In diesem Jahr habe ich es nicht zur Frankfurter Buchmesse geschafft. Schuld daran war eine Maus. Aber der Reihe nach: Ein wenig wehmütig löschte ich Einladungen zu interessanten Veranstaltungen mit Kolleginnen und Kollegen, die ich nach zwei langen Corona-Jahren gern mal wieder getroffen hätte. Aber während die Massen nach Frankfurt pilgerten, begann für mich ein ganz persönliches Buch- und Lesefest.
Und hier kommt die Maus ins Spiel. Sie heißt Frederick und stammt aus einem Bilderbuch von Leo Lionni. Während alle anderen Mäuse emsig Wintervorräte aus Körnern und Nüssen anlegen, sammelt Frederick Geschichten, Sonnenstrahlen und Farben ein. Erst als die Nächte kalt und dunkel werden, erkennen die Mäuse, wie kostbar Frederics Schätze sind. Es reicht nicht nur satt zu werden, während der Geist hungert.
Hunderte Kinder eifern dieser Maus nach
In Baden-Württemberg kennt jedes Kind Frederick, denn er wurde zum Namensgeber des landesweiten Vorlesefestivals, das in diesem Jahr 25-jähriges Jubiläum feiert. Es war mir eine Ehre und ein Riesenvergnügen, dazu beizutragen: Von der Vorschule bis zur 11. Jahrgangsstufe erlebte ich über 300 Kinder und Jugendliche, die sich begeistert auf das vorgelesene Wort einließen, konzentriert zuhörten, mir buchstäblich Löcher in den Bauch fragten und von denen viele ihre eigenen Leseträume hatten. Ja, sie schmökern immer noch heimlich unter der Bettdecke, sie schreiben gern Geschichten und lesen sich gegenseitig vor.

Was braucht ein gutes (Kinder)buch? Es soll spannend und lustig sein. Die junge Leserschaft will ein Stück des eigenen Lebens erkennen – aber dann darf es ruhig verrückt und märchenhaft werden. Es hat etwas Befreiendes, wenn zwischen den Buchdeckeln alles möglich ist. Die Botschaft ist: Es geht immer noch etwas, auch wenn man manchmal um die Ecke denken muss.
Dabei mögen Kinder gar nicht, wenn man sie für dumm verkauft. Die angeblich „kleinen“ Kindersorgen wiegen nämlich schwer. Da hilft es oft, sie einfach ernst zu nehmen. Meine ersten Bücher habe ich für Kinder geschrieben und habe das immer als den schönsten Teil einer Arbeit empfunden.
Bücher im Regal reichen nicht
„Ich will auch Bücher schreiben.“ Diesen Satz höre ich immer wieder – aber eher in den unteren Klassen, wo Begeisterung und Motivation noch frisch sind. Besonders berührt hat mich die Rückmeldung einer Mutter, dass ihre Tochter nun auch Autorin werden will. Sie hat eine Lese-Rechtschreibschwäche, aber nach meiner Mutmachgeschichte traut sie sich das zu. Ich glaube an diese Kinder – auch, wenn die Schulstatistik uns wieder schaudern lässt. Jedes Buch, das sie lesen, ist ein Sonnenstrahl und füttert den Geist. Aber es reicht nicht, ihnen Bücher ins Regal zu stellen. Man muss den Weg zum Lesen ebnen. Mit Begeisterung.