Dass die Sparkasse sich mit ihren Filialen von der Höri zurückzieht, mag betriebswirtschaftlich sinnvoll klingen, ist sozial aber unerwünscht – so ließe sich dazu ein lebendiger Diskurs zwischen den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse und den Gemeinderäten von Gaienhofen während der jüngsten Sitzung zusammenfassen. Zwar brachte jeder seine gute Argumente vor, auch aus der Bürgerschaft, doch am Ende gingen die Parteien keine Hochzeit ein.

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Letztlich mündeten die Gespräche beim Rat in einen einstimmigen Beschluss: Er appelliert dringend an den Vorsitz der Sparkasse, eine mit Mitarbeitern besetzte Filiale auf der Höri vorzuhalten – gegebenenfalls mit einer reduzierten Öffnungszeit.

Viel läuft im Internet ab

Die Geschäftsvorfälle seien zwar nur ein Teil einer umfangreichen Banken-Analyse gewesen, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Hegau-Bodensee, Alexander Endlich, die Schließung der Filialen auf der Höri. Doch genau bei den Vorfällen habe es eindeutige Ergebnisse gegeben, wie die Entscheidung ausgefallen sei.

In Gaienhofen nutzen etwa vier von fünf Kunden die digitalen Kanäle und Service der Sparkasse. Lediglich 2,4 Prozent der Geschäftsvorfälle werden in Gaienhofen direkt abgewickelt, erklärt Alexander Endlich. Das heiße, dass ein Mitarbeiter zwei Minuten pro Stunde einen Geschäftsvorfall in der Filiale Gaienhofen bearbeiten würden. 58 Minuten habe er nichts zu tun.

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Die Sparkasse reagierte zunächst mit verkürzten Öffnungszeiten. Doch sie hat sich mit einem weiteren Problem auseinanderzusetzen: Der Standort sei sowohl für die Mitarbeiter sowie für neue Kollegen unattraktiv. Trotz den mehrfachen internen und externen Ausschreibungen seien keine Mitarbeiter für die Filiale zu gewinnen. Aktuell habe die Sparkasse 20 unbesetzte Stellen im Haus sowie zehn unbesetzte Stellen in den Filialen. Bis 2025 sollen weitere 50 Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Die personellen Ausfälle seien auf die Dauer nicht kompensierbar, befürchtet der erste Vorsitzende. Seine Aufgabe sei es nun, sich darauf einzustellen.

Orientierung am Kunde

Letztlich orientiere sich die Sparkasse am Kunden und über welche Kanäle er mit der Sparkasse in Kontakt treten möchte, sagte Jens Heinert, stellvertretender Sparkassen-Vorsitzender. Früher habe die Filiale den Kern der Sparkasse gebildet, hinzu kamen der Service durch die elektronischen Medien, durch das Call-Center und durch die Selbstbedienungsautomaten. Nun sei die Geschäftsstelle nur noch einer von vielen Zugangswegen – wobei vornehmlich hochqualifizierte Leitungen wie die Baufinanzierung, die Altersvorsorge, die Erbregelungen oder gewerblichen Kreditgeschäfte über die Filialen laufen würden.

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Letztlich entscheide der Kunde, wie und weshalb er mit der Sparkasse in Kontakt tritt, erklärte Heinert – mit der Folge, dass sich die Sparkasse in Beratungscenter-Filialen (unter anderem in Radolfzell) und mit SB-Filialen, also Selbstbedienungs-Filialen aufstelle. In Moos, Öhningen und Gaienhofen werde es Selbstbedienungswürfel (SB-Cubes) an stark frequentierten Standorte geben. Doch soll es auch eine individuelle Beratung daheim geben und auf Nachfrage für Personenkreise auch einen Geld-Bring-Service.

Fragen aus dem Gemeinderat

Sonja Weber (Freie Wähler) machte auf ein Problem für die Gewerbetreibende aufmerksam: Woher bekämen sie ihr Münzgeld? Sie wunderte sich zudem über den Service-Begriff. Habe es früher zwei Automaten in der Filiale für die Kontoauszüge gegeben, so sei es nur noch einer.

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Mechthild Biechele (CDU) zeigte sich wenig überzeugt vom Vortrag. Auch sie setze sich mit Personalangelegenheiten auseinander. Deren Interessen seien zwar für einen Betrieb wichtig, räumte sie ein. Würde man jedoch den Bedarf an Beratung auf der Höri in einer Filiale bündeln, so seien die Mitarbeiter ihres Erachtens ausgelastet. Sie setzte sich sowohl für die älteren Bürger, die sich schlecht im Online-Banking auskennen ein sowie für Mitbürger mit einer Hemmschwelle bei der Nutzung digitaler Medien.

Bevölkerung ist frustriert

Würde man die Sparkasse auf der Höri nicht vermissen, so wäre das schlecht für die Bank, erläuterte Karl Amann (UBL): Die Bevölkerung sei frustriert, dass die Bank ihre Filialen auf der Höri aufgibt. Wie Mechthild Biechele setzte auch er sich für einen Standort auf der Höri ein. Heinz Burkhart (UBL) beobachtete eine verloren gegangene Kompetenz bei den Mitarbeitern der Höri-Sparkassen. Sie hätten ihn oftmals in die Zentrale nach Singen verwiesen. Seines Erachtens habe man ihnen die Kompetenz entzogen und die Arbeit auf der Höri unattraktiv gemacht. Die Schließungen der Filialen würden für die Bürger eine Erschwernis darstellen.

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Klaus Sturm (Freie Wähler) vermisste die soziale Komponente – vor allem gegenüber ältere Bürger. Auch er appellierte an die Sparkasse, mindestens eine Filiale auf der Höri zu betreiben. Die Sparkasse habe von den Bürgern einen Vertrauensvorschuss erhalten, bündelte Biechele die Erfahrungen aus der Bürgerschaft: Nun würden sie sich in ihrem Vertrauen erschüttert fühlen. Alexander Endlich wiederholte das Angebot der Bank für Beratungen zu Hause und den Geld-Bring-Service.

Kommentare der Bürger

Aus der Bürgerschaft kommentierte Maria Hensler als Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe: Die Sparkasse sei seit über einem Jahrhundert der Garant für Zuverlässigkeit und habe einen guten Ruf zu verlieren. Die Schließung sei bei Altennachmittagen das alleinige Tischgespräch und telefonische Geschäftsanfragen in der Zentrale dauern laut ihrer Schilderung allein für die Kontaktaufnahme bis zu zehn Minuten.

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Für Werner Zang hat die Sparkasse die Verantwortung über die Geldgeschäfte der Bürger. Er selbst habe mit dem Online-Service Probleme und müsste oftmals nach Radolfzell fahren. Seien die Automaten kaputt oder leer, so müsse er dem Geld hinterher fahren – gegebenenfalls mit einem Bus, für den er über fünf Euro ausgeben müsse. Dies entspreche keiner Nachhaltigkeit.