In einer Sonderbeilage des SÜDKURIER und Alb-Bote aus dem Jahr 1981 spricht Karl Spittler von einem allgemein „immer größeren Andrang auf das nichtmotorisierte Zweirad“ mit damit verbundenen Unstimmigkeiten: „Dem Kraftfahrer fällt es immer noch allzu schwer, den Radfahrer als gleichberechtigten Partner im Straßenverkehr anzusehen. Er ist sich seiner motorisierten Überlegenheit bewusst.“

Dass damals auch in Waldshut-Tiengen nicht nur privat, sondern auch ausgiebig im Verein Fahrrad gefahren wurde, bestätigt eine weitere Beilage aus dem Jahr 1982. In beiden Beilagen stehen mit den ersten Stadtmeisterschaften für Waldshut-Tiengener Schüler und dem „Großen Preis von Waldshut“ zwei Radrennsport-Großveranstaltungen des damaligen Velo-Clubs Waldshut im Mittelpunkt.

2003 fusionierte der Velo-Club mit dem Mountainbike Club Tiengen zum Velo & Bike Club Waldshut-Tiengen (VBC). Zwei, die bereits in den 80ern im Velo-Club Waldshut aktiv waren, sind Manfred Baumbach und Uwe Zamecnik. „Es war sehr viel weniger Verkehr auf den Straßen“, ist das Erste, was den Beiden zum Fahrradfahren in den 80er Jahren einfällt.
Zurück in die Zukunft
Radfahrer hatten viel mehr Platz auf den Straßen als heute, obwohl es immer mehr wurden. Waldshuter und Schweizer Fahrradhändler – nachzulesen in einer der beiden Beilagen – sprechen von stark gestiegenen Fahrrad-Verkaufszahlen bis hin zum Fahrrad-Boom.

Die Exoten
Rennfahrer waren aber nach Aussage von Manfred Baumbach damals wenige unterwegs. „Man war eher ein Exot, die Autofahrer wussten nicht, wie sie auf uns Rennfahrer reagieren sollten, sie konnten nur schwer abschätzen, wie schnell wir unterwegs waren“, blickt er zurück. Zum Radrennsport gehören Rennen. In den 80er Jahren, jeweils zwischen März und Oktober, veranstaltete und besuchte der Velo-Club Waldshut wie auch die benachbarten Clubs, viele Straßenrennen. „So gut wie jedes Wochenende fand irgendwo im südbadischen Raum eines statt“, so Uwe Zamecnik.

Vieles war unkomplizierter. Baumbach erinnert sich an Straßenrennen in den 80er Jahren, bei denen die Polizei vorneweg fuhr und Autos zur Seite dirigierte, damit die Rennfahrer durchkamen. Bürokratische Hürden, Sicherheitsvorschriften, allgemein ein hoher organisatorischer und auch finanzieller Aufwand stellen Veranstalter von Straßenrennen heute vor große Herausforderungen. Deshalb gibt es immer weniger davon. Was eher möglich ist, sind Radrennen, die auf einem Rundkurs in mehreren Runden gefahren werden.

Nach Aussage von Reinhard Steffens, aktueller Vorsitzender des Velo & Bike Clubs Waldshut-Tiengen, geht es bei Rennen damals wie heute nicht ohne Sponsoren. Etwa ab Mitte der 1980er Jahre war es den Clubs erlaubt, auf den Trikots – damals noch aus Baumwolle – Werbung oder die Namen von Sponsoren zu platzieren. Neben Freizeittouren, Gymnastik und Straßenrennen, wurde im Velo-Club Waldshut in den 80er Jahren auch Radcross mit Rennrädern und Kunstradfahren angeboten. Ende der 1980er Jahre hielt das Mountainbiking Einzug und wurde immer beliebter.

In Homburg unterhält der VBC einen Bikepark. Fahrradhelme wurden in den 80er Jahren noch so gut wie keine getragen. Auch bei Rennen nicht. Teilweise trugen die Fahrer aber eine Art Sturzring aus Leder mit daran befestigten, gefüllten Lederschläuchen, die bei einem Sturz den Aufprall etwas abfedern sollten. Grundsätzlich hat das Fahrradfahren seit den 80er Jahren technisch enorm aufgerüstet – bis hin zu den boomenden E-Bikes. Aus dem „Drahtesel“ sind leichte High-Tech-Zweiräder mit Mini- Computern geworden, die Geschwindigkeit, Höhenmeter, Herzfrequenz und vieles mehr messen und anzeigen.

Gleich geblieben ist die Freude am Radeln in der Natur – allein oder in Gemeinschaft. In Vereinen und Clubs wie dem Velo & Bike Club Waldshut-Tiengen kann jeder, ob Kind oder Senior, nach seiner Fasson glücklich werden: Entspannt als Hobby- und Freizeitfahrer oder ambitionierter als Rennfahrer. „Fahrradfahren macht süchtig“, sind sich Manfred Baumbach, Uwe Zamecnic und Reinhard Steffens einig.
Neues Kapitel
In der Geschichte des Fahrradfahrens wurde in Zeiten notwendig gewordener neuer Mobilitätskonzepte in jüngster Zeit ein neues Kapitel aufgeschlagen. Städte und Kommunen machen sich verstärkt auf, um den Straßen- und Fahrradverkehr gleichberechtigt zu gestalten.

Die Entscheidung, ob für Waldshut-Tiengen immer noch gilt, was Ursula Huff mit humorvollen Unterton 1981 in einer der beiden SÜDKURIER/Alb-Bote-Sonderbeilagen schrieb, sei dem Leser überlassen: „Schön wäre es, wenn es auch in Waldshut-Tiengen zukünftig so viele Radwege gäbe, dass ein jeder sich aufs Fahrrad schwingen kann, ohne Gefahr zu laufen, diesen gesunden Sport mit seinem Leben bezahlen zu müssen.“