einhaltung der geltenden Regelungen zu achten, gerade wenn sie von Besuchern auf Verstöße hingewiesen wird. „Die Badeaufsicht darf die Einhaltung der Haus- und Badeordnung einfordern. So kann beispielsweise für alkoholisierte Gäste ein Hausverbot ausgesprochen werden“, schildert Julia Winkler.
Durch regelmäßige Fortbildungen und das Angebot von Konflikt- und Deeskalationsschulungen werde die Badeaufsicht auf die sich ändernde „Umfeldsituation“ vorbereitet.
Wann wird die Polizei eingeschaltet?
„Sobald ein Straftatbestand vorliegt, wird umgehend die Polizei informiert“, lautet die klare Ansage der Stadtwerke. Dies könne der Fall sein, wenn den Anweisungen der Badeaufsicht nicht Folge geleistet wird. Und erst recht gelte dies bei körperlichen Übergriffen und sexuellen Belästigungen. Der Schutz der Betroffenen wie auch zum Schutz der bis dahin unbeteiligten Badegäste genieße dabei obersten Stellenwert.
Welche Möglichkeiten böten sich, um hier präventiv zu arbeiten?
Die Sensibilisierung und Schulung der Badeaufsicht werde auf jeden Fall fortgesetzt und intensiviert. Der Einsatz von Sicherheitskräften oder andere abschreckende Maßnahmen ist aus Sicht der Stadtwerke indes kein Thema, denn das Freibad Tiengen habe sicherlich kein Sicherheitsproblem, sondern es handle sich um „vereinzelte Vorfälle“.
Diese nimmt der Badbetreiber allerdings ernst und ruft die Badegäste ab sofort auch durch Plakate dazu auf, Auffälligkeiten, „die sie selbst oder andere Besucher in unangenehme Situationen bringen“, zeitnah bei der Badeaufsicht zu melden. Denn grundsätzlich gelte: „Entspannte Stunden im Freibad Tiengen sollen auch in Zukunft möglich sein“, so Julia Winkler.