Erben ist oft nicht einfach, das erlebte auch die Gemeinde Eigeltingen im Jahr 2014. Damals verstarb der Bäcker Gustav Martin, Inhaber der Bäckerei Martin. Die traditionsreiche und beliebte Bäckerei an der Hauptstraße hätte auf Martins Wunsch hin mit Gebäude und Grundstück an eine Stiftung gehen sollen. Doch das ließ sich aufgrund rechtlicher Probleme damals so nicht umsetzen. Stattdessen wurde die Gemeinde Ersatzerbe und neue Eigentümerin der Bäckerei, wie es Gustav Martin verfügt hatte. Eine ehemalige Mitarbeiterin kümmert sich seither darum, dass noch immer nach Gustav Martins Art gebacken wird.

Das Haus selbst beschäftigt die Gemeinde bis heute, in der jüngsten Gemeinderatssitzung war dessen Zukunft Thema. Die Nachlassbehörde in Konstanz und die Stiftungsbehörde in Freiburg hätten die Stiftung damals nicht gewollt, erklärte Bürgermeister Alois Fritschi in der Sitzung. „Aber Gustav Martin wollte, dass es auch nach seinem Tod frisches Brot in Eigeltingen gibt“, fügte er mit Blick auf den weiteren Betrieb an. Martins letzten Wunsch wolle die Gemeinde zwar umsetzen. Doch sei es nicht Aufgabe der Gemeinde, eine Bäckerei zu führen. Fritschi machte sich daher für einen Verkauf des Gebäudes stark.

Gebäude muss saniert werden

Hinzu komme noch, dass das Gebäude sanierungsbedürftig sei. Architekt Alexander Stemmer erklärte, dass man deutlich über 150.000 Euro investieren müsste: „Das Obergeschoss wurde vor 40 Jahren einmal fertig gemacht, doch es wurde nie genutzt. Ohne Nutzung ist es völlig fertig – alles muss raus.“ Zudem sei seiner Meinung nach eine Nutzung der Räume über der Bäckerei schwierig. „Eine Vermietung an Radtouristen, wie Gustav Martin plante, wäre denkbar. Aber normaler Wohnraum eher nicht“, so Stemmer.

Gemeinderat Ewald Halder fasste zusammen: „Eine Bäckerei ist ein Gewerbe. Die Gemeinde ist kein Unternehmer. Und eigentlich auch kein Vermieter.“ Bei einem Verkauf plädierte er für eine Teilung des Grundstücks und ein Vorverkaufsrecht der Gemeinde. Doch ganz so eindeutig waren nicht alle Meinungen in der Ratssitzung.

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Räte uneinig über Verkauf des Gebäudes

Auffallend war, dass sich vor allem Gemeinderäte, die bald nicht mehr dem Gremium angehören werden, gegen einen Verkauf aussprachen. Andrea Oexle (FWV) sprach sich strikt gegen einen Verkauf und stattdessen dafür aus, das Gebäude oder zumindest das Grundstück für eine alternative Wohnform für Senioren umzubauen, die ihre zu großen Wohnungen an Familien abgeben möchten.

Reiner Müller (CDU) sprach gar von einem Filetstück: „Die Gemeinde muss in die Zukunft schauen. Hier gibt es Fläche für betreutes Wohnen oder Flüchtlinge. Die Bäckerei kann verpachtet werden.“ Die Gestaltung der Ortsmitte dürfe man durch einen Verkauf nicht aus der Hand geben. Thomas Kessler (CDU) meinte: „Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel in der Dorfmitte investiert und jetzt wollen wir auf einmal Geld verdienen?“ Er sprach damit den Umbau des Rathauses und die Unterstützung für Apotheke, Arzt und Dorfladen an.

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Doch eben dies stößt den Befürwortern des Verkaufs auf. „Seit 25 Jahren diskutieren wir über den Verkauf von kommunalen Gebäuden“, kritisierte zum Beispiel Manfred Schwanz (FWV). Es werde Zeit, sich von Immobilien zu trennen. „Wir bezuschussen manche Gebäude oder deren Nutzung, allerdings müssen wir das tun, um die Infrastruktur zu erhalten“, schränkte er auch ein. Dass man Immobilien trotzdem veräußern müsse, sah auch Katja Hertell (FWV) so. „Wir haben noch mehr sanierungsbedürftige Gebäude“, sagte sie.

Rat stimmt für Verkauf, allerdings mit Bedingung

Mit vier Gegenstimmen beschloss der Gemeinderat schließlich, das Gebäude und einen Teil des Grundstücks zu veräußern. Voraussetzung für einen Käufer wird ein überzeugendes Konzept sein, bei dem mindestens für 20 Jahre der Betrieb einer Bäckerei gesichert ist. Der Bürgermeister dankte ausdrücklich Rocco Pintaric und Paola Prato für die zehn Jahre, in denen sie bereits die Bäckerei führen und damit den letzten Willen von Gustav Martin verwirklichen.