Herr Berner, wissen Sie schon, was Sie nächstes Jahr im August machen, wenn es das Seenachtfest in der altbekannten Form nicht mehr geben wird?
Jetzt steht ja erst einmal das Seenachtfest 2019 vor der Tür. Danach mache ich mir Gedanken über das nächste Jahr. Sicher ist: Es wird noch einmal Gespräche geben. Ich habe schließlich Verträge mit dem Veranstalter. Wenn Konstanz aber wirklich meint, dass es das Seenachtfest so nicht mehr geben soll, dann nützen mir diese Verträge nicht viel.
Wann haben Sie denn davon erfahren, dass die Stadt das Feuerwerk dem Klimaschutz opfern will?
Das war vielleicht eine Stunde bevor die Zeitungen die Nachricht gebracht haben. Ich wurde vom Veranstalter informiert.
Wie enttäuscht waren Sie?
Ich war überhaupt nicht enttäuscht. Aber die Begründung hat mir nicht gepasst. Die Entscheidung, ob man das Fest macht oder nicht, obliegt natürlich der Stadt. Ich habe sogar Verständnis dafür, wenn man sich gegen das Seenachtfest entscheidet. Aber, wenn man das Feuerwerk als Begründung vorschiebt, dann greift man mich persönlich an. Und klar: Dann werde ich sauer.
Für wie klimaschädlich halten Sie Ihr Feuerwerk denn?
Wie verschießen kein Diesel, es entsteht auch kein Gummiabrieb. In der Pyrotechnik kommt Schwarzpulver zum Einsatz. Klar, dabei entsteht Feinstaub und CO2. Man muss sich aber vor Augen führen, dass sich 50.000 Zuschauer unser Feuerwerk anschauen. In diesen 20 Minuten würde mehr Feinstaub und CO2 entstehen, wenn sich jeder der Zuschauer eine Zigarette anstecken würde. Außerdem entsteht der Feinstaub in 200 Metern Höhe. Wir als Pyrotechniker sind noch einmal 455 Meter weg von den Zuschauern. Hinzu kommt der Wind, der die Partikel verteilt. Das bedeutet: Bevor der Feinstaub überhaupt bei den Besuchern ankommen könnte, ist er bereits verschwunden. Es gibt Untersuchungen die das belegen.

Die Verantwortungsträger der Stadt scheinen das anders zu sehen.
Ich habe kein Problem damit, dass die Stadt grüner werden will. Aber bitte nicht auf meine Kosten. Mich als Umweltsünder hinzustellen ist nicht fair. Ich glaube, dass den Verantwortungsträgern bewusst ist, dass wir Teil einer kleinen Branche sind, die keine Lobby hat. Deswegen rechnet man bei uns mit wenig Widerstand. An die Bodenseeschifffahrt traut man sich dagegen nicht heran. Wenn man es herunterrechnet produziert die aber im gleichen Zeitraum deutlich mehr Feinstaub als wir.
Sie haben das Konstanzer Feuerwerk als eines der drei größten in Deutschland beschrieben. War das Seenachtfest für Sie und Ihre Mitarbeiter der Höhepunkt des Jahres?
Ich mache es seit 39 Jahren und würde es gerne weitermachen. Auch für meine Mitarbeiter ist das Seenachtfest immer ein tolles Erlebnis gewesen. Für uns ist vor allem besonders, dass wir auf dem Wasser sind. Wir schießen das Feuerwerk ja von drei Schiffen aus ab. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit, mit den Spiegelungen im Wasser schöne Effekte zu erzielen. Auch die vielen Zuschauer so zu bespielen, das jeder ein schönes Feuerwerk sieht: Das ist jedes Jahr eine besondere Herausforderung.

Wie viel Vorbereitungszeit steckt für Sie hinter dem Feuerwerk des Seenachtfests?
Die Programmierung der Choreografie dauert etwa drei Wochen. Danach geht es in die Werkstatt, was noch einmal sechs Wochen in Anspruch nimmt. Vor Ort sind wir dann mit zwölf Mann im Einsatz, die an zwei Tagen alles auf- und wieder abbauen.
Apropos vor Ort. Zeitgleich findet ja auch immer das Feuerwerk des Kreuzlinger Fantastical statt. Sieht man sich da als Konkurrenten?
Nein, das kann man nicht vergleichen. Die Schweizer haben ein ganz klassisches Feuerwerk, ohne Musik. Wenn die zu uns rüber schauen, müssten die sich ja eigentlich fragen, was wir da genau machen. Denn unser Feuerwerk ist komplett zu Musik choreografiert und erzielt nur im Zusammenspiel mit der Musik richtig Wirkung.
Schon für dieses Jahr wurde ja bereits ein abgespeckteres Feuerwerk angekündigt? Müssen die Zuschauer in Konstanz mit einer weniger spektakulären Show rechnen?
Vom Prinzip her muss ich nichts verändern. Unsere Feuerwerke entsprechen den branchenüblichen Anforderungen. Und meine Vorgabe ist ganz klar: Ich soll 50.000 Menschen begeistern. Das kann ich nicht machen, wenn ich nur die Hälfte verschieße.
Mehr Klimaschutz ist von Ihnen in diesem Jahr also nicht zu erwarten?
Wir haben in den vergangenen Jahren bereits daran gearbeitet, Schadstoffe zu reduzieren, was die Logistik im Umfeld der Organisation angeht. Da ist viel passiert. Was das Feuerwerk an sich angeht, kann ich sagen, dass es uns dieses Jahr gelingen wird, Zündschnüre, die im Normalfall abbrennen würden, komplett zu eliminieren. Dadurch gelingt es uns, zehn Prozent an CO2 einzusparen. Und: Ein paar der ganz großen Feuerwerkskaliber werden wir dieses Jahr zu Hause lassen.
Zur Person
Seit 1980 arbeitet Joachim Berner als Pyrotechniker und kreiert eine Vielzahl seiner Effekte selbst. Das führt den 59-Jährigen rund um den Globus. Mit seiner Firma Innovative Pyrotechnik (IP) hat er bereits mehrfach den Weltmeistertitel bei der International Fireworks Competition in Montreal, Canada gewonnen. Wer bei IP arbeiten möchte, muss eine technische Ausbildung mitbringen und mindestens 21 Jahre alt sein. Joachim Berner selbst ist seit 39 Jahren für das Feuerwerk auf dem Konstanzer Seenachtfest verantwortlich. Er wohnt in Ehningen bei Böblingen.