Es surrt in Mehmet Yirtlaz Imbiss Memos. In der Hand hält er ein Dönermesser, um das Fleisch vom Spieß runterzuschneiden. Einer seiner Stammkunden hat Hunger und gleich zwei Döner zum Mitnehmen bestellt. „Er kommt regelmäßig – trotz der Umleitung“, sagt Yirtlaz.

Mehmet Yirtlaz seufzt. Seit Juli 2023 hat der Unternehmer seinen Dönerimbiss ins Allensbacher Gewerbegebiet verlagert. Zuvor war er am Bahnhof Allensbach. Jetzt befindet sich sein Geschäft in der Prof.-Maier-Leibnitz-Straße, direkt der an der Kreuzung zur Kaltbrunner Straße. Diese Entscheidung hat er nie bereut. „Ich habe seit zehn Jahren einen Namen in Allensbach. Meine Kunden kennen mich und kommen gerne“, sagt er.
Wirklich nie bereut? Nicht mal, als wegen der Dauerbaustelle B33 rund um Allensbach die direkte Verbindung zwischen dem Kernort und dem Gewerbegebiet, wo sein Geschäft nun ist, über Monate gekappt wurde. „Als ich mich für das Gewerbegebiet entschieden habe, wusste ich schon, dass die Umleitung kommen würde“, sagt er. Dennoch habe er nicht gezögert, gibt aber zu: „Ich habe 30 Prozent weniger Arbeit seit der Umleitung.“ Das merkt er auch deutlich an den Einnahmen. „Es fehlt vor allem die Laufkundschaft“, sagt er.
Dauerhafte Umleitung seit Februar
Seit Februar ist die Umleitung dauerhaft eingerichtet. Wer von Allensbach kommend ins Gewerbegebiet möchte, muss jetzt die Straße „Im Reihetal“ parallel zur B33, dann rechts über die Holzgassenbrücke und über den dortigen Wirtschaftsweg zurück zum Gewerbegebiet fahren. Ein Umweg von mehreren Kilometern.
Im Gewerbegebiet Allensbach gibt es aber nicht nur den Dönerimbiss Memos, sondern auch Supermärkte, Getränkehandlungen, Werkstätten, Praxen, Handwerksbetriebe, die Feuerwehr Allensbach und vieles mehr. Sie alle sind von der Umleitung betroffen.
Auch Edeka Baur hat ein Geschäft im Gewerbegebiet. Täglich kommen die Allensbacher und auch Durchreisende in den Supermarkt, der auch direkt von der B33 aus zu sehen ist. Kathrin Hofer, Managerin für Marketing und Unternehmenskommunikation bei den Frischemärkten Baur, bestätigt: „Ja, wir sehen einen erheblichen Rückgang an Kunden. Vor allem auch die Kunden, die zuvor mit dem Fahrrad oder zu Fuß kamen, kommen durch die fehlende direkte Verbindung ins Dorf nur noch selten oder gar nicht mehr.“

Warenanlieferung ist erschwert
Eine, die weniger unter der Umleitung und ausbleibenden Kunden zu leiden hat, ist die Werkstatt Automobile Böhler schräg gegenüber vom Edeka. „Ich merke keinen großen Unterschied“, sagt Ali Yildiz, Besitzer der Werkstatt. Seine Kunden kommen sowieso meist, wenn sie einen Werkstatttermin haben. Aber dafür sei es für Warenzulieferungen schwieriger geworden, sagt er. „Unsere Lieferanten kommen drei bis vier Mal am Tag. Jedes Mal müssen sie die Umleitung fahren, jedes Mal mit einem Zeitverlust“, erklärt er. Letztlich führe das auch zu längeren Wartezeiten für Ersatzteile.

Dass die Warenanlieferung schwieriger geworden ist, sagt auch Edeka-Sprecherin Kathrin Hofer. Immerhin dürfen die 7,5-Tonnen-Laster nicht über die Holzgassenbrücke fahren und müssen einen größeren Umweg über Kaltbrunn in Kauf nehmen. „Natürlich ist die Baustellensituation auch für unsere Logistik eine große Herausforderung, die mit einem immensen Zeitverlust sowohl beim Anfahren unseres Allensbacher Marktes, als auch bei der Weiterfahrt zu unseren Konstanzer Märkten einhergeht.“
Erhebliche Probleme durch die Baustelle B33 hatte auch Familie Hangarter. Sie hatten in der Kaltbrunner Straße, direkt nach der Unterführung, einen kleinen Bauernladen. Täglich bot die Familie dort ihr Obst und Gemüse an, dass sie auf der Höri anbauen. Das gehört der Vergangenheit an. Im Sommer 2023 hat die Familie den Hofladen aufgegeben. „Das war schon hauptsächlich wegen der Baustelle B33“, sagt Geli Hangarter gegenüber dem SÜDKURIER.

„Es war ein schöner Platz. Wir hatten täglich auf. Aber es sind immer weniger Kunden gekommen“, sagt Geli Hangarter. Immer wiederkehrende Umleitungen, Sperrungen, die Baustelle direkt vor der Türe, das alles habe den Kundenstrom unterbrochen. Hinzu kam, dass sie kein Personal gefunden haben. Als dann klar war, dass eine langfristige Umleitung kommt und ihr Laden in direkter Nachbarschaft zur Baustelle liegen wird, stand die Entscheidung fest: Die Hangarters geben den Hofladen auf. Stattdessen wird ihr Obst und Gemüse jetzt an einem Stand am Ortseingang von Markelfingen angeboten.
Je nach Geschäft fehlen die Kunden
Doch nicht alle Händler und Handwerker spüren die ausbleibenden Kunden. Es ist sehr davon abhängig, um welches Gewerbe es sich handelt. So wie bei der Werkstatt Automobile Böhler, deren Geschäft vor allem auf Terminen basiert, geht es auch der Physiotherapiepraxis am See in der Von-Steinbeis-Straße. „Wir bemerken gar keinen Unterschied. Es ist bei den Patienten ab und an Thema (Anm. der. Red.: die Baustelle insgesamt), aber es kommen alle trotzdem wie gewohnt“, schreibt die Praxis auf SÜDKURIER-Anfrage.
Aber ob nun Dönerbude, Supermarkt, Werkstatt oder Hofladen – alle Betreiber und Arbeitnehmer freuen sich, wenn die Umleitung über die Holzgassenbrücke ein Ende hat. Die gute Nachricht: Bald gibt es wieder eine direkte Verbindung zwischen dem Dorf und dem Gewerbegebiet. Die Behelfsbrücke über die alte B33-Trasse und die Baustelle für den Röhrenbergtunnel wird Ende Juli/Anfang August eröffnet.
Alle freuen sich auf die Brücke. „Wir glauben und hoffen, dass sich die Situation dadurch zumindest teilweise wieder normalisiert“, sagt Edeka-Sprecherin Kathrin Hofer und ergänzt, dass es maßgeblich sein werde, ob die Brücke auch gut von Radfahren und Fußgängern angenommen wird.
Auch Imbiss-Betreiber Mehmet baut auf die Behelfsbrücke. „Ich denke, dann kommt auch wieder mehr Laufkundschaft“, sagt er. Nach fünf Monaten Umleitung kann dann das Geschäft dann vielleicht wieder normal laufen.