Auch wenn das jüngst veröffentlichte Ergebnis der Machbarkeitsstudie die Chancen für eine Reaktivierung der Wehratalbahn deutlich geschmälert hat, hält der Wehrer Gemeinderat an der Option einer Bahnstrecke zwischen Bad Säckingen und Schopfheim fest. Die stillgelegte Strecke soll erhalten bleiben und reaktiviert werden. Allerdings befürchtet der Rat, dass dies noch zehn bis 20 Jahre auf sich warten lassen könnte.

Bild 1: Warum setzt die Stadt immer noch auf die Wehratalbahn?
Bild: Schönlein, Ute

„Die Reaktivierung der Wehratalbahn ist für die Stadt Wehr von entscheidender Bedeutung“, so Bürgermeister Michael Thater. Mit einer Bahnverbindung könnten Wiesentalbahn (bereits elektrifiziert) und Hochrheinbahn (Elektrifizierung bis 2028 geplant) verbunden werden.

Landratsamt motiviert

Walter Scheifele, scheidender Verkehrsdezernent im Landratsamt Waldshut machte sich bei seinem letzten öffentlichen Auftritt für das Projekt stark. In den vergangenen fünf Jahren habe sich Walter Scheifele zu einem Bahnspezialisten entwickelt, sagte Lothar Probst, Leiter Wirtschaft und Mobilität in Waldshut, der auch das Projekt betreut.

„Ich spreche immer von der goldenen Eins“, erläuterte Scheifele. „Wenn Sie beim Nutzen-Kosten-Wert über Eins liegen, werden Sie gefördert, darunter nicht.“ Bei allen Berechnung liegt die Wehratalbahn bislang darunter. Ein endgültiges Aus bedeute dies aber für das Projekt nicht, denn die Vorzeichen könnten sich schnell ändern. Es sei wichtig, eine Plan in der Schublade zu haben, den man bei Bedarf schnell herausziehen könnte, so Scheifele.

Fahrnauer Tunnel
Fahrnauer Tunnel | Bild: Heinz Scholz

Als Kostentreiber der Maßnahme nannte Scheifele den Fahrnauer Tunnel. Die Kosten für das Gesamtprojekt belaufen sich nach derzeitigen Schätzungen auf 212 Millionen Euro netto. Davon entfallen 133 Millionen Euro netto auf die Sanierung des Tunnels.

Untersucht wurden eine „lange Variante“ Bad Säckingen – Schopfheim und eine „kurze Variante“ Bad Säckingen – Wehr, bei der die Kosten für die Instandsetzung des Tunnels entfallen würden. Sie habe je nach Ausbaustufe deutlich geringere Kosten in Höhe von rund 27 bis 37 Millionen Euro netto inklusive Planungskosten zur Folge. Allerdings sei das Fahrgastpotenzial und damit der Nutzen aufgrund der kurzen Verbindung deutlich geringer.

Sisslerfeld könnte Projekt einen Schub geben

Positiv könnte sich die Entwicklung im Sisslerfeld bei Bad Säckingen und Stein auswirken. Mit bis zu 15.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen und einer erhöhten Nachfrage nach Wohnraum im Einzugsgebiet der Wehratalbahn ist nach Einschätzung von Walter Scheifele die Entwicklung in der Schweiz positiv. Damit könnten sich die Vorzeichen zugunsten der Reaktivierung ändern.

Möglicherweise ändern sich auch die Bewertungsfaktoren im derzeit laufenden Verfahren. „Es ist wichtig, das Thema nicht zu begraben, sondern am Kochen zu halten“, motivierte Scheifele die Mitglieder des Rates.

Die Gleise der Wehratalbahn führen heute teilweise durch dichtes Dickicht.
Die Gleise der Wehratalbahn führen heute teilweise durch dichtes Dickicht. | Bild: Obermeyer, Justus

Weniger optimistisch zeigte sich Grünen-Sprecherin Claudia Arnold. Dass die Wehratalbahn so lange im Gespräch war, habe ihr zwar ein gutes Gefühl gegeben, doch nun sei sie ernüchtert. Angesichts der im besten Falle langfristigen Perspektive, regte sie an, „ohne Denkverbote“ über Alternativen nachzudenken. Als Beispiel nannte sie die Nutzung der Trasse als Schnellradweg oder für ein Projekt einer autonom gesteuerten Busverbindung. Dass die hohen Tunnelkosten gegen eine Reaktivierung sprächen, könne sie kaum nachvollziehen. Auch die Schweizer Nachbarn ließen sich schließlich von Tunneln nicht aufhalten.

Mathias Scheer (Freie Wähler) fürchtet, dass die Wehratalbahn auch in Zukunft immer wieder ins Hintertreffen geraten könnte – auch wenn sich die Bewertungsgrundlagen ändern könnten. Dennoch stimmte auch er dafür, das Projekt im Auge zu behalten. Die Opportunitätskosten, also der entgangene Gewinn oder Nutzen, fehlten ihm in der Nutzen-Kosten-Analyse. Anders müsse auch die CO2-Betrachtung für Schienenwege ausfallen.

„Wir müssen am Ball bleiben und aktiv etwas tun“, stimmte Martina Meyer (Freie Wähler) Claudia Arnold zu. Dass die gesamte Region hinter dem Projekt stehe, lobte Paul Erhart (CDU). Zehn Jahre seien keine Zeit. Und auch 20 Jahre Wartezeit seien zu verkraften.

Thater: Kosten keine Überraschung

Bürgermeister Thater meinte, es sei keine Überraschung, dass der Tunnel die Kosten in die Höhe treibe. Er plädierte dafür, jetzt Partner für die Sanierung des Tunnels zu finden und die nächsten Schritte in Angriff zu nehmen. „Die Wehratalbahn ist eine wesentliche Infrastrukturachse unserer Stadt und es ist an uns, uns dafür stark zu machen.“

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Gerade im Verbund mit Wiesentalbahn und Hochrheinbahn, könnte das Teilstück zwischen Schopfheim und Bad Säckingen eine enorme Bedeutung für den Großraum Basel bekommen.

Mit dem einstimmigen Beschluss wird Bürgermeister Thater nun in einem Schreiben an die Verantwortlichen im ÖPNV des Landes Baden-Württemberg die Reaktivierung der Wehratalbahn aufgrund des hohen Nachfragepotenzials fordern.