Wenn es stimmt, was Burkhard Armborst erzählt, dann ist das erst der Anfang. „Ich kann bestätigen, dass uns auf diesem Weg jedes Jahr Hunderte von Automaten abhandenkommen“, sagt er. Armborst leitet den Bereich Automatentechnik bei der Firma Tobaccoland mit Sitz in Mönchengladbach. „Vor rund zehn Jahren hat es angefangen“, erzählt er und meint damit die Zerstörung von Tabakautomaten. Unbekannte machen sich im Dunkel der Nacht mit brachialer Gewalt über die Kästen her. Sie haben es aufs Münzgeld und die Zigaretten abgesehen. Mit Gas oder Schwarzpulver versuchen sie die Automaten zu sprengen. So zuletzt im Gottmadinger Industriegebiet oder wenige Tagen davor in Steißlingen, Rielasingen und Trossingen.
Unglaublich: Sprengstoff-Anleitungen gibt es ganz offen im Internet
Jörg Kluge, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, kennt diese Fälle. „Die Sprengungen sind mit erheblichen Gefährdungen verbunden“, sagt der Beamte. Bei dem Gas handle es sich meistens um Propan- oder Butan-Gas, welches auch für Grillfeuer eingesetzt wird. Und wenn die Polizei von Feststoffen spricht, dann ist damit Schwarzpulver gemeint, das sich die Täter selbst zusammenmischen. Die passenden Anleitung findet man zuhauf im Internet. Im Schutz der Nacht gehen die Diebe dann ans Werk.
Eine Welle der Zerstörung rollt durch Deutschland
„Begonnen hat es vor rund zehn Jahren im Norden Deutschlands. Dort ist das Problem noch viel ausgeprägter“, erzählt Burkhard Armborst. Der Süden sei noch einigermaßen verschont gewesen. Doch jetzt würden immer mehr Automaten aufgebrochen oder gesprengt. Wie hoch der Schaden ist, hänge unter anderem von der Bauart des Automaten ab. „Das können aber bis zu 5000 Euro pro Fall sein“, sagt Armborst. „Der Geräteschaden liegt in der Regel bei 2000 bis 3000 Euro; dazu kommen zwischen 1000 und 2000 Euro für die Ware und das Geld.“ Um die Diebe abzuschrecken, setzt Tobaccoland mehr und mehr auf bargeldloses Bezahlen.

Ist da eine Bande am Werk?
In der Gottmadinger Robert-Gerwig-Straße ist Tobaccoland in diesem Jahr auch schon zum Opfer geworden. Das war gleich zum Jahreswechsel im Zusammenhang mit einer ganzen Aufbruch-Serie. Im Halbstundentakt wurden am Neujahrstag im Landkreis Konstanz gleich vier Zigarettenautomaten hintereinander zerstört oder beschädigt. Der oder die Täter wurden bisher nicht gefasst. Am 2. November hat es in Gottmadingen einen Mitbewerber getroffen. Die Polizei sucht nach Zeugen. „In den meisten Fällen werden die Täter nicht gefasst“, weiß Armborst aus eigener Erfahrung. Aber er hat auch schon erlebt, dass Mitglieder von organisierten Banden mit bis zu drei Jahren Haft bestraft wurden.
Die Sprengung ist mehr als ein Kavaliersdelikt
Auch wenn der Automat im jüngsten Fall der Explosion standhielt, so ist das laut Jörg Kluge keine einfache Sachbeschädigung, sondern ein Fall von „besonders schwerem, versuchtem Diebstahl“. Die ermittelnden Beamten sehen einen Tatzusammenhang mit zwei in der gleichen Nacht aufgesprengten Automaten in Rielasingen-Worblingen und Steißlingen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Die Erfolgsquote der Polizei ist eher gering. Die meisten Täter bleiben unerkannt. Doch manchmal helfe auch Kommissar Zufall oder ein Video, sagt Kluge. Alleine seien solche Taten schon wegen des hohen Zeitaufwandes kaum möglich, vermutet der Polizist. Mehr will er aber dazu nicht sagen.
Bei Bankautomaten wird der Schaden sechstellig
Ob die Sprengung eines Geldautomaten einer Bankfiliale in Engen am 22. Oktober um 4.30 Uhr auf das Konto der gleichen Täter geht, ist nicht sicher. Der Schaden wurde mit 200 000 Euro beziffert. Automatenfachmann Burkhard Armborst kann sich nicht vorstellen, dass es die gleichen Täter sind. „Ein Bankautomat ist technisch viel anspruchsvoller als ein Zigarettenautomat“, sagt er. „Das müssen Profis gemacht haben.“ Allerdings vermutete die Polizei in dem Fall, dass die Bankräuber bei der Explosion verletzt wurden. Sie konnten zunächst zu Fuß und dann in einem unbeleuchteten Auto fliehen. Schon im Mai hatten Unbekannte in Tuttlingen einen Bankautomaten gesprengt. In allen Fällen ermittelt die Kriminalpolizei und hofft jeweils auf Zeugen. Zu den Details gibt sich der Polizeisprecher zugeknöpft.
Das Geschäft mit Zigarettenautomaten ist rückläufig
Burkhard Armborst ist als Geschädigter wesentlich auskunftsfreudiger, wenn auf die Zerstörung blickt: „Versichern können wir das nicht. Das Risiko ist ja schwer abzuschätzen. Wir tragen Schaden selbst. Das sind jedes Jahr mehrere Millionen Euro.“ Insgesamt sei das Geschäft mit Zigarettenautomaten rückläufig, weil weniger Menschen rauchen. Trotzdem hat allein seine Firma 90 000 Automaten in Deutschland aufgestellt. Die Mitbewerber schlafen nicht. Auch entlang der Schweizer Grenze.