Manfred Hölzl steht sichtlich unter Schock. Während er sich in Konstanz mit dem SÜDKURIER unterhält, startet in Stuttgart ein Flugzeug, um einen seiner Mitarbeiter nach Nigeria abzuschieben. „Mir fehlen die Worte“, sagt der Chef der Konzil-Gaststätten. „Lukmann Lawall arbeitet seit 2016 bei uns. Er ist fleißig, aufrichtig, zuverlässig, höflich, ein sehr feiner Mensch mit guten Umgangsformen.“

Beispiel für gelungene Integration

Kurzum: In den Augen des Gastronomen ist der 33-Jährige ein perfektes Beispiel für gelungene Integration. „Meine Einstellung zu unserer Gesellschaft und dem dahinter stehenden politischen System wird für mich völlig auf den Kopf gestellt“, so Manfred Hölzl. „Menschlich gesehen ist das das Schlimmste, was ich in den 40 Jahren hier im Konzil erleben musste.“ Alleine der persönliche Verlust eines treuen Mitarbeiters auf diese Weise erfülle ihn mit großer Sorge und Schmerz.

Aus dem Bett in Abschiebegewahrsam

Am Freitag morgen kamen Polizeibeamte ins Konzil, um nach dem Nigerianer zu suchen. Da er im Krankenstand war, lag er zu Hause im Bett. Dort nahmen die Beamten ihn fest, er wurde dem Amtsgericht vorgeführt, wo ihm der Haftbefehl vorgelesen wurde – Lukmann Lawall kam in Abschiebegewahrsam. Am frühen Montag wurde er nach Stuttgart gebracht, wo seine Maschine nach Lagos abhob.

Manfred Hölzl (rechts) und John Smart Ikponmwen, Konzil-Mitarbeiter und Freund von Lukmann Lawall.
Manfred Hölzl (rechts) und John Smart Ikponmwen, Konzil-Mitarbeiter und Freund von Lukmann Lawall. | Bild: Schuler, Andreas

Als diese Nachricht im Konzil die Runde machte, herrschte Trauer und Wut. John Smart Ikponmwen, ebenfalls aus Nigeria und ein Freund Lukmann Lawalls, arbeitet hier seit vier Jahren. Er floh 2015 vor Boko Haram, einer islamistischen terroristischen Gruppierung in Nigeria, nach Deutschland. „Ich habe Angst, dass mir das gleiche passiert“, erzählt er. „Ich warte auf meine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.“

Seit April ausreisepflichtig

Rosa Flaig vom Regierungspräsidium in Karlsruhe zu dem Fall: „Der Asylantrag wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Er war seit April ausreisepflichtig und hat die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht genutzt. Der Betreffende war nicht im Besitz einer Ausbildungsduldung.“ Anja Risse, Leiterin des Bürgeramts Konstanz, schrieb: „Wir haben keinen Einfluss auf die Vornahme von Abschiebungen. Wie ich bei unserer Ausländerbehörde herausfinden konnte, ist Lukmann Lawall abgelehnter Asylbewerber.“

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Stadt und Anwalt waren die Hände gebunden

Seine Ablehnung durch das Bundesamt sei in einem gerichtlichen Verfahren vom Verwaltungsgericht überprüft und bestätigt worden. Lukmann Lawalls Anwalt Rudy Haenel konnte die Abschiebung nicht verhindern. Er sagt: „Zur Identitätsprüfung musste er im September beim Regierungspräsidium vorsprechen, wo ein Vertreter der nigerianischen Botschaft ihn befragen sollte. Offenbar hat die nigerianische Botschaft der Abschiebung zugestimmt.“

Kein Bleiberecht wegen Beschäftigung

Laut Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration vermittelt eine Beschäftigung Asylbewerbern über das Asylverfahren hinaus weder ein Bleiberecht noch einen sonstigen gesicherten Aufenthaltsstatus, selbst wenn der Lebensunterhalt durch die Beschäftigung gesichert wird. „Auch eine Ausbildungsduldung kann Asylbewerbern während des Asylverfahrens nicht erteilt werden. Ausnahme: Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer können eine Ausbildungsduldung für die Gesamtdauer einer qualifizierten Berufsausbildung und nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss bei anschließender Beschäftigung ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre erhalten (3+2 Regelung). Das bedeutet, dass sie für die Dauer der Ausbildung und der anschließenden Beschäftigung nicht abgeschoben werden dürfen.“

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Lukmann Lawall
Lukmann Lawall | Bild: privat

Ausreisepflichtige Ausländer erhalten künftig eine Beschäftigungsduldung für 30 Monate und damit einen sicheren Aufenthaltsstatus, jedoch müssen sie dafür im Besitz einer Duldung seit mindestens zwölf Monaten sein – was laut Regierungspräsidium der entscheidende Punkt gewesen sei, um Lukmann Lawall abzuschieben. Der Nigerianer hat nun auf unbestimmte Zeit Einreiseverbot.