Ruhestand sieht eigentlich anders aus. Doch für den Holzbildhauer und Maler Josef Briechle gibt es keinen Ruhestand. Beim Besuch in seinem Atelier in Tiengen wenige Tage vor Weihnachten schneidet er nicht nur gerade seine Gartenhecke, sondern ist zeitgleich mit mehreren Arbeiten fürs nächste Jahr beschäftigt.
Er lacht und sagt: „Kunst ist für mich Sport! Aufhören? Na, dann bin ich gleich gestorben!“ Allerdings arbeitet er heute nicht mehr mit Beton und Stahl wie früher: „Das ist mir zu schwer!“
Sein Material ist vor allem Holz, Farbe und leichteres Material. Da liegen bereits einige Holzstämme im Garten, die er von Freunden nach dem Fällen geschenkt bekommen hat.

2024 hat Briechle einiges vor
Und er arbeitet gerade an einer Stofffahne zum 400. Jahrestag des Stühlinger Bauernaufstands 1524. Außerdem gibt es für 2024 bereits weitere feste Termine: die Ausstellung „Mensch“ im Tiengener Schloss mit Künstlern der Region, dann eine Einzelausstellung anlässlich seines 85. Geburtstages sowie das jährliche Bildhauersymposium in St. Blasien.

Dazu die Kunstnacht in Küssaberg und Bad Zurzach und nach Corona erstmalig auch wieder ein Sommergartenfest in Heubach zusammen mit Bernd Salfner, Wolfgang Mussgnug und den Anra-Brüdern. Er freut sich: „Arbeit genug!“
An diesem Projekt arbeitet Briechle gerade
Gerade arbeitet er an großen Wandreliefs, die er zu Partituren aus getanzten Schwüngen und Bögen formt. Dazu braucht er seine beiden Lieblingsgeräte, den Stechbeitel und die Kettensäge, gelegentlich auch den Hammer. Anschließend bemalt er sie oft mit leuchtender Acrylfarbe.

Dabei spielt er mit abstrakten Formen, wie er sie immer in der Natur vorfindet, und vergrößert, verkleinert oder verfremdet sie. Sein Atelier ist eng und voll gestellt – etwa mit großformatigen, schroff bearbeiteten Bergreliefs vom Matterhorn oder Watzmann, die er früher selbst erklettert hat.
Oder auch mit einer Collage von Fundsachen, die er an der Atlantikküste gefunden hat. Oder mit Stelen aus Gips und Papier, Blumenbildern, großflächigen Reliefs oder kleinen Holzskulpturen, in die er kunstvoll und filigran Durchbrüche einfügt.
Und auch im weitläufigen Garten findet man seine Werke. Zu jeder Arbeit erzählt er der Besucherin von der Presse bereitwillig Geschichten zur Entstehung oder über den jetzigen Ausstellungsort.
Immer wieder hat er in seinem Leben überraschend neue künstlerische Formen entwickelt, ganz wie sein großes Vorbild Gerhard Richter. Doch bei aller Vielfalt ist sein Stil ähnlich geblieben, eher abstrahiert und reduziert, weniger realistisch. Man darf gespannt sein, womit er in Zukunft noch überrascht.