Schon bei der Verkehrszählung im Herbst hatte Bürgermeister Michael Klinger es befürchtet, jetzt ist es amtlich: In Gottmadingen herrscht zwar ein reger Verkehr, doch der ist laut Experten nicht außergewöhnlich hoch und zu einem großen Teil hausgemacht. Denn wer auf Gottmadingens Straßen fährt, wohnt häufig auch dort. Das habe die Befragung im Oktober ergeben, erklärte Florian Krentel von der Firma „Fichtner Water & Transportation“ jüngst dem Gemeinderat. Krentel stellte den Verkehrsentwicklungsplan vor und erläuterte die Bestandsanalyse. Nach der Sommerpause sollen dann konkrete Maßnahmen besprochen werden.
Dabei drängt die Zeit: Das Regierungspräsidium Freiburg hat laut Gemeindeverwaltung angekündigt, schon im nächsten Jahr die Fahrbahn der B34 durch Gottmadingen erneuern zu wollen.
50 Schüler fragten an 15 Knotenpunkten, wo die Reise hingeht
Viele Gottmadinger werden es kennen: Besonders zum Feierabendverkehr staut es sich auf der Durchgangsstraße. Das war einer der Anlässe für den Verkehrsentwicklungsplan. Die Gemeinde wollte wissen, wer wann wohin fährt, um die Infrastruktur zu verbessern. Also wurde an 15 Knotenpunkten der Verkehr analysiert. Dabei halfen neben Videoaufnahmen auch rund 50 Realschüler, die Verkehrsteilnehmer zwischen 6 und 10 sowie 15 und 19 Uhr nach ihrem Weg fragten.
Das Ergebnis war für Florian Krentel keine große Überraschung: Die meisten Fahrer stammten aus Gottmadingen selbst, Quellverkehr nannte Krentel das. Viele fahren außerdem ein Ziel in Gottmadingen an, weniger häufig handelt es sich um klassischen Durchgangsverkehr. „Wir müssen uns an der eigenen Nase fassen und gemeinsam etwas verändern“, sagte Bürgermeister Klinger.
Meist nur drei Prozent Schwerverkehr
Besonders stark befahrene Strecken sind die B34 in der Ortsmitte und in Richtung Singen sowie der Bereich um den Kreisverkehr nach Bietingen. Dort rollen täglich zwischen 10.000 und 16.400 Fahrzeuge über die Straßen. Schwerverkehr macht dabei höchstens 13 Prozent aus wie am Kreisverkehr nach Bietingen, an anderen Stellen machen Lastwagen und Busse etwa drei Prozent aus. Die Belastung der Bundesstraße sei dabei unter dem Durchschnitt, den die Landes-Straßenverkehrszentrale herausgegeben hat: 2018 fuhren im Schnitt 14.540 Fahrzeuge über Bundesstraßen in Baden-Württemberg, in Gottmadingen waren es 11.124.
Florian Krentel blickte auch in die Nachbarschaft: In Singen seien es 14.008 Fahrzeuge am Tag, in Hilzingen 9096 und in Stockach 16.110. Bei den Landstraßen hingegen ist Randegg übermäßig belastet: Statt wie im Landesschnitt 5350 Fahrzeuge rollen hier täglich 7390 durch den Ort.
Gemeinderäte wollen Umstieg vom Auto erleichtern
Die Situation ist laut des Experten nicht optimal: Zu Spitzenzeiten komme es in der Ortsdurchfahrt zu Stau, eine entlastende Ausweichroute gebe es nicht. Insgesamt bezeichnete Florian Krentel die Belastung in weiten Teilen Gottmadingens aber als moderat. „Das sieht doch gar nicht so schlecht aus“, befand auch Bernhard Gassner (SPD/UL), manch ein Gottmadinger würde von einem Irrsinnsverkehr ausgehen. Kirsten Graf (SPD) sah nun eine Chance, den Verkehr zu lenken: Mit einem optimierten Personennahverkehr und besseren Radnetz könne man Menschen vielleicht überzeugen, das Auto stehen zu lassen. Das sah Eberhard Koch (Freie Wähler) ähnlich: „Da können wir dran arbeiten, dass die umsteigen.“
Für Radfahrer gibt es noch einige Mängel
Die Experten haben sich auch den Rad- und Fußgängerverkehr angeschaut. Ihr Ergebnis: „Wo in Radverkehr investiert wird, wird das auch angenommen“, sagte Krentel. Allerdings sei die Radverkehrsbelastung in Gottmadingen recht gering gewesen, was auch am Zeitpunkt der Befragung im Oktober liegen könne. Radfahrer würden erfahrungsgemäß stark befahrene Straßen meiden und wurden dadurch vermutlich auch weniger erfasst. An einigen Stellen gebe es noch Mängel, zum Beispiel fehle eine gute Wegführung entlang der B34, zudem würden Radwege plötzlich enden oder Querungen fehlen.
Jetzt ist es amtlich: Gottmadingen hat Fußgänger-Ampeln ohne Ende
Fußgänger hingegen hätten es in weiten Teilen gut in Gottmadingen. „Mir ist als Erstes aufgefallen, dass es hier viele Querungsmöglichkeiten gibt“, sagte Florian Krentel. „Jetzt haben wir es amtlich: Wir haben Ampeln ohne Ende“, erwiderte Bürgermeister Klinger. Dennoch gebe es teils noch Hürden wie zu schmale Gehwege, ergänzte Krentel, doch das sei in gewachsenen Strukturen einer Gemeinde teils schwer zu ändern.
Ein Vergleich mit Verkehrszählungen aus den Jahren 1972, 1989, 1991, 2010 und 2017 zeigt eine Zunahme des Verkehrs. 1972 waren 8425 Autofahrer am Ortsausgang gen Singen unterwegs, vergangenes Jahr waren es 15.021. In der Ortsmitte war die Zunahme weniger dramatisch, aber ebenfalls deutlich: Statt 7654 waren im vergangenen Jahr 11.207 Fahrzeuge auf der Straße – also fast 4000 mehr.
So geht es jetzt weiter
Nach der Sommerpause will der Gemeinderat entscheiden, welche Maßnahmen nun denkbar sind und wie Bürger beteiligt werden können.