Bis zuletzt habe man auf eine Rettung des Vitaminmarkts gehofft, sagt Andreas Hägele, Inhaber und Betreiber des Unternehmens im Hilzinger Gewerbegebiet. Doch nun gibt es Gewissheit: Die Fortführung des Betriebs ist nicht mehr möglich. Dies teilt das Insolvenzverwalterbüro der Pluta Rechtsanwaltsgesellschaft in einer Pressemeldung mit. Demnach wird der Betrieb in dem Frischemarkt nur noch bis Ende Oktober weitergehen. Dies habe die Gläubigerversammlung mit Zustimmung des Insolvenzverwalters Florian Martin Schiller beschlossen.
Für die Kunden heißt das zunächst, dass sie ab November keine frische Ware mehr in dem Markt kaufen können, der das Konzept einer Markthalle verfolgt. Für die Betreiberfamilie Hägele ist das bitter, denn für sie geht es an die Existenz, wie Andreas Hägele berichtet. „Wir werden Haus und Hof verlieren“, sagt er unumwunden. Denn da die Familie mit ihrem Privatvermögen für die Firma Vitaminmarkt haftet, würden sie auch ihren landwirtschaftlichen Betrieb, den Staufenhof, verkaufen müssen, um die Gläubiger bedienen zu können.
Für ihn selbst sei daher auch entschieden, dass Schluss mit Landwirtschaft sei, sagt Andreas Hägele – nach mehreren Generationen. Schon sein Großvater sei mit seinen Produkten zu Wochenmärkten gegangen, erzählt er: „Direktvermarktung haben wir schon immer gemacht.“
37 Menschen verlieren ihre Arbeit
Nun muss er etwas tun, was er sich nicht hätte träumen lassen, nämlich den 37 Mitarbeitern kündigen – wobei das Team des Vitaminmarktes eher wie eine große Familie sei. Mitarbeiterin Silvia Pieper, seit 25 Jahren im Unternehmen, pflichtet ihrem Chef bei und sagt: „Wir sind alle sehr traurig.“ Die Mitarbeiter habe er kürzlich über die Lage des Unternehmens informiert, sagt Hägele.
Auch die Gemeinde Hilzingen hätte sich einen anderen Ausgang des Insolvenzverfahrens gewünscht, schreibt Bürgermeister Holger Mayer auf Anfrage. Die Gemeinde habe bei mehreren Gesprächen unterstützt, man habe gehofft, dass ein Partner gefunden werde. „Das Ende des Geschäftsbetriebes schmerzt, schließlich ist der Vitaminmarkt eine tolle, regionale Markthalle mit hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten“, sagt Bürgermeister Holger Mayer. Die Gemeinde werde auch weiterhin unterstützen, wo sie könne, sichert er zu.
Nun wird im Vitaminmarkt das Ende des Unternehmens verwaltet. Die Fischtheke, die zuletzt von mittwochs bis samstags geöffnet war, werde Anfang Oktober schließen, sagt er. Der Gastronomiebereich werde am Kirchweihsamstag, dem 19. Oktober, zuletzt geöffnet haben. Haltbare Lebensmittel würden zudem nicht mehr nachgekauft, in diesem Segment gebe es einen Abverkauf.
Käufer gesucht, sonst wird zwangsversteigert
Die Frischetheke und die Bäckertheke würden allerdings weiterhin frisch bestückt, das sei derzeit der Plan. Doch Hägele sagt auch: „Es wird von Woche zu Woche entschieden, wie wir vorgehen.“ Für das Gebäude des Vitaminmarkts suche er nun einen Käufer.
Andreas Hägele wirkt im Gespräch gefasst, trotz der unguten Wendung der Ereignisse. Er sagt denn auch: „Wir nehmen die Situation an.“ Er sei vor allem seiner Frau, den drei Kindern, seiner Familie und seinen Eltern sehr dankbar: „Wie die mich unterstützt haben, das ist nicht normal.“ Doch sein Dank gelte vor allem den Mitarbeitern und den Kunden für ihre jahrelange Treue.
Es gab zwar Interessenten, aber keinen Kaufvertrag
Dass es keine Lösung für den Vitaminmarkt gab, liegt laut der Mitteilung des Insolvenzverwalters am Verlauf des Investorenprozesses. Zuletzt habe es zwar fortgeschrittene Verhandlungen mit zwei Investoren gegeben, es habe aber kein Kaufvertrag abgeschlossen werden können, heißt es darin.
Insolvenzverwalter Schiller wird folgendermaßen zitiert: „In den vergangenen Monaten haben wir den Geschäftsbetrieb fortgeführt und zugleich einen Investorenprozess gestartet. Leider konnte jedoch bis zum 30. September keine Investorenlösung vereinbart werden. Aus diesem Grund und angesichts der sich zuletzt verschlechterten Geschäftslage müssen wir den Geschäftsbetrieb einstellen, da das Unternehmen im Insolvenzverfahren dauerhaft keine Verluste erwirtschaften darf.“
Der Vitaminmarkt hatte im Februar Insolvenz angemeldet. Grund dafür waren laut der Pressemeldung Liquiditätsschwierigkeiten. Das Unternehmen öffnete während der Corona-Pandemie. Das habe einen schweren Start nach sich gezogen, sagte Betreiber Andreas Hägele schon bei früherer Gelegenheit. Später habe dann der Ukraine-Krieg für steigende Preise und Zurückhaltung bei den Kunden gesorgt.
„Es ist von Anfang an blöd gelaufen“
Die Entscheidung, mit dem Vitaminmarkt die eigene Direktvermarktung zu vergrößern, sei damals richtig gewesen, sagt er: „Hätten wir fünf Jahre früher gestartet, hätten wir die Corona-Krise überstehen können.“ In diesem Sinne sei der Vitaminmarkt ein verspätetes Corona-Opfer. Zumal damals laut dem Insolvenzverwalter keine Corona-Hilfen geflossen seien. Diese bezogen sich auf den Umsatz vom Vorjahr, erläutert Hägele heute, und einen Vorjahresumsatz gibt es bei einer Neugründung nicht. Der Betreiber sagt auch: „Es ist von Anfang an blöd gelaufen. Wenn man schon in einer Krise startet, ist das nicht gut.“