Wenn Gottmadingens Bürgermeister den Gemeinderat wachrütteln will, greift er zu starken Bildern. „Das Thema fliegt uns um die Ohren, wenn wir nicht rechtzeitig planen“, ist so ein Satz, der erhöhten Handlungsbedarf ankündigt. Beim Thema Kinderbetreuung brauchen die Räte allerdings kaum einen zusätzlichen Weckruf. Das Gremium weiß, dass die Plätze knapp werden. Das hatte zunächst Michael Klinger in einer eigenen Präsentation und dann der Gemeindekämmerer Andreas Ley ausführlich dargestellt. Gottmadingen ist eine Zuzugsgemeinde, was sich nicht nur auf den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum auswirkt, sondern auch auf die erforderliche Zahl an Kita-Plätzen. „Wenn ich die vielen Baukräne in unserer Gemeinde sehe, so müssen wir mit jungen Familien mit Kindern rechnen“, gibt Markus Bruderhofer (FWG) zu bedenken. Allein: Es fehlt am Geld für größere Neubauten, ganz zu schweigen von der Zeit, die ein solches Projekt benötigen würde.
Kosten für Kita-Erweiterung in Randegg versetzen den Räten einen Schock
Zuletzt war die Erweiterung der Biberburg in Randegg durchkalkuliert worden. Das Ergebnis versetzte die Räte in eine kurzfristige Schockstarre. 1,5 Millionen Euro würde der nötige Ausbau kosten. Das Geld hat die Gemeinde nicht. Besonders seit die Corona-Pandemie die Gewerbesteuereinnahmen gestutzt hat. Außerdem hat sich das Dorf mit dem Neubau der Eichendorff-Realschule dafür entschieden, sich als Bildungsstandort im westlichen Hegau zu profilieren. Die Schwerpunkte sind also gesetzt.

Neue Idee aus der Raucher-Pause
Kreativität ist gefragt, wenn es um andere Themen geht. Da kann sogar eine Raucherpause im Gemeinderat interessante Ideen zutage fördern. So entstand der Vorschlag, einen provisorischen Kindergarten im alten Eichendorff-Schulhaus einzurichten. Florian Schönle (FWG) hatte diesen Geistesblitz. Die Schule wird bekanntlich im Sommer frei, wenn die Klassen in den Neubau umzieht. Bernhard Gassner (SPD/UL) bezeichnet das neudeutsch als „ideales Upcycling“, was nichts anderes bedeutet, als eine gute Wiederverwertung eines ausgedienten Gegenstandes.
Alte Schule neu nutzen
Die Erleichterung der Räte über diesen Vorschlag ist spürbar. Einstimmig beschlossen sie, diese Variante weiter zu verfolgen. Im nächsten Schritt müsse man sich jetzt um einen möglichen Betreiber kümmern, sagte Bürgermeister Michael Klinger, der ebenfalls froh darüber ist, dass der zeitliche Druck durch diese neue Idee nachlässt.

Waldkindergarten im Bauwagen findet viel Sympathie
Über die Idee eines Waldkindergartens hatten sich die Räte bereits in einer früheren Sitzung ausgetauscht, nachdem es diese pädagogische Variante im Dorf noch nicht gibt. Angedacht ist eine Gruppe mit 20 Kindern, die den Großteil des Tages in der Natur verbringen. Nach einer Befragung kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass für dieses Modell langfristig tragfähig ist. Man sei auch schon mit den Singener Johannitern ins Gespräch gekommen, die sich grundsätzlich die Trägerschaft für einen Waldkindergarten in Gottmadingen vorstellen können. In Singen, wo sie bereits einen Waldkindergarten betreiben, gebe es mehr Anfragen als Plätze, haben Lisa Bischoffberger (Fachbereich Jugend, Soziales und Familien) und Hauptamstleiterin Marion Haas in Erfahrung gebracht.
Katzental als einziger von drei Standorten geeignet
Die Investitionskosten in den Bauwagen mit rund 120 000 Euro sind im Vergleich zu einem Kita-Neubau vergleichsweise übersichtlich. Nicht ganz einfach stellte sich jedoch die Standortsuche dar. Der Waldkindergarten braucht Wald. Der Bauwagen dürfe allerdings auch am Waldrand stehen, erklärte Michael Klinger. Drei Standorte wurden untersucht. Der Bietinger Wolfenbuck kommt nicht in Frage, weil er zu abgelegen ist. Das Gelände hinter dem Höhenfreibad am Heilsberg ist zu steil und gehört nicht der Gemeinde. Anders die Wiese hinter dem Sportheim des SC Gobi im Katzental. „Und auch ein Streifen Wald gehört uns“, berichtet Klinger. Nun soll eine Besichtigung des Waldkindergartens in Singen stattfinden. Über die Betriebskosten sei allerdings mit den Johannitern verhandelt worden.
Beide Ideen sollen rasch weiterverfolgt werden
Kirsten Graf (SPD/UL) ist die Erleichterung über die beiden Vorschläge deutlich anzumerken. „Der Pluspunkt ist, dass es schnelle Lösungen sind. Wir sollten beide Vorschläge weiter verfolgen, damit wir die Kindergärten schnell von den großen Gruppen entlasten können“, sagte sie.
Kita-Bedarf in Gottmadingen
Im laufenden Kindergartenjahr 2020/2021 verfügt die Gemeinde im Kernort über 324 Betreuungsplätze vier Einrichtungen und in den Ortsteilen Bietingen und Randegg über 134 Plätze in fünf Gruppen für Kinder ab zweidreiviertel Jahren. Im katholischen Kindergarten St. Martin mit fünf Gruppen werden zum Ende des Kindergartenjahres 19 Plätze fehlen. Im evangelischen Kindergarten mit vier Gruppen werden vier Plätze in den Gruppen mit verlängerten Öffnungszeiten fehlen. Im Bietinger Kindergarten fehlen in der Regelbetreuung ebenfalls zwei Plätze. 30 Kinder aus Gottmadingen und den Ortsteilen werden von Tagesmüttern betreut. (gtr)