Große Aufregung hat der Beschluss der Gemeinde erregt, die Bäckerei Martin zu verkaufen – sogar eine Bürgerinitiative hat sich gegründet. Rositta Kimmel, Susanne Platzer sowie Jennifer und Michael Thoma haben sich schnell nach der Gemeinderatssitzung, bei der ein Verkauf der Bäckerei beschlossen wurde, zusammen gefunden und eine Unterschriftensammlung begonnen. Sie wohnen in Eigeltingen, sind regelmäßig Kunden der Bäckerei und wollen, dass diese unter den bisherigen Pächtern erhalten bleibt.
Rositta Kimmel betont: „Wir sind immer wieder angesprochen worden, ob wir wissen, warum die Bäckerei nun verkauft werden soll. Oder wir haben erlebt, wie in der Bäckerei nachgefragt wurde.“ Für viele Eigeltinger oder Menschen, die in Eigeltingen arbeiten, sei die Bäckerei Martin inzwischen eng mit den Pächtern Rocco Pintaric und Paola Prato verbunden.

Initiative sammelt Unterschriften
So hoch die Zufriedenheit mit den jetzigen Pächtern bei den Kunden sei, so groß seien die Befürchtungen, was passiere, wenn diese nicht mehr die Bäckerei führen, weiß auch Jennifer Thoma. Um den Rückhalt in der Bevölkerung zu beweisen, wurde die Unterschriftensammlung gestartet. Man habe in verschiedenen Geschäften Listen ausgelegt und sei auch gezielt auf Menschen zugegangen. Die positiven Rückmeldungen seien überwältigend und die Bäckerei Martin sehr beliebt bei der Bevölkerung.
„Mein Ziel sind 1000 Unterschriften und die haben wir bestimmt schon“, erklärt Rositta Kimmel. Doch noch sind die Stimmen nicht genau ausgewertet. Diese sollen dann an die Gemeinde übergeben werden. Handlungsbedarf sah sie auch, weil manche Abläufe vom Tod Gustav Martins über die Pachtverträge mit Rocco Pintaric und Paola Prato bis zum jetzigen Verkaufswillen nicht transparent gewesen seien.
Eine gescheiterte Stiftung
Die Vorgeschichte: Gustav Martin verstarb 2014 und habe gewollt, dass sein Erbe in eine Stiftung übergehe, die gewährleistet, dass in Eigeltingen immer frisch gebacken werde. Er habe auch gewollt, das seine Mitarbeiterinnen abgesichert seien. Er habe damals Paola Prato sogar angeboten, die Bäckerei übernehmen zu können. Doch das habe sie sich damals noch nicht zugetraut. Inzwischen habe sie mit ihrem Partner Rocco Pintaric bewiesen, dass sie es könne und auch wolle.

Das Problem an der Sache: Die Stiftung war juristisch nicht umsetzbar und die Gemeinde wurde erst im Jahr 2021 Erbin. Der Eintrag ins Grundbuch war sogar erst im Februar 2022. Inzwischen ist das Gebäude stark sanierungsbedürftig. Eine Wohnnutzung, wie sie viele möchten, ist durch den festgeschriebenen Bäckereibetrieb schwierig.
Hindernisse von Seiten der Gemeinde
„Einfach an die bisherigen Pächter verkaufen, können wir nicht“, erklärt Bürgermeister Alois Fritschi. Man müsse sich an demokratische Prozesse halten. Das Grundstück solle geteilt werden und ein Teil in Gemeindehand bleiben. Die Gründe nennt er aber nicht. Ein Käufer des Gebäudes müsse mit hohen Sanierungskosten rechnen und ein Betreiberkonzept bieten, welches den Bäckereibetrieb auf 20 Jahre sichere.

Zudem könne die Gemeindeverwaltung nicht alleine entscheiden, es brauche Gemeinderatsbeschlüsse. Das eine sei der generelle Beschluss zu verkaufen, denn die Gemeinde habe nicht die finanziellen Mittel für eine Sanierung. Das andere sei die Entscheidung, an wen verkauft werde, denn es gebe inzwischen mehrere Bewerber. Bis zum 20. September könne man sich noch mit einem Nutzungskonzept und einem Kaufpreisangebot schriftlich bei der Gemeinde bewerben.

Die Pächter möchten gerne weitermachen
Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind sich sicher, Rocco Pintaric und Paola Prato wären die passenden Betreiber für die Dorfbäckerei. Diese würden die Bäckerei im Sinne von Gustav Martin weiterbetreiben mit den „besten Brezeln im ganzen Hegau“, aber auch einer breiten Auswahl an Backwaren.
„Bei uns stehen die Leute am frühen Morgen schon vor der Türe“, erzählt Paola Prato. Und auch aus dem Gewerbegebiet kämen viele Kunden. Gerne würde sie auch ihr Angebot ausweiten, zum Beispiel mit Sitzmöglichkeiten im Außenbereich und kleinem Mittagstisch. Doch dazu müssten sie noch mehr Investitionen tätigen, die sich erst lohnen, wenn die zukünftigen Besitzverhältnisse geklärt sind.