Darf eine Person oder Firma den Begriff „Apfelzügle“ markenrechtlich schützen lassen? Warum macht das jemand? Diese Fragen stehen im Kern eines Rechtsstreits zwischen der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen und dem Landwirt Hans-Dieter Roth aus Lippertsreute. Roth hat seine Klage inzwischen zurückgezogen, die Widerklage der Gemeinde läuft aber noch.

Alles begann im Sommer 2018. Die Gemeinde hatte damals in ihrem Ferienprogramm mit eine Veranstaltung des Ludwigshafener Obsthofs Specht geworben. Dabei wurde der Begriff „Apfelzügle“ verwendet. Die Teilnehmer konnten mit einem kleinen Traktor mit Anhängern fahren, die wie ein kleiner Zug aussehen. Dazu sollte es Infos rund um den Apfel geben. Die Ankündigung stand bei der Gemeinde und der Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT) auf den jeweiligen Internetseiten – beide und der Obsthof erhielten dann Post von Roths Anwälten, erklärt Bürgermeister Matthias Weckbach.

Wie der Rechtsstreit begann

Roth hatte den Begriff „Apfelzügle“ schützen lassen. Er verlangte Schadensersatz und die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit dem Inhalt, dass eine Geldzahlung fällig wäre, falls die Unterzeichner den Begriff nochmal verwenden. Bei einer Zuwiderhandlung wären eine Vertragsstrafe vom mindestens 5000 Euro sowie Rechtsanwaltskosten fällig geworden. Das wären dann schnell 8000 Euro gewesen, so Weckbach. Die DBT unterschrieb laut Weckbach, die Gemeinde und der Obsthof jedoch nicht.

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Nun kam es zu einer Verhandlung vor dem Landgericht München, wo Fälle des Patent- oder Markenrechts verhandelt werden. Der Vorwurf: die Verletzung der Ausschließlichkeitsrechte der Marke „Apfelzügle“. Außerdem hatte die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen inzwischen Gegenklage eingereicht. „Nach unserer Ansicht kann der Begriff nicht geschützt werden, weil es eine sachliche Beschreibung und allgemeingebräuchlich ist“, sagt Weckbach auf SÜDKURIER-Nachfrage. Es handle sich um einen Traktor mit kleinen Wagen, die wie ein Zug aussehen, und zum Zügle verniedlicht worden sei.

Weckbachs Argumente

Weckbach habe recherchiert und sei auf den Fall um die „Stubbi Flasche“ gestoßen, um die es vor einigen Jahren einen Rechtsstreit am Oberlandesgericht Koblenz gegeben habe. Ein gebräuchlicher Begriff, wie es in der Entscheidung geheißen habe.

Dies nutzte Weckbach als Argument für die Widerklage: „Ein beschreibender Begriff kann nicht geschützt werden. Das muss aus dem Markenregister raus“, sagt er.

Was Landwirt Roth sagt

Hans-Dieter Roth habe „Apfelzügle“ vor 16 Jahren zum ersten Mal europaweit als Marke beim Patentamt in München schützen und dies später wieder auffrischen lassen, erklärt er auf Nachfrage. Genauer gesagt: Er hat den Begriff im Zusammenhang mit einer Fahrt und Verköstigung schützen lassen. Die Idee für solche Veranstaltungen habe er vor 18 Jahren gehabt: „Manche Landwirte dachten sich, sie könnten darauf aufspringen.“ Er wolle sich dagegen wehren, dass andere mit seinem Konzept Geld verdienen. Es sei einfacher, einen guten Namen zu verwenden, vermutet er. „Wir haben nie etwas dagegen, wenn jemand andere Formulierungen wie Mostzügle verwendet“, fügt er hinzu.

In der Verwendung der Begriffe von „Apfelzügle“ und „Fahrt“ liegt der Knackpunkt gleich doppelt: Roth klagte, weil die Veranstaltung in Bodman Ludwigshafen als „Apfelzügle-Fahrt“ beworben worden war. Aber das Gericht sah laut Roth wenige Chancen, weil die von ihm geschützte Formulierung „Fahrt mit dem Apfelzügle“ ist. Er und Weckbach berichten Ähnliches von der Verhandlung in München: Das Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass Roths Klage keinen Erfolg haben werde. Roths Sohn, der in der Verhandlung anwesend war, zog diese deshalb zurück.

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Gegenklage läuft noch

Die Gemeinde hielt ihre Widerklage jedoch aufrecht. Zunächst habe das Gericht auch keine Chancen für die Widerklage gesehen, doch Weckbach habe dann weiter argumentiert, erzählt er: „Was wir vorgebracht haben, hat das Gericht zum Umdenken bewegt. Am 10. März ist die Urteilsverkündung.“

Zu den Beweggründen, das Verfahren durchzufechten, sagt Weckbach: „Viele Landwirte wollen solche Veranstaltungen aus Angst vor einem Rechtsstreit nicht mehr anbieten. Das beeinflusst das gesellschaftliche Leben.“ Die Gemeinde wolle andere davor schützen, 5000 Euro Schadensersatz zahlen zu müssen.

Roth will seine Idee schützen

Umgekehrt möchte Roth seine eigene Idee vor anderen schützen, wie er erläutert. Das bringe auch gewisse Pflichten mit sich: „Wenn jemand den Begriff verwendet, muss man klagen, sonst erlischt das Patent. Es bleibt uns nichts anderes übrig, sonst wird uns vorgeworfen, nichts gemacht zu haben.“

Vor dem Rechtsstreit mit Bodman-Ludwigshafen habe es zwei Fälle gegeben, die vor Gericht gegangen seien. Damals unterschrieben die Gegner schließlich jeweils eine Abstandserklärung, so Roth. Er sieht der Urteilsverkündigung der Widerklage entspannt entgegen: „Wir warten jetzt ab, wie es weitergeht.“ Er möchte die Marke zwar weiter schützen, aber sagt auch, dass die Welt nicht untergehe, falls das Gericht anders entscheide.