Wer an Camping denkt, verbindet damit sofort ein Leben in der Natur. Somit ist es nicht automatisch naheliegend, dass Platzpächter und -betreiber etwas für die Umwelt tun müssten. Doch sie stellen sich in diesen Zeiten, in denen es um eine klimafreundliche Zukunft geht, ebenfalls darauf ein. Ein Beispiel ist der Campingplatz in Hegne, dessen Pächter tief in die Tasche gegriffen hat, um seinen Gästen ein umweltfreundliches Bewegungsmittel zur Verfügung zu stellen.
Was ein Camper sagt:
Christoph Fortner aus Rottweil ist begeistert von dem neuen Angebot auf dem Campingplatz Hegne. Er sei seit 36 Jahren dort Dauercamper. Er habe bereits die Gelegenheit genutzt, eines der kleinen Elektromobile vor Ort auszuleihen, die der Campingplatz-Pächter Matthias Kunz vor kurzem angeschafft hat.
„Ich bin auf die Reichenau gefahren und habe Tomaten geholt beim Bauern“, berichtet Fortner gegenüber dem SÜDKURIER. „Ich finde das absolut genial, wenn man mal schnell irgendwohin will oder einkaufen. Wo gibt es so ein Angebot – gerade für Wohnmobilisten?“, fragt Fortner. Zudem bereite es Spaß, in den kleinen Einsitzer unterwegs zu sein.
Pächter Matthias Kunz erklärt: „Es geht mir nur um den Service. Ich gehe immer von mir aus, was ich will. Da denke ich, das wollen meine Gäste auch.“ So habe er nach und nach drei kleine Elektroautos von Renault angeschafft, weil der Bedarf vorhanden sei. Die Fahrzeuge würden rege genutzt. „Es gibt keinen Tag, an dem nicht jemand unterwegs ist. Die kriegen alle unsere Camper, die länger als vier Nächte hier sind. Sie können das kostenlos eine Stunde nutzen.“
Der Hintergrund sei, dass Gäste, die länger auf dem Platz sind, auch einmal etwas einkaufen müssten – vor allem Getränke. Während Gäste mit Wohnwagen oder Zelt in der Regel mit dem Auto kommen, seien zum Beispiel Einkaufsfahrten mit dem Wohnmobil unpraktisch. Damit diese nicht unnötig auf den Straßen unterwegs sind, hat Kunz die Anschaffung gewagt – und zwar extra Einsitzer, weil die einen kleinen Kofferraum haben. „Da passen zwei Getränkekisten rein“, so Kunz. So etwas im Zug zu transportieren, findet er wenig komfortabel.
Immer mehr Wohnmobile
Die Zahl der zugelassenen Wohnmobile in Deutschland habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Der Platz in Hegne sei von Wohnmobilisten stark gebucht. Zudem sei die Zahl derer, die vier Nächte oder länger bleiben, hoch, nennt er weitere Gründe für seine Investition. An Kurzcamper verleihe er die Fahrzeuge nicht, weil diese keinen Bedarf hätten, sagt Kunz. Er will festhalten, dass er nicht beabsichtige, eine Vermietstation aufzubauen.
Was er aber zudem seit kurzem vermietet, sei ein VW Golf, ebenfalls als Elektromobil, für Gäste, die auch mal einen Ausflug in der Region mit Partner oder Familie machen wollen. Auch das sei für ihn ein Service, betont Kunz. Aufgrund der hohen Anschaffungskosten und der Versicherung rechne sich das wirtschaftlich aber nicht. Die Idee zu diesen neuen Angeboten sei ihm gekommen, als er eine Elektro-Ladestation errichten ließ.

Es kämen vermehrt Gäste mit Hybrid-Autos. Ein Gast habe seinen Wohnwagen sogar mit einem reinen Elektroauto gezogen. Insgesamt habe er für die Ladestation, die kleinen Renaults und den VW fast 40.000 Euro investiert, sagt Kunz – abzüglich einer Förderung des Bunds. „Wenn man anders sein will als andere, muss man Geld ausgeben“, sagt Kunz. Und nach seiner eigenen Recherche wisse er keinen anderen Campingplatz am Bodensee, der Elektromobile zum Leihen anbiete. Lediglich im Schwarzwald sei ihm einer bekannt.
Neben den Autos biete er seinen Gästen zudem – gegen Gebühr – vier Elektoräder und drei normale Fahrräder zum Ausleihen an, weil nicht jeder sein eigenes Fahrrad dabei habe. „Das wird sehr stark angenommen.“ Und im nächsten Jahr plane er noch die Anschaffung von zwei Elektrorollern, erklärt der Pächter, der eine noch weitergehende Vision hat: „Wir wollen einen klimaneutralen Campingplatz haben, den ersten E-Campingplatz am See.“
Und dazu würde er gern eine Photovoltaikanlage auf dem großen Gebäude installieren. Hierzu habe es auch schon Gespräche mit der Gemeinde als Eigentümerin gegeben. Weil es aber zuletzt einen größeren Wasserschaden im Sanitärbereich gab, der erst einmal behoben werden musste, sei dieses Thema zunächst nach hinten gerückt.
Zu klären sei zum Beispiel die Frage nach der Traglast des Daches. Aber sinnvoll wäre eine eigene PV-Anlage allemal, sagt Kunz. Denn der Stromverbrauch des Platzes sei mit zirca 130.000 Kilowattstunden pro Saison recht hoch. Der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich begrüßt das Engagement des Pächters. Das neue Angebot der kleinen E-Mobile finde er sehr gut, das sei eine kreative Idee.