Ob die Schulkinder und die Senioren die Straßen und Wege in Wehr sicher passieren können, ist Teil des Fußverkehrschecks 2024. Im Auftaktworkshop wurden die relevanten Fußgänger-Hotspots erarbeitet und die Route für die Begehung festgelegt. In der zweiten Runde wurden dann letzten Dienstag die einzelnen Stationen genauer unter die Lupe genommen. Der Wehrer Busbahnhof, der Schulhof Talschule, der Zelgcampus, Querungen an der Schopfheimer Straße, Friedrichstraße, Seebodenstraße und die Haltestelle Flienken standen im Fokus.

Konflikte zwischen Fuß-, Auto- und Rad-Verkehr

Viele Gefahren und kein sicheres Überqueren für Schulkinder und Senioren bringen die Kreuzung Schopfheimer Straße, Kirchplatz und Höfstraße sowie das Überqueren der Friedrichstraße, am Seniorenheim Haus Merian, mit sich. Es gibt keine Fußgängerampeln, geschweige denn Zebrastreifen. Autos dürfen 50 Stundenkilometer fahren. „Hier gibt es Konflikte zwischen Fuß- und Kfz- und Rad-Verkehr“, sagte Alexander Riss von der Planersocität. Er führte die Begehung gemeinsam mit Irina Schumacher-Greiner, Umweltschutzbeauftragte der Stadt, durch.

Besonders heikel für Schulkinder

Besonders heikel für Schulkinder ist die Überquerung der hochfrequentierten Friedrichstraße. Hier sausen Autos manchmal mit 60 Stundenkilometern (50 km/h sind erlaubt) vorbei. Außerdem nutzten Schwertransporte der Schluchseewerke den Weg über den „Buckel“. Um die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr für Schulkinder zu erhöhen, schlug Fußverkehrschecker Riss eine Einfärbung der Straße vor, die eine regulierende Wirkung haben könnte.

Zelgstraße/Friedrichstraße: Keine Ampel, kein Zebrastreifen und 50 Kilometerstunden sind erlaubt. Viele Schulkinder überqueren genau ...
Zelgstraße/Friedrichstraße: Keine Ampel, kein Zebrastreifen und 50 Kilometerstunden sind erlaubt. Viele Schulkinder überqueren genau hier – oben auf dem „Buckel“ die Straße, um zum Zelgcampus zu gelangen. | Bild: Steffi Weickert

Für die Schopfheimer Straße/Kirchplatz hatte Alexander Riss die Idee, die Flächen der Kreuzung für Autos einzuengen. Die Überquerungswege müssten seiner Ansicht nach verkürzt werden, um zum Beispiel vom Friedhof oder von der Höfstraße sicher zur Bushaltestelle zu gelangen. „Hier allerdings trifft Gemeindestraße auf eine Landesstraße, was die Zuständigkeiten und Genehmigungen für zum Beispiel Zebrastreifen erschwert“, betonte Alexander Riss.

Oft sind Zuständigkeiten das Problem

Zehn Bürger, Stadt- und Schulvertreter tauschten sich über mögliche Gefahren für Fußgänger aus. Wehrer Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister Paul Erhart wies darauf hin, dass der Busbahnhof ein wichtiger Knotenpunkt für Kinder aus Enkendorf und vom Hotzenwald sei. „Die Sichtbeziehungen für Kinder beim Überqueren der Bahnstraße sind schwierig, da Pflanzen auf der Verkehrsinsel zu hoch sind“, sagte Erhart. Dass zur Bahnstraße hin kein Zebrastreifen ist, liege daran, dass zu wenig Fußgänger pro Stunde diesen Weg nutzten, berichtete Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz.

Sehbeeinträchtigungen nachvollziehen

„Die dunkelgrauen Poller und Reste von Sitzbänken um das Kriegsdenkmal herum, stellen für Sehbeeinträchtigte ein Risiko dar“, sagte Siglinde Rotzinger. Sie ist Behindertenbeauftragte des Landkreises Waldshut. Ihrer Aussage nach fehlen taktile Leitlinien, die ins Zentrum führen.

Stadträtin Claudia Arnold und Stadtrat Paul Erhart machen das Experiment, mit Blindenstock und eingeschränkter Sehkraft durch Straßen ...
Stadträtin Claudia Arnold und Stadtrat Paul Erhart machen das Experiment, mit Blindenstock und eingeschränkter Sehkraft durch Straßen Wehrs zu gehen. | Bild: Steffi Weickert

Blindenstöcke und Testbrillen

Um Sehschwächen und Hindernisse nachzuvollziehen, teilte Alexander Riss von der Planersocität an die Teilnehmer Blindenstöcke und Testbrillen aus. Das kleine Experiment sollte vermitteln, wie es Menschen mit eingeschränkter Sehstärke als Fußgänger in Wehr geht. Vieles sei nicht sichtbar, sei zu dunkel oder würde – wie in der Hauptstraße – gar im Weg stehen, bemerkten Zelg-Schulleiterin Yvonne Mörmann und Hanne Arnold, Konrektorin der Talschule. Mögliche Stolperfallen für Senioren in der Hauptstraße kritisierte auch Rainer Hilpert vom Stadtseniorenrat.

Irina Schumacher-Greiner (Umweltschutzbeauftragte der Stadt Wehr), Hanne Arnold, Konrektorin der Talschule und Zelg-Schulleiterin Yvonne ...
Irina Schumacher-Greiner (Umweltschutzbeauftragte der Stadt Wehr), Hanne Arnold, Konrektorin der Talschule und Zelg-Schulleiterin Yvonne Mörman (v.li.) im Selbsttest. | Bild: Steffi Weickert

Sichere Schulwege für Kinder: Wo sind die Schülerlotsen?

Im Laufe der Begehung wurde außerdem die morgendliche Bringsituation der Tal- und Zelgschulkinder angesprochen. Oft gebe es gefährliche Situationen, schilderten die anwesenden Schulleiterinnen. Fahrende Autos, die laufende Kinder nicht sehen oder aus dem Auto springende Kindern, die die Straße überqueren wollen. Warum es heutzutage keine Schülerlotsen mehr gebe, konnte sich in dem Zusammenhang keiner der Beteiligten erklären.

Sind feste Bring- und Holzonen die Lösung?

Cornelia Finkbeiner, städtische Leiterin Familien, Schulen und Jugend, brachte die nicht ganz neue Idee des „Wehrer Rings“ in die Runde. Haupt- und Talstraße könnten eine Art Einbahnstraßensystem bilden und vielleicht den Verkehr entschärfen. Außerdem die Straßen, um den Zelgcampus herum als Schulstraßen zu deklarieren, befürworteten neben Finkbeiner auch die anwesenden Schulvertreterinnen. Als Schulstraße wird eine zeitlich begrenzte Sperrung einer Straße für den Autoverkehr zu den Bring- und Abholzeiten bezeichnet Eine weitere Option zum Schutz für Kindergarten- und Schulkinder könnten feste Bring- und Holzonen an der Seebodenhalle sein.

Bushaltestelle Flienken

Ein Positivbeispiel im Wehrer Verkehr ist die schnell schaltende Ampel an der Bushaltestelle Flienken, in der Schopfheimer Straße. Dennoch gebe es laut der Anwesenden auch hier Potenzial, die Sichtbeziehungen für Fußgänger und Autofahrer zu verbessern.

Am Donnerstag, 28. November 2024, um 18 Uhr, präsentiert Alexander Riss im Bürgersaal im Alten Schloss die Ergebnisse des Fußverkehrs-Checks für Wehr.