Frische Luft tut der Kirche gut, und so erlebten die Besucher der Klosterkirche in Hegne am Sonntagmorgen zur offiziellen Eröffnung des Ulrikawegs einen munteren Gottesdienst mit Zwischenapplaus, ironischen Bemerkungen zum Reformbedarf in der Glaubensgemeinschaft und viel Herz. Schon zuvor hatten die Nonnen etlichen Vertreter aus Kirche, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne des Wortes Beine gemacht, was sich in der Teilnahme am Gottesdienst spiegelte. Mit Paul Wehrle aus Freiburg und Thomas Maria Renz aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart waren gleich zwei Weihbischöfe nach Hegne gekommen, ranghöchster Vertreter aus der Politik war der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung.

Spontanen Beifall gab es gleich zu Beginn, als sich die Provinzoberin Maria Paola Zinniel angesichts eines sich lautstark bemerkbar machenden Kleinkindes eines Zitates bediente, wonach es nicht falsch sein könne, wenn man schon von klein auf in der Kirche den Mund aufmache – weshalb das Kind doch bitte bleiben solle. Gleich mehrfach geklatscht wurde bei Thomas Maria Renz, der direkt und ohne ironisches Beiwerk zur Sache kam. Gut kam beispielsweise seine Besinnung auf den Gedanken der Kommunion an, bei dem der gläubige Laie gleichberechtigt neben dem geweihten Priester steht. Als Teilhabende einer evangelisierenden Gemeinde dürften die Berufungen nicht klassifiziert werden, so die Überzeugung des Kirchenoberen aus dem tiefen Schwabenland.

Die Herkunft ist in diesem Fall bedeutsam, denn der Ulrikaweg führt über knapp 124 Kilometer vom Wohnort von Ulrika Nisch in der nördlich von Biberach an der Riss gelegenen Wohnort Oberstadion in Schwaben zum Kloster Hegne am Untersee in Baden, wo sie begraben ist. Das Verbindende dieses Wegs hob Schwester Benedicta Maria Kramer hervor, die zusammen mit Dieter Schweikert-Skodda vom Ulrikafreundeskreis die Fäden bei der der Ausweisung des Pilgerwegs in Händen hielt. Das allfällige Nachdenken über das Verhältnis von Weg und Ziel beantwortete sie mit der Bedeutung des Dialogs, der zwangsläufig bei längeren Wanderungen zustande komme.

Sie gehören zu Machern und Unterstützern des Ulrikawegs: In der hinteren Reihe (Mitte) steht Schwester Benedicta Maria Kramer (rechts ...
Sie gehören zu Machern und Unterstützern des Ulrikawegs: In der hinteren Reihe (Mitte) steht Schwester Benedicta Maria Kramer (rechts neben ihr der Vorsitzende des Ulrika-Freundeskreises, Dieter Schweikert-Skodda) sowie ganz rechts der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich. | Bild: Lucht, Torsten

Der Anfang ist dabei nach Einschätzung der Nonne gelungen. Auf der Strecke, die 13 Schwestern bereits komplett und etliche andere Gläubige in Teilabschnitten unter die Füße genommen haben, habe es beispielsweise etliche Begegnungen und Gespräche zwischen Politik und Kirche gegeben – unter anderem schnürte demnach Landrat Zeno Danner die Wanderschuhe. Für Schwester Benedicta Maria Kramer ist es allerdings auch vollkommen in Ordnung, wenn sich der Ulrikaweg bei Sportlern oder Touristen herumspricht – Hauptsache ist für sie, dass die Menschen zueinander finden. Bewegend kam dabei bei den Besuchern des Gottesdienstes die Einordnung in den aktuellen politischen Kontext rüber: Freiheit, Frieden und demokratisches Miteinander seien keine Selbstverständlichkeit.

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In diesem Sinne ließen sich auch die Worte von Paul Wehrle verstehen. Der Freiburger Bischof sieht hohen Bedarf an der Wiederbelebung eines Pilgergeistes, der mehr als nur ein Unterwegssein als Ziel kenne. Es gehe um Orientierung, woran es den Menschen zurzeit besonders ermangele. Dem Leben und Wirken der Ulrika Nisch sinngemäß zu folgen, versteht der Geistliche dabei nicht nur Sache des Kopfes, sondern auch des Herzens.