Ulrike Blatter

Was bleibt vom Frühjahr 2020 in Erinnerung? Vielleicht werde ich meinen Enkelkindern mal erzählen, wie wohltuend die Stille während des Shutdowns war. Ich konnte zwar nicht das Gras wachsen hören, aber das Vogelkonzert in ungewohnter Vielfalt. Mir wurde das wieder klar, als – gefühlt knapp über mir – ein Flugzeug seltsame Geräusche machte. Ein technisch versierter Mensch hätte dafür vermutlich eine beruhigende Erklärung gehabt, aber für mich war es einfach nur: störend. Ich habe mich an die Stille gewöhnt.

Im Ortskern von Gottmadingen lärmt mittlerweile jedoch wieder der Durchgangsverkehr, genauso wie an der Randegger Straße. Die letzte Verkehrszählung war im Herbst 2019 und zeigte, dass der Verkehr zum größten Teil hausgemacht ist. Es sind also hauptsächlich wir GottmadingerInnen selbst, die innerorts Stau und Lärm verursachen. Außerdem sei die Verkehrsbelastung – insbesondere durch den LKW-Verkehr – viel geringer, als befürchtet. Aber warum nehmen dann die Beschwerden zu? Machen dreifachverglaste Schallschutzfenster die Menschen so sensibel, dass sie nichts mehr aushalten? Diese Frage ist zynisch.

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Im Kernort hat die Verkehrsdichte nämlich messbar zugenommen – auch wenn sie unter dem Landesdurchschnitt liegt. Und Randegg ist sogar überbelastet, wenn man die Kennzahlen aus dem übrigen Ländle zugrunde legt.

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Außerdem darf man nicht vergessen, dass gerade dort, wo der meiste Verkehr rollt, in den letzten Jahren viele neue Wohngebiete erschlossen wurden. Die Strategie Baulücken zu schließen und nicht das Umland zu zersiedeln, ist löblich, die Konflikte zwischen Lebensqualität und Mobilität liegen aber auf der Hand. Nach Bauvorschrift gehört zu jeder neugebauten Wohneinheit mindestens ein Autostellplatz – aber Fahrräder werden dort nur selten geparkt. Die Untersuchung spiegelt meinen ganz privaten Eindruck übrigens gut wider: Ich selbst bin in Gottmadingen lieber zu Fuß unterwegs als mit dem Fahrrad, denn für Fußgänger ist in unserem Ort gut gesorgt. Radfahren macht oft nur auf Schleichwegen Freude. Untersuchungen zeigen, dass Autos innerorts oft nur für den „letzten Kilometer“ genutzt werden – also für kurze Strecken zum Beispiel bei Einkäufen. Bessere Radwege und ein attraktiver Busverkehr, der auch die Teilorte anbindet, sind unverzichtbar und aus dem Gemeinderat kommen in dieser Hinsicht viele positive Signale. Schade, dass das Fahrradparkhaus am Bahnhof den Corona-Einsparungen zum Opfer gefallen ist. Aber vielleicht gibt es hier auch eine kostengünstigere Alternative. Dreifachverglasung ist dort nämlich unnötig.