Bernd Kern

„Wir wollen den Wohnungsmarkt umkrempeln.“ Ohne Umschweife kommt Simon Pschorr zur Sache und sofort wird klar, dass dieser junge Politiker in seiner Stadt noch viel bewegen möchte. Pschorr verweist auf die Versäumnisse der Vergangenheit, als die Stadt nicht konsequent Grundstücke aufgekauft habe; und er leitet daraus seine dringende Forderung ab, keine städtischen Grundstücke mehr zu veräußern.

Ein Ja zum Hafner

Die Hafner-Entwicklung begrüßt er ausdrücklich, und bei der Überbauung des Döbele-Areals wertet er es als wichtigen Schritt, dass die Stadt sich dazu bekannt hat, keine Spekulanten mit ins Boot zu holen. Aus demselben Grund empfindet er die Entwicklung des Siemens-Areals als „kapitales Ärgernis“. Für ihn ist unverständlich, dass die Stadt nicht weiter mitgeboten hat und so die Firma i+R zum Zug kam. „Allein die nun fällige Miete für das neue Technologiezentrum, welche an i+R entrichtet werden muss, hätte schon nach 20 Jahren die Differenz zum Preis, den die Stadt noch zu bezahlen bereit gewesen wäre, ausgeglichen.“

Richtiger Mietpreisdeckel

Auf die Berliner Wohnraumpolitik angesprochen, erwidert Pschorr kämpferisch: „Den Mietpreisdeckel finde ich richtig. Man muss Investoren anziehen, welche Interesse an gefördertem Wohnraum haben, und daneben auch privaten Wohnbaugenossenschaften in unserer Stadt eine Chance geben.“ Pschorr glaubt auch, dass die Bebauungspläne für bestimmte spezifische Gruppen ausgewiesen werden sollten, beispielsweise für Flüchtlinge, Senioren oder städtische Bedienstete, damit diese sich das Leben in ihrer Stadt überhaupt noch leisten können.

Kein Paradies mehr, dafür Dettingen

Er selbst hat dem Paradies den Rücken gekehrt und im etwas weniger hochpreisigen Dettingen zusammen mit seiner Frau eine Eigentumswohnung erworben. Momentan pendelt er täglich nach Villingen, wo er als Vollzeit-Richter tätig ist. Ab April wird sich das ändern, wenn er seine neue Stelle am Amtsgericht Konstanz antritt. Dann wird er werktags im Roten Arnold unterwegs sein, ganz im Sinn seiner Politik, Autos aus der Altstadt komplett zu verbannen. „In meiner Heimatstadt Regensburg funktioniert das schon seit langem.“ Und was passiert dann mit den beiden Parkhäusern am Fischmarkt und in der Dammgasse? Die würde Pschorr am liebsten anderen Nutzungsformen zuführen oder allerhöchstens dem Anwohnerparken vorbehalten.

Anwohnerparken nach Hubraum staffeln

Die Preise fürs Anwohnerparken möchte er allerdings nach Hubraum staffeln. „Mir schwebt ein Konzept vor, bei dem in der Innenstadt gekaufte Waren von Kurieren per Lastenrad zum Parkhaus am Schänzle transportiert werden und dort vom Kunden an der Kasse abgeholt werden können.“ Auf das Kurzstreckenticket angesprochen, meint Pschorr: „Selbstredend soll dieses Ticket auch beim Busfahrer gekauft werden dürfen.“ Als Reaktion auf den Klimanotstand plädiert Pschorr dafür, für den Klimaschutz neue Schulden zu machen: „Momentan kostet uns das Geldhaben mehr als das Geldausgeben.“

Partner sollen Beete bewirtschaften

Der Ausbau des Nahwärmenetzes, die Dach- und Fassadenbegrünung bei Neubauten sind für ihn sinnvolle Maßnahmen. Außerdem regt er „Beet-Patenschaften“ an, bei der die Stadt Samen und Setzlinge bereitstellt und die Anwohner Flächen im öffentlichen Raum bepflanzen und pflegen.

Positive Zwischenbilanz im Rat

Was seine bisherige Arbeit im Gemeinderat anbelangt, fällt Simon Pschorrs Zwischenbilanz überwiegend positiv aus: „Ich bin stolz darauf, ein Gemeinderat zu sein, und ich freue mich, zusammen mit den anderen Neulingen auch die Perspektive der jüngeren Generation in dieses Gremium einzubringen.“ Die Bürgerbeteiligung hält er allerdings noch für stark ausbaufähig.

Kürzere Redezeit für Gemeinderäte

Er plädiert auf eine Redezeitbeschränkung, obwohl er von Berufs wegen gewohnt ist, am Tag neun bis elf Stunden zuzuhören. Und er scheut auch nicht davor zurück, wenn die Sachargumente stimmen, mit dem politischen Gegner zusammenzuarbeiten. Als er im Verlauf einer Sitzung zweimal die Übereinstimmung mit Roger Tscheulin betont, entlockt dies dem Christdemokraten den erstaunten Zwischenruf: „Schon wieder gibt er mir Recht!“ Pschorr weiß auch, dass die enorme Doppelbelastung von Beruf und politischem Mandat nur klappt, weil seine Partnerin voll dahinter steht: „Ohne meine wunderbare Frau wäre das alles nicht möglich und dafür bin ich ihr unendlich dankbar.“