Der Musikverein Eintracht Petershausen (MEP) ist inzwischen mehr als einhundert Jahre alt – Vorgänger dazu gerechnet. Dass die Musiker des Vereins trotzdem in diesem Jahr das 100-jährige Jubiläum feiern, ist der Tatsache geschuldet, dass offizielle Gründungsjahr auf 1922 zurückgeht. Doch schon am 1. März 1919 hatten sich zehn ehemalige Mitglieder der Artilleriekapelle zusammengefunden und den Musikverein „Harmonie“ gegründet.

Es müssen turbulente Jahre gewesen sein nach dem Ersten Weltkrieg. Im Mai 1920 beschloss der kleine Verein, sich dem Krieger- und Militärverein anzuschließen. Aber nach Meinungsverschiedenheiten traten die Musiker dort wieder aus. Am 28. März 1922 gründeten sie schließlich den selbstständigen Musikverein Eintracht. Das erste Probelokal war die Gaststätte „Zum Kyffhäuser“ am Ebertplatz. Trotz aller Widrigkeiten schien der Musikverein attraktiv zu sein: Am Ende des Jahres 1922 hatte der Verein bereits 122 passive und 14 aktive Mitglieder.

Auch finanziell ging es aufwärts. 1926 konnten die ersten Mützen und Röcke mit „10 blanken Knöpfen mit Achselschnüren“ angeschafft werden. Im Jahr 1929 verzeichnete die Chronik 80 Auftritte, wobei diese teilweise auch von einzelnen „Abordnungen“ wahrgenommen wurden.

Es gab eine Streichmusik und eine kleine Tanzkapelle, anfangs sogar noch eine Schuhplattlergruppe und ein Gesangsquartett. Aus Platzgründen wechselten die Musiker für die Proben in den Saal des Gasthauses „Goldener Sternen“. Aber der Kyffhäuser blieb das Vereinsheim.

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Im Mai 1933 erfolgte die Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten. Der Stahlhelmbund warb den Verein als Stahlhelmkapelle an. Dem Drängen hatte der Musikverein nur unter der Bedingung nachgegeben, dass er selbstständig bestehen bleiben durfte. Dies währte nicht lange. Als sich die Musiker weigerten unter einem neuen Dirigenten zu spielen, wurde die Kapelle aufgelöst und in die Standartenkapelle überführt. Allerdings blieb das Vermögen beim Musikverein Eintracht.

Musikverein lockt rund 3000 Personen ins Festzelt

Ab Dezember 1948 durften sich wieder Vereine bilden. Im Musikverein fanden sich 15 aktive und fünf Nachwuchsmusiker zusammen. 1960 richtete der Verein das Bezirksmusikfest aus mit einem Festumzug und einem Zelt, das 3000 Personen fasste. 1969 erreichte die Eintracht bei einem Wertungsspiel in der Oberstufe einen ersten Rang mit Auszeichnung. Die Teilnahme an verschiedenen Narrenkonzerten war inzwischen selbstverständlich, ebenso wie Auftritte bei Winzerfesten im Kaiserstuhl.

Der Musikverein Eintracht marschiert 1966 beim großen Konstanzer Fasnachtsumzug im Clownskostüm mit.
Der Musikverein Eintracht marschiert 1966 beim großen Konstanzer Fasnachtsumzug im Clownskostüm mit. | Bild: MEP-Archiv

Als Vater dieses Erfolgs gilt Werner Behm, der von 1961 bis 1976 Dirigent war und dieses Amt noch einmal von 1981 bis 1982 innehatte. Auch wenn die nachfolgenden Dirigenten meist nur wenige Jahre blieben, konnte der MEP einige herausragende Konzerte verzeichnen: Etwa beim Stuttgarter Weihnachtsmarkt, das Hafenkonzert des Südwestfunks und das Galakonzert in der italienischen Partnerstadt Lodi.

Von 1983 bis 1987 war Herbert Weber Vorsitzender des Musikvereins Eintracht. Um die finanzielle Lage war es zu Beginn seiner Amtszeit nicht gut bestellt. So wurde die Idee des Petershauser Stadtteilfests auf dem Benediktinerplatz geboren. Weber übernahm auch den Vorsitz in dem eigens dafür gebildeten Organisationskomitee. Wegen der jährlich steigenden Kosten und Auflagen fanden sich nach 2010 nicht mehr genügend Vereine, und so endete die Geschichte dieser Veranstaltung.

Auch mit 100 Jahren „kommt die Eintracht jung daher“

Dank der Hartnäckigkeit von Herbert Weber kam der MEP zu seinem eigenen Vereinsheim. Sie bekamen den Keller des ehemaligen Konventsgebäudes, dem späteren Archäologischen Landesmuseum, im Areal der Klosterkaserne und renovierten diesen gründlich. Endlich konnte mit der Jugendarbeit begonnen werden.

Vor dem Rijksmuseum in Amsterdam präsentieren sich die Mitglieder des Musikvereins Eintracht Petershausen. Die niederländische ...
Vor dem Rijksmuseum in Amsterdam präsentieren sich die Mitglieder des Musikvereins Eintracht Petershausen. Die niederländische Hauptstadt bildete eine Station der Konzertreise aus Anlass des einhundertjährigen Jubiläums. | Bild: MEP-Archiv

„Ich weiß nicht, ob es die Eintracht Petershausen heute noch geben würde ohne Vereinsheim, ohne die Möglichkeit, aktive Jugendarbeit zu betreiben. Inzwischen haben wir unser Domizil in der Friedrichstraße aufgeschlagen und die Eintracht kommt jung daher“, schreibt Roland Saile in der Festschrift zum Jubiläum.

Marcel Kraus ist seit 2005 Vorsitzender der Eintracht Petershausen und seit 34 Jahren im Vorstand tätig. Ihm bleibt das Galakonzert aus dem Jahr 1988 in der italienischen Partnerstadt Lodi als herausragendes Ereignis in Erinnerung. Besonders stolz ist er darauf, dass sein Verein seit 1987 das Seenachtfest mit Stand und musikalischer Unterhaltung an der Seestraße bereichert.

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Dirigent Tobias Scherer gibt die musikalische Richtung der kommenden Jahre vor: „Mein Ziel ist es, das Niveau zu halten. Der Widerbeginn nach Corona war wie ein Kaltstart“, erklärt er. „Mit der Jugendkapelle sind wir ganz gut aufgestellt“, sagt er zufrieden. Auch Michael Greiner hofft auf ruhigere Zeiten. „Es wurde Zeit, dass wir wieder spielen dürfen. Nochmal ein Jahr Zwangspause wäre grausig“, betont der stellvertretende Vorsitzende.