Nachdem Konstanz Anfang Mai den Klimanotstand ausgerufen hat, setzt die Verwaltung nun das erste Zeichen: Das Seenachtfest in seiner aktuellen Form steht vor dem Aus – und mit ihm das Großfeuerwerk.
So unterschiedlich reagieren die Menschen in Konstanz nun auf diesen Vorschlag.
„Konstanz setzt ein starkes Zeichen“
Jonas Volpert ist 28 Jahre alt. Der Konstanzer sieht in dem Vorschlag der Stadtverwaltung ein „starkes Zeichen“ für den Klimaschutz. „Natürlich auch deshalb, weil dieses Fest nicht irgendeine Veranstaltung ist, sondern einer der Höhepunkte, auch für die Gastronomie in Konstanz„, sagt Jonas Volpert.
Volpert ist selbst in der Hotelgastonomie tätig. Er befürwortet das Ausrufen des Klimanotstands, trotz der Folgen, die nun für seine Branche das erste Mal spürbar werden könnten. „Es braucht diesen Schritt, der natürlich auch starken symbolischen Charakter besitzt“, sagt Volpert.
Zuletzt war der 28-Jährige vor sieben Jahren als Gast auf dem Seenachtfest. Persönlich würde das Aus für ihn also ein Ende ohne Unmut bedeuten.
„Die Stadt lebt auch vom Tourismus“
Meike Weber ist 36 Jahre alt. Die ehemalige Konstanzerin und heutige Kreuzlingerin, die sich selbst in der Rubrik „absolut pro Klimanotstand„ einordnet, sieht den Vorschlag der Stadtverwaltung dennoch kritisch. „Einen solchen Magneten wie das Seenachtfest sollte man nicht einfach so abschaffen“, sagt Meike Weber und fügt hinzu: „Die Stadt lebt auch vom Tourismus, selbst wenn sich viele Konstanzer darüber ärgern.“
Neben dem wirtschaftlichen Aspekt der Veranstaltung müsse man ebenso die Strahlkraft berücksichtigen, die dieses Fest über die Bodenseeregion hinaus für Konstanz habe.
Trotzdem kritisiert Maike Weber – wie zahlreiche Konstanzer auch – die stark kommerzielle Entwicklung des Festes: „Der Eintrittspreis ist mittlerweile natürlich happig“, sagt sie. Günstiger, wenn auch mit weniger Angebot, sei es da in Kreuzlingen.
„An Traditionen sollte man festhalten“
Michel Chapus ist 86 Jahre alt. Wegen des vielen Trubels war der einst eingefleischte Seenachtfest-Gänger in den vergangenen Jahren nicht mehr vor Ort. Trotzdem ist er ein großer Anhänger der Veranstaltung: „Es wäre sehr schade, wenn das Fest nun ein Ende findet“, sagt der Pensionär, und schiebt hinterher: „An Traditionen sollte man, wie ich finde, festhalten.“
Und er sieht darin nicht nur eine Veranstaltung für die Konstanzer: „Für die vielen Fremden, die extra aus der Ferne anreisen, ist das Seenachtfest mit seinem Feuerwerk natürlich eine Sensation“, sagt er.
Die Umweltbelastung solle deshalb an anderen Stellen reduziert werden. „Es gibt genug unnötige Dinge auf der Welt, die man guten Gewissens weglassen könnte.“ Ein Beispiel? „Autorennen sind so etwas“, sagt Chapus.
„Auf dem Seenachtfest ist mir zu viel los“
Mariam Barseghyan ist 22 Jahre alt. Die Arzthelferin in Ausbildung war selber noch nie auf dem Seenachtfest. „Meiner Meinung nach sind da einfach zu viele Menschen unterwegs“, sagt die Konstanzerin. 35 000 Besucher waren es im vergangenen Jahr. Ein kleineres Fest wäre ihrer Meinung nach besser.
Das Feuerwerk hat sie in der Vergangenheit deshalb stets in Ruhe vom eigenen Balkon aus verfolgt. „Anzusehen war das natürlich sehr schön“, sagt sie lachend, und fügt dann mit ernstem Ton an: „Trotzdem belastet der viele Feinstaub Umwelt und Klima, auch weil das Feuerwerk einfach zu ausufernd ist.“
Deshalb unterstützt sie den Vorschlag der Stadtverwaltung, das Seenachtfest und mit ihm das Feuerwerk abzuschaffen.
„Ich bin tatsächlich hin- und hergerissen“
Tobias Taubner ist 20 Jahre alt. Der Allensbacher sieht das mögliche Aus des Seenachtfests mit gemischten Gefühlen: „Ich bin hin- uns hergerissen“, sagt der Rettungssanitäter, „denn auch wenn ich selber noch nie dort war, schwärmen meine Eltern immer davon, wie toll dieses Fest ist.“ So seien Mutter und Vater stets mit dem eigenen Boot vor Ort, um das große Feuerwerk zu betrachten.
Tobias Taubners Meinung nach ist das Seenachtfest aber noch mehr, nämlich ein Fest, das zwei Länder, Deutschland und die Schweiz, und zwei Städte, Konstanz und Kreuzlingen, miteinander verbindet.
Ob das Fest dann auch ohne Feuerwerk auskomme? Stattdessen mit einer Lasershow, wie etwa vom Jungen Forum Konstanz vor der Gemeinderatswahl gefordert? „Das ist nicht das Gleiche“, findet Tobias Taubner. „Trotzdem ist die extreme Feinstaubbelastung natürlich Mist. Hier müsste etwas geschehen.“
„Das Fest komplett einzustellen wäre Blödsinn“
Gerda Schultes ist 54 Jahre alt. Die Schweizerin findet die Entscheidung der Konstanzer Stadtverwaltung falsch. „Das Fest komplett einzustellen wäre Blödsinn. Ich glaube nicht, dass das am Klimawandel irgendetwas ändern würde“, sagt sie. Zu viele Feste dieser Art gebe es rund um den Bodensee herum. „Sollen die nun auch alle eingestellt werden?“
Bei ihr wecken diese Feste in Romanshorn, Kreuzlingen, aber auch Konstanz vor allem eines: Kindheitserinnerungen. Ein Mal im Jahr, findet Gerda Schultes deshalb, sollte es möglich sein, ein Seenachtfest zu veranstalten. Auch in Konstanz.