Ein bisschen erinnert es an Speed-Dating: Jene Art von Partnersuche, bei der sich zwei Unbekannte zusammensetzen, um sich in möglichst kurzer Zeit kennenzulernen. Mehr voneinander erfahren wollen auch die 18 Teilnehmer des Workshops „Platz da“ im katholischen Gemeindezentrum. In Zweier-Pärchen haben die Jugendlichen und Erwachsenen, die der Einladung des SÜDKURIER gefolgt sind, an einer langen Tischreihe Platz genommen. Neun mal jung trifft neunmal etwas älter. Der Bürgermeister unterhält sich mit der Schülersprecherin. Die Jugendpflegerin spricht mit der Nachwuchs-Leichtathletin – der langjährige Gemeinderat mit dem Jugendgemeinderat. Seit zehn Minuten sind sie dabei, auszuloten, wie Jugendliche ihr Engen mitgestalten können.
Austausch auf Augenhöhe
Aus dem munteren Stimmengewirr lässt sich schnell heraushören, dass man sich einiges zu sagen hat. „Wir haben uns gut verstanden“, ist dann auch ein Satz, der im anschließenden Stuhlkreis häufig fällt. Und: Die Paare aus Jung und Alt bringen direkt jede Menge Ideen in die Runde ein: Eine wöchentliche Kinovorführung an den Schulen, wünschen sie sich. Eine mobile Halle für das Schwimmbad, eine Schnitzelgrube für die Sporthalle. Vielleicht sogar einen größeren Jugendtreff? Aber, auch da herrscht unter den Teilnehmern Konsens: Alle sind gerne hier. Elias, Mitglied des Jugendgemeinderats, fasst es so zusammen: „Engen ist schön – man kann sich hier wohlfühlen.“ Mehr Einkaufsmöglichkeiten und eine Kneipe speziell für junge Leute wären zwar toll, akuter Mangel herrscht nicht. So sind es denn weniger die Jugendlichen, als eher die Erwachsenen, die Verbesserungswünsche äußern.
Stadtjugendpflegerin Melanie Wieczorek fände es schön, wenn sie noch mehr Jugendliche in den Jugendtreff trauen würden. Schulleiter Thomas Umbscheiden wiederum würde sich wünschen, dass Realschule und Gymnasium eine gemeinsame Fasnachts-Party auf die Beine stellen. Auch Bürgermeister Johannes Moser ist es wichtig, den Jugendlichen aufzuzeigen, dass Platz für sie da ist. Als Beispiel führt er heran, dass die Gemeinde auf Antrag des Jugendgemeinderats 100.000 Euro in die Hand genommen habe, um für die Überdachung einer Bushaltestelle zu sorgen. Hauptamtsleiter Patrick Stärk ermuntert die beiden anwesenden Jugendgemeinderäte dazu, das Budget, das die Stadt dem Gremium zur Verfügung stellt, voll auszuschöpfen.
Den Jugendgemeinderat in die Schule holen
Den Anwesenden Mut machen, sich weiter zu engagieren, möchte auch der Vorsitzende der Orts-SPD, Tim Strobel: „Wenn Angebote cool sind, werden sie auch genutzt.“ Man müsse weiter auf Jugendliche zugehen, sie gerade in der Schule abholen. Thomas Umbscheiden sieht das ähnlich: Zum Ende des Workshops lädt er den Jugendgemeinderat ein, eine öffentliche Sitzung im Schulverbund abzuhalten. Die anwesenden Mitglieder, Matteo und Elias, bedanken sich – und nutzen ihrerseits die Gelegenheit, die Workshop-Teilnehmer herzlich zum nächsten Treffen des Jugendgemeinderats einzuladen.
Dass man sich in den vergangenen 90 Minuten tatsächlich näher gekommen ist, zeigt sich nach der Veranstaltung. Anstatt auseinanderzugehen, bleiben die Teilnehmer noch lange stehen, um sich zu unterhalten. Gar kein schlechtes Ergebnis für ein erstes Date.
Der Jugendgemeinderat
Alle zwei Jahre lassen sich in Engen insgesamt neun Mädchen und Jungen für eine Amtszeit von zwei Jahren von Jugendlichen wählen, um die Interessen und Wünsche ihrer Altersgenossen vor dem Bürgermeister und dem Gemeinderat zu vertreten. Die nächsten Wahlen finden im Januar 2019 statt. Wählen dürfen Jugendliche ab 14. Damit das Gremium aktiv werden kann, müssen sich mindestens 15 Kandidaten zur Wahl stellen – und mindestens 20 Prozent der wahlberechtigten Jugendlichen zur Wahl gehen. Gewählt wird im Schulzentrum. Junge Menschen, die nicht mehr zur Schule gehen, können im Rathaus abstimmen.