Einer fehlte in der Runde, als es darum geht, einen Durchbruch in Sachen Briefzustellung durch die Post zu verkünden. Der Gailinger Bürgermeister Thomas Auer ließ sich aus Termingründen entschuldigen. Dabei hatte seine Gemeinde unter den langen Brief-Laufzeiten am meisten zu leiden. Seine Kollegen aus Singen und Hilzingen, Oberbürgermeister Bernd Häusler und Holger Mayer, schlossen ihn in ihren überschwänglichen Dank an Bürgermeister Michael Klinger ein. Mit hohem Aufwand hatte der einen Feldversuch in den vier Gemeinden gestartet, der die gravierenden Mängel in der Briefzustellung mit Zahlen belegen konnte. Es stellte sich heraus, dass die gesetzlichen Zustellfristen fast durchgängig zum größten Teil erheblich verfehlt wurden. Doch nun gibt es positive Nachrichten: Die Situation bei der Postzustellung hat sich laut den Rathauschefs verbessert.
Für den aufwändigen Test wurden an vier unterschiedlichen Tagen 342 Briefe an Beschäftigte der Verwaltungen geschickt. Diese mussten ihre Briefkästen kontrollieren und den Eingang der Versuchspost dokumentieren. Das Ergebnis war wenig zufriedenstellend. „Es reicht nicht, sich zu beschweren“, weiß Klinger. „Um etwas zu bewegen, brauchten wir belastbare Zahlen.“ Das Ergebnis schickte er sowohl an die Bundesnetzagentur als auch an die obere Leitungsebene der Post.

Bürgermeister zeigen strukturelle Mängel
Vergebene Mühe, hatten sich manche Hegauer gedacht. Seit Mitte 2022 hatten sie sich immer wieder über massive Verspätungen ihrer Briefe beschwert. Bürger verpassten Fristen oder Termine, weil die Einladungen zu spät kamen. Ihre Beschwerden landeten wiederholt in den Rathäusern. Diese sind allerdings nicht für die Briefverteilung zuständig.
Den Ärger einfach abtun, das kam für die vier Verwaltungschefs aber nicht in Frage. Immer wieder reichten sie die Klagen der Bürger an die Netzagentur und die zuständigen Stellen bei der Post weiter. Allein, es änderte sich nichts. „Wir haben nie Kritik an den Austrägern geübt“, sagt Bernd Häusler und verweist auf die Personalnot und häufige Fluktuation bei den Briefzustellern. „Mit unserem Vorstoß wollten wir im Sinne der Postmitarbeiter auf die strukturellen Mängel aufmerksam machen“, ergänzt Holger Mayer.
Und Michael Klinger lässt kaum eine Gelegenheit aus, sich über die Delegationspraxis der Bundes- und Landespolitik zu beschweren. Als letztes Glied in der Kette sieht er immer mehr Aufgaben auf die Gemeinden zukommen, ohne dafür die entsprechende Unterstützung zu erhalten.
Plötzlich kündigt die Post sich zum Gespräch an
Und so hatten wohl auch die Gemeindechefs mit ihrer Beschwerde in Sachen Briefzustellung nicht allzu viel Hoffnung auf Erfolg, wie Michael Klinger jetzt durchblicken ließ. „Wir waren nicht sicher, ob wir überhaupt Gehör finden“, sagt der Gottmadinger und verweist auf die eher lapidaren Antworten der Bundesnetzagentur. Doch als sich dann der Politikbeauftragte der Post, Martin Fichtner, der Niederlassungsleiter Andre Danielzok und der Abteilungsleiter Jens Rapp zum Gespräch ankündigten, wurden die Rathauschefs eines Besseren belehrt.

Erstmals fühlten sie sich in ihrem Anliegen ernst genommen. „Unsere Zahlen wurde nicht angezweifelt. Es gab keine Ausflüchte, keine Gegenwehr, keine halbherzigen Entschuldigungen“, erzählt Michael Klinger. „Im Kern unseres Gespräches ging es sofort um Lösungen.“
Dagegen habe die Bundesnetzagentur das Problem einfach abgetan. Die Zahl der Beschwerden aus Gailingen, Gottmadingen, Hilzingen und Singen über eine mangelhafte Briefzustellung durch die Deutsche Post DHL weise keine besondere Häufung auf, heißt es in einem Schreiben der Netzagentur an die Gemeinden. 2023 hätten sich auch die Personalengpässe bei der Post verringert.
Situation nahe der Schweiz ist besonders
„Unsere Gesprächspartner der Deutschen Post haben sich nicht mit Pauschalantworten begnügt, sondern direkt gehandelt“, sagt Michael Klinger nun erfreut. Die Post habe erkannt, dass es in der Region nahe der Schweizer Grenze besonders schwierig sei, wegen der hohen Lebenshaltungskosten Personal zu rekrutieren. Tatsächlich habe sich die Mitarbeitersituation im Hegau mittlerweile entspannt, nachdem den Beschäftigten eine maximale Erhöhung der Regionalzulagen zugesagt wurde.
Außerdem habe die Post mehr Kontinuität versprochen, sodass sich die Zusteller nicht ständig in neue Bezirke einarbeiten müssten. Bislang kam nur in Stoßzeiten wie Weihnachten oder Ostern Unterstützung durch zusätzliches Personal. Auch im Management vor Ort gab es einen Wechsel. Eine tägliche Lagebesprechung sei eingeführt worden, um direkt auf Probleme reagieren zu können. Außerdem werde der Zuschnitt der Zustellbezirke untersucht, um den Arbeitsanfall besser zu verteilen.
Im Herbst weiteres Gespräch geplant
Klinger wirkt erstaunt, wenn er sagt: „Wir werden ernst genommen. Unser Thema ist beim Vorstand der Post adressiert.“ Und weil Eigenlob stinken könnte, bedankt sich Bernd Häusler bei Klinger für dessen Initiative. „Die Verbesserungen sind deutlich spürbar, wenn auch noch nicht zu 100 Prozent“, sagt er.
Ob man eine zweite Testbrief-Aktion im Herbst starten werde, sei angesichts des hohen Aufwandes eher fraglich. Die Zahl der Reklamationen in den Rathäusern sei deutlich zurückgegangen. Die Gemeinden wollen den Prozess weiter kritisch begleiten. Ein weiteres Gespräch mit den Vertretern der Post soll im Herbst stattfinden.