Eberhard Koch will nicht in den allgemeinen Weltuntergangskanon einstimmen. Ja, Corona, Ukraine-Krieg, Klimaerwärmung, das alles beschäftigt auch ihn. Aber der Umweltbeauftragte der Gemeinde Gottmadingen und Fraktionssprecher der Freien Wähler will angesichts dieser Katastrophen das Positive nicht aus den Augen verlieren.

Vor allem deshalb nicht, weil er mit der Gruppe der ehrenamtlich engagierten BUND-Mitglieder einen Anteil an bescheidenen Erfolgen zur Rettung der Welt hat.

Artenschutz spielt in der Gemeinde eine wichtige Rolle

Wenn es ums Klima geht, ist immer auch der Artenschutz Thema. Und der spielt in Gottmadingen eine nicht geringe Rolle. In regelmäßigen Abständen berichtet der Naturschützer dem Ratsgremium, wie es mit dem Biotopverbund im Hegau vorangeht und welche seltenen Arten sich auf der Gemeindefläche etabliert haben.

So erfuhren die Kollegen von der sehr seltenen Hosenbiene, die sich im und am Friedhof in großer Zahl angesiedelt habe.

Kein weiteres Vorkommen östlich des Schwarzwaldes

Der Name klingt lustig, erschließt sich aber ganz automatisch durch das Erscheinungsbild. Wie kleine, gelbe Ballonhosen muten die Pollen an, die die Wildbienen mit ihren haarigen Hinterbeinen einsammeln.

Als Lebensraum dient den Hosenbienen ein sandiges Gelände wie die alte Sandgrube des ehemaligen Maurermeisters Kessinger in der Nähe des Friedhofes. Als die Mitglieder des BUND 2006 die ersten Exemplare dort entdecken, entspricht das einer kleinen Sensation. Heute weiß man, dass das Gottmadinger Vorkommen das einzige östlich des Schwarzwaldes ist.

Wildbienen bilden keinen Staat

2007 startete Eberhard Koch zusammen mit dem Tierökologen und Botaniker Mike Herrmann eine Studie zur Erfassung der „Flora und Fauna von Sandbiotop-Resten im südlichen Hegau“. Unterstützung kam vom Plenum Westlicher Bodensee. Am Anfang zählten sie rund 400 Nester der Hosenbiene.

„Im Unterschied zu den Honigbienen, die rund um die Königin einen Staat bilden, baut jedes Weibchen der Wildbienen ein eigenes Nest“, erklärt Koch. Die Hosenbienen graben sich dabei bis zu 50 Zentimeter in den Boden ein, bauen Seitengänge, in denen sie die Pollen mit den Eiern ablegen und in Zellen verschließen.

Die Hosenbienen graben sich in Sandböden ein. Im Sandbuck neben dem Friedhof hat sich eine ganze Kolonie angesiedelt. Erkennbar sind die ...
Die Hosenbienen graben sich in Sandböden ein. Im Sandbuck neben dem Friedhof hat sich eine ganze Kolonie angesiedelt. Erkennbar sind die Kolonien an den kleinen Sandhügeln, die der Gottmadinger Umweltbeauftragte Eberhard Koch hier betrachtet. Bild: Gudrun Trautmann | Bild: Trautmann, Gudrun

„So entstehen in dem trockenen Gelände überall kleine Sandhügelchen, die man gut zählen kann“, sagt Koch. „Etwa 500 Wildbienenarten gibt es. Davon nisten 60 Prozent im Boden.“

Hosenbienen können nicht stechen

Neben dem Sandboden biete das Ferkelkraut, das sich auf dem Gottmadinger Friedhof finden lässt, eine Lebensgrundlage für die Bienen. Es ähnelt dem Löwenzahn, wächst aber flacher am Boden und übersteht so jede Rasenmahd.

Eine gute Nachricht hat Eberhard Koch auch für Allergiker: „Wildbienen können im Gegensatz zu den Honigbienen nicht stechen. Da sie viele einzelne Nester bauen, müssen sie keinen Hofstaat verteidigen und besitzen deshalb auch keinen giftigen Stachel.“ Ein Jahr nach der Eiablage schlupft die nächste Generation der Hosenbienen.

Zahl der Nester schwankt

In Gottmadingen haben sich die emsigen Insekten im Sandbuck rasch vermehrt. Beim Monitoring zählten die BUND-Mitglieder zwischenzeitlich 800 Nester. In den trockenen Jahren ging die Zahl jedoch wieder auf 400 zurück. 2021 sorgten die starken Niederschläge wieder für Erholung, sodass 1400 Nester gezählt werden konnten.

Mit Mitteln der Stiftung Naturschutzfonds konnte der Lebensraum der Hosenbiene um einen halben Hektar erweitert werden. „Mit Unterstützung des Biobauern Klaus Wick haben wir den Humus abgetragen, sodass ein Sand-Trockenrasen entstehen konnte“, erklärt Eberhard Koch.

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Er freut sich darüber, dass sich das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Naturschutz deutlich entspannt hat. „Die Frontstellung ist überholt. 90 Prozent der Naturschutzflächen werden von Landwirten gemäht“, erzählt er. „Alleine im Landkreis Konstanz sind über 100 Landwirte daran beteiligt.“

Arten gilt es zu sichern

Eberhard Koch geht es nicht darum, die Situation zu beschönigen. Man könne das Rad in Sachen Artenvielfalt nicht zurückdrehen, sagt er. Er arbeitet Tag für Tag daran, das Niveau zu stabilisieren. „Wir stehen nicht so schlecht da, wie es oft gemacht wird“, sagt er. „Im Hegau stehen wir wirklich nicht bei Null. Bei uns gibt es noch viele seltene Arten. Die gilt es zu sichern.“