Wie schnell die Natur die Relikte der Zivilisation zurückerobert, konnten interessierte Gäste am Sonntag bei einer Trassenbegehung erfahren, zu der die Interessengemeinschaft (IG) Pro Wehratalbahn eingeladen hatte. Dennoch wäre die Strecke mit vertretbarem Aufwand zu reaktivieren, ist die IG überzeugt. Die IG setzt ihre Hoffnung auf ein Gutachten des Nahverkehrsberaters Ulrich Grosse, der die Wiederinbetriebnahme der Strecke als wirtschaftlich und strukturpolitisch sinnvoll bezeichnet und ihr ein hohes Fahrgastpotenzial attestiert hatte.
Zwei Dutzend Teilnehmer hatten sich am Vormittag bei der Flößerhalle getroffen. Wegen des gebotenen Sicherheitsabstands und des unwegsamen Geländes wurden sie in drei Gruppen aufgeteilt und wanderten von Wallbach bis zum alten Öflinger Bahnhof. Vom CDU-Stadtverband Bad Säckingen waren der Stellvertretende Vorsitzende Uwe Planko und Schriftführer Klaus-Konrad Umbreit gekommen. „Wir stehen voll hinter der Position unserer Landtagsabgeordneten Sabine Hartmann-Müller“, erklärte Uwe Planko. Die CDU-Politikerin hatte versprochen, sich im Verkehrsausschuss für die Reaktivierung der Wehratal- und Kandertalbahn einzusetzen.
Im Unterschied zur alten, 1890 eröffneten Pendelbahn zwischen Schopfheim und Bad Säckingen schlägt die Studie eine Ringbahn vor, die von Basel über Weil am Rhein, Lörrach, Schopfheim, Hasel und Wehr nach Bad Säckingen und von dort über Rheinfelden zurück nach Basel führt. Brennet und Wallbach würden von zwei Bahnlinien angefahren. Gerade in Wallbach sehen einige Streckenabschnitte noch recht intakt aus: Der Personenverkehr wurde zwar bereits 1971 eingestellt, aber bis 1991 fuhren noch Güterzüge nach Wehr. Anfang der 1980er Jahre wurde sogar noch eine Brücke über die Schnellstraße bei Wallbach erbaut – ihre Wiederinbetriebnahme wäre unproblematisch. „Eine Brücke aus dem 19. Jahrhundert wäre genietet worden, diese Brücke ist verschweißt“, stellte ein sachkundiger Teilnehmer fest.

Während an der Hochrheinstrecke Haltepunkte rechts und links des Bahnübergangs vorgesehen seien, könnte man auch an der Wehratalstrecke einen Wallbacher Haltepunkt einrichten, sagte IG-Vorstandsmitglied Christian Heinemann. „Das ist vorerst nur eine Idee, aber dadurch könnten die Passagiere leicht umsteigen.“
Westlich von Wallbach mussten sich die Teilnehmer ihren Weg durch das Dickicht bahnen. Die Gleise sind überwuchert, junge Bäume wachsen aus dem Gleisbett, an einer Stelle ist die Strecke von einem Erdrutsch überschüttet. Die Teilnehmer hatten Spaß, auf Spurensuche zu gehen, und kratzten einige der Eisenbahnschwellen frei, wobei sie Inschriften wie „Eisenwerk Kraemer 1894“ oder „Roechlilng 1898“ entdeckten.

Die Trasse ist im Eigentum der Bahn und dem Schienenverkehr gewidmet, daher wäre die Inbetriebnahme kein großer administrativer Akt, aber ein technischer, denn die angerosteten Gleise und Schwellen müssten erneuert werden. Bei Brennet verläuft die Trasse nahe an den Wohngebieten und ist oft von Kleingartenanlagen überdeckt. Das sei nicht zulässig, so Christian Heinemann, „wird aber noch geduldet.“

Derzeit untersucht das Land 41 mögliche Reaktivierungsstrecken, von denen am Ende 15 übrig bleiben. Sollte die Wehratalbahn diese Prüfung schaffen, übernähmen Bund und Land 90 Prozent der Kosten, während Kommunen und Kreise zehn Millionen Euro aufbringen müssten.