Als das Wehrer Traditionsunternehmen Mitte Juni die Insolvenz beantragte, war der Schock groß. Die Sympathie der Menschen zu den weltbekannten Einmachgläsern schien so groß, dass die Insolvenz-Nachricht zu einem wahren Auftragsboom bei Weck führte. Mittlerweile ist der Boom allerdings wieder etwas abgeflacht. Doch hat er dem Unternehmen aus Öflingen etwas gebracht? Der Insolvenzverwalter zumindest ist zuversichtlich und sieht große Chancen, einen Investor für das Unternehmen zu finden.
Nach einigen erfolgreichen Jahren hatte Weck vor dem Insolvenzantrag mit den hohen Energiepreisen zu kämpfen. Der Glasproduzent mit 123-jähriger Geschichte scheint für eine große Anzahl an Menschen eine emotionale Bedeutung in Deutschland zu haben. Das zeigt sich nicht zuletzt durch das Wort „Einwecken“, das sich im Volksmund für Einmachen eingebürgert hat.
Große Nachfrage seit Insolvenz
Thilo Braun, der für Weck zuständige Insolvenzverwalter von der Freiburger Kanzlei Nehrig, Braun und Sozien, konnte die Nachfrage durchaus nachvollziehen: „Die mediale Berichterstattung hat bei vielen etwas ausgelöst“, so der Jurist. Die große Nachfragewelle nach den Meldungen habe sich zwar wieder abgeflacht, so Braun, doch sie sei immer noch höher als vor der Insolvenz: „Anschaulich gesagt, wenn es früher rund 10.000 Aufträge waren, ging es anschließend hoch auf 30.000. Jetzt befinden wir uns bei circa 20.000 Aufträgen“, erklärt der Fachanwalt für Insolvenzrecht. Zu Beginn sei die Flut an Aufträgen sogar eine Herausforderung für das Unternehmen gewesen.

Kein Game-Changer
Diese Zahlen und die Nachfrage betreffe aber in erster Linie den Online-Shop der nur einen Teil des Unternehmens ausmache. „Das ist ein gutes Signal, schließlich hilft jeder Auftrag, doch das ist kein Game-Changer“, sagt Braun. Der Online-Shop sei daher nur ein Indikator.
Jetzt wird nach Investoren gesucht
Die Suche nach Investoren laufe unterdessen sehr positiv, werde aber noch einige Monate in Anspruch nehmen. Thilo Braun erklärt, dass die Investorenfindung aus mehreren Runden bestehe. In der ersten dieser Runden werden mögliche Investoren angeschrieben mit einige ersten Informationen zur Firma. Daraufhin können sich Financiers ihr Interesse bekunden. Anschließend erhalten diese Interessierten einen tieferen Einblick in die Unternehmensdaten und können dann weiter im Rennen bleiben oder zurückziehen.

Viel Interesse an Zukunft von Weck
Laut Braun wurden für die J. Weck GmbH u. Co. KG 166 potenzielle Geldgeber kontaktiert, von denen die Kanzlei „gutes Feedback“ erhalten habe. Es gibt also einige Investoren, die sich vorstellen könnten, Geld in das Unternehmen zu stecken und es zu sanieren. Aktuell befinde sich dieser Prozess vollständig im Zeitplan, und es gebe gute Aussichten, dass sich das Unternehmen halten könne, so Braun. Wenn es weiterhin so problemlos ablaufe, könnte es bereits im November einen Investor geben.

In Wehr bisher alles wie immer
Am Standort Öflingen, an dem vor allem die Verwaltung und der Verlag, aber auch ein kleiner Werksverkauf ansässig ist, gehe der Betrieb auch nach wie vor normal weiter, gibt der Insolvenzverwalter zu verstehen. Die Firma Weck selbst machte keine eigenen Angaben auf unsere Anfrage.