Abdoulie Ceesay ist überzeugt: Die Organisation Save me und Familie Menge haben ihn gerettet. Ceesay, 25 Jahre, den alle nur Bamba nennen, weil es leichter auszusprechen ist, kommt 2017 nach Konstanz. Er stammt aus Gambia. In der Notunterkunft am Schwaketenbad lernt er Martina Gut von Save me kennen, sie vermittelt ihm ein Praktikum bei der Schlosserei Menge in Dettingen.

Helga Menge ist überzeugt: Dass er einen Ausbildungsplatz in der Schlosserei bekam und dass es jetzt so gut läuft, das habe Ceesay vor allem sich selbst zuzuschreiben. „Wir hatten 2017 Bedarf an Auszubildenden. Bamba war gleich sympathisch und sehr interessiert, das gibt es nicht oft.“ Schon im Praktikum habe er sich sehr für Metallbau interessiert.
Stete Gefahr der Abschiebung
Seit der Nigerianer Lukmann Lawall, der Mitarbeiter in den Konzilgaststätten war, im November 2019 abgeschoben wurde, sind Handwerker und Gastronomen in Konstanz nervös. Flüchtlinge, die keine Chance auf die Anerkennung ihres Asylgesuchs haben, schweben in steter Gefahr, abgeschoben zu werden. Dagegen wehren sich ihre Arbeitgeber.
Konzilchef Manfred Hölzl hat eine Online-Petition beim Bundestag initiiert. Darin fordern Arbeitgeber, dass gut integrierten geduldeten Flüchtlingen, die einen Arbeitsplatz haben, ein Bleiberecht ermöglicht wird, sofern sie straffrei sind. Die Petition hat 827 Unterzeichner. Erst bei 50000 Unterzeichnern wäre der Bundestag gezwungen, sich mit ihr zu beschäftigen. Bereits im Dezember hatte Hölzl eine Solidaritäts-Demo wegen der Abschiebung seines Mitarbeiters organisiert.
Handwerker kritisieren die Regierung
Dass Handwerker und Gastronomen, die Flüchtlinge beschäftigen, im Moment nicht gut auf die Regierung zu sprechen sind, ist kein Wunder. Sie brauchen die Arbeitskräfte. „Auszubildende mit Realschulabschluss oder Abitur fallen fast vollständig weg“, sagt Helga Menge. Mit Jugendlichen von der Hauptschule hätten sie öfter Probleme gehabt, „nicht fachlich, sondern im Sozialen. Es fehlt an Zuverlässigkeit und an Begeisterung fürs Handwerk“. Deshalb sind die Menges so froh über ihren zuverlässigen Azubi aus Gambia.
Ein Afghane backt in Dingelsdorf
Ähnlich geht es Heinrich Fuchs, Betreiber des Fuchshofs in Dingelsdorf, mit seinem Mitarbeiter Abid Ali Foladi. Fuchs hat den 30-jährigen Afghanen als Bäckergesellen eingestellt, weil er in Pakistan bereits als Bäcker gearbeitet hatte. Jetzt ist sein Asylantrag abgelehnt worden. Sein Anwalt habe Widerspruch eingelegt, dadurch gewinnt Foladi etwas Zeit. „Wir wollen ihn so bald wie möglich in Ausbildung nehmen, damit er besser geschützt wird“, erläutert Heiner Fuchs. Im Moment droht dem 30-Jährigen die Abschiebung. Absolviert er eine Ausbildung, gilt die 3+2-Regelung: Ein Azubi bekommt während der Ausbildung und zwei Jahre danach eine Aufenthaltsgestattung.

Heinrich Fuchs wird ärgerlich, wenn er über das Thema spricht: „Was mich so nervt: 2015 übte die Regierung starken Druck auf die Wirtschaft aus, dass Betriebe sich an der Integration von Flüchtlingen zu beteiligen hätten. Das haben wir getan. Und jetzt, wenn sie ihre Abschiebungszahlen vorweisen will, spielt all das keine Rolle mehr.“
Woher sollen die Fachkräfte kommen?
Der Fachkräftemangel sei im Handwerk akut, das sei auch der Regierung bekannt. Heiner Fuchs bemerkt bitter: „Am Ende sitzt im selben Flugzeug, in dem abgeschobene Flüchtlinge ausgeflogen werden, ein Vertreter der Regierung, der im selben Land Fachkräfte anheuern will.“
Von seinem Mitarbeiter wiederum ist Fuchs überzeugt: „Wir sind sehr froh, dass wir ihn haben“, sagt Fuchs. Der Betrieb habe viel investiert, um Foladi alle Arbeitsabläufe zu zeigen und ihn weiterzubilden.
Abid Ali Foladi lässt die Ungewissheit, in der er im Moment lebt, nicht in allen Nächten gut schlafen. Am 30. Januar wäre er bereits ausreisepflichtig gewesen, nur der Widerspruch gewährt jetzt Aufschub. „Nachts schlafe ich nicht so gut. Ich möchte nicht zurückgeschickt werden und im Namen der Religion sterben“, sagt er. Foladi gehört der ethnischen Gruppe der Hazara an, die schiitischen Glaubens sind und von den Taliban verfolgt werden.