Es ist traurig und jeden Herbst das gleiche Schauspiel: Unzählige pralle, saftige Äpfel verführen uns Menschen. Wie gerne würden wir zugreifen und uns den Wonnen eines Bisses in das knackige Obst hingeben – wenn die Bäume nur nicht auf öffentlichem Boden stehen würden. Offenbar haben wir eine natürlich Hemmschwelle, uns einfach so zu bedienen. Und so passiert das, was unweigerlich passieren muss: Irgendwann fallen die Äpfel, Birnen oder Pflaumen auf den Boden und verwesen vor sich hin. Der Verbraucher geht dann lieben zum Obsthof und kauft das ein, was auf den öffentlichen Wiesen langsam kaputt geht. Derzeit ist dies überall zu beobachten.
Ortsverwaltung: Bitte zugreifen
„Wir können unsere Bürger nur auffordern: Bitte nehmt Euch einen Apfel, wir sind doch froh, wenn wir sie nicht wegräumen müssen“, sagt Klaus Frommer, Leiter der Ortsverwaltung Litzelstetten. Seine Mitarbeiter sammeln im Herbst einmal pro Woche das Fallobst ein – vor allem auf den Spielplätzen. „Wegen der Wespen ist das notwendig“, sagt er. „Wir wollen ja nicht, dass spielende Kinder gestochen werden.“ Das gesammelte Obst landet allerdings im Biomüll. „Wir haben leider keine Zeit, das zu sortieren“, so Klaus Frommer.

Der Baum, mein Patenkind
In Dingelsdorf gibt es die Möglichkeit, sich bei der Ortsverwaltung für einen Baum auf öffentlichem Grund als Pate zu bewerben. „Das machen wir seit einigen Jahren und das hat sich bewährt“, sagt Ortsvorsteher Heiner Fuchs. „Formalrechtlich darf man sich da zwar nicht einfach so bedienen“, erklärt er. „Aber wenn sich jemand ein, zwei Äpfel oder Birnen nimmt, wird kein Mensch etwas sagen.“
Auf der Grünfläche zwischen Industriegebiet und Wohngebiet stehen prächtige Obstbäume, die derzeit Früchte tragen – Pflaumen, Birnen und Äpfel.

Baumpatin backt Apfelkuchen – für den Mittagstisch
„Einfach kurz bei uns auf der Ortsverwaltung anrufen, dann dürfte das kein Problem sein, wenn sich jemand auch im größeren Stil bedienen möchte.“ Der Anruf sei jedoch notwendig, „um Missverständnisse vorzubeugen“, sagt der Ortsvorsteher. Brigitte Ruffmann hat das vor drei Jahren gemacht – und ist seither Patin des prächtigen Apfelbaumes zwischen Thingolthalle und Parkplatz am Ortseingang. „Damals stand ein Aufruf im Blättle“, erzählt sie. „Ich hatte das Glück, dass ich auserwählt wurde.“
Ganz aktuell backt sie Apfelkuchen für den Dingelsdorfer Mittagstisch. „Dann kommen die öffentlichen Äpfel auch wieder den Bürgern zugute“, erläutert Heiner Fuchs. „Es wäre doch schade um die tollen Früchte.“

Ganze Taschen werden gefüllt
Der Inhaber des Fuchs-Hofes beobachtet regelmäßig, dass seine Plantagen als Selbstbedienungsläden missbraucht werden. „Manchmal können Spaziergänger nur schlecht unterscheiden, was auf privatem und was auf öffentlichem Gelände wächst“, sagt er schmunzelnd. „Es gab es schon Menschen, die ganze Taschen gefüllt haben und dann ganz überrascht waren, wenn wir sie darauf hingewiesen haben, dass das verboten ist.“

Walnüsse verschwinden besonders gerne
Renate Schmitz besitzt eine Obstwiese mit einigen Bäumen zwischen Oberdorf und Dingelsdorf. „Dadurch, dass die Wiesen nicht eingezäunt sind, denken viele Wanderer, dass sie sich bedienen dürfen“, berichtet sie. „Vor allem die Walnüsse sind sehr beliebt. Wenn ich am Tag nach einem Sturm hierher komme, um die einzusammeln, kommt es vor, dass alle schon weg sind.“

Christine Straub pflegt ebenfalls einige Bäume. „Wir wollen dann gerne auch die Früchte unserer Arbeit ernten“, sagt sie. „Von daher ist es nicht schön, wenn Menschen mit großen Säcken kommen und die vollmachen.“
Schon in der Bibel steht geschrieben: „Wenn du in den Weinberg eines andern kommst, darfst du so viel Trauben essen, wie du magst, bis du satt bist, nur darfst du nichts in ein Gefäß tun. Wenn du durch das Kornfeld eines andern kommst, darfst du mit der Hand Ähren abreißen, aber die Sichel darfst du auf dem Kornfeld eines andern nicht schwingen.“

Stadtverwaltung verpachtet Obstbäume
Die Stadt Konstanz verpachtet laut Pressestelle viele ihrer Obstbäume auf den städtischen Flächen im Rahmen der Mostobstvergabe. „Die Pächter werden jeweils vom Liegenschaftsamt aufgefordert, die Bäume zu kennzeichnen. Diese Kennzeichnungen verschwinden häufig durch Sturm oder Regen wieder, deshalb sind verpachtete Bäume häufig nicht für den Bürger erkennbar“, so Ulrich Hilser vom Pressebüro der Stadt.
„Generell dürfen die Bürger von nicht verpachteten Bäumen ein paar Früchte mitnehmen. Wer mehr benötigt, kann gerne die Obsterträge des ganzen Baumes bei der Stadt für eine geringe Summe pachten“, so Ulrich Hilser.