Die Brückengasse in der Niederburg ist eng. Richtig eng. An ihrer schmalsten Stellen misst die kleine Straße gerade mal drei Meter. „Zu eng für ein normales Feuerwehrauto mit Drehleiter“, sagt Uwe Jordan von der Feuerwehr Konstanz.
Der stellvertretende Amtsleiter der Feuerwehr deutet auf die Wände der umstehenden mittelalterlichen Gebäude. „Hier ist kein Platz, um die Stützen für das Einsatzfahrzeug auszufahren“, sagt er. Eigentlich brauche man dazu fünf Meter rechts und links vom Fahrzeug Platz.

Ein kleines Drehleiterauto ermöglicht das Durchkommen in schmalen Gassen
Angst brauchen die Anwohner in der Niederburg und Altstadt trotzdem nicht zu haben. Die Feuerwehr ist gut gewappnet. Ein spezielles Feuerwehrauto, mittelalterliche Feuergassen, verstärkte Einsatzteams und moderne Brandschutzanlagen sollen die Innenstadt sicherer machen.
Konstanz ist eine mittelalterliche Stadt. Die Gebäude sind oft aus brennbaren Materialien und stehen eng beieinander. Die Feuerwehr Konstanz hat sich den örtlichen Gegebenheiten angepasst. „Für die etwa 20 schmalen Gassen in der Niederburg und Altstadt haben wir uns ein schmaleres Drehleiterfahrzeug angeschafft“, erzählt Jordan.
Großer Brand in der Hussenstraße lässt Feuerwehr umdenken
Anlass für das Umdenken war das große Feuer in der Hussenstraße im Jahr 2010. Ein Adventskranz führte zu einem Großbrand, der letztlich zum Einsturz eines Wohn- und Geschäftshauses führte. Um das zu verhindern, muss sich die Feuerwehr besser rüsten – dachten sich die Feuerwehrmänner.
2014 war es dann soweit: Die kleine Drehleiter war da und bereit für Einsätze im Innenstadtgebiet. 500.000 Euro hat der Wagen gekostet. Ausgezahlt habe er sich bereits, findet Bernd Roth, Chef der Feuerwehr Konstanz. Bei fast jedem Alarm in der Altstadt oder Niederburg, rückten die Männer (oft in doppelter Einsatzstärke) mit diesem Fahrzeug aus.
Die kleine Drehleiter ist wenidger
Und das hat auch einen guten Grund: Die kleine Drehleiter misst nur 2,30 Meter in der Breite. „Ein normaler Drehleiterwagen ist ungefähr 2,50 Meter breit und deutlich länger“, sagt Maximilian Obermaier, Pressesprecher der Feuerwehr. Damit sei das Fahrzeug wendiger. „In etwa wie ein Sprinter“, erklärt Obermaier.

Ein weiterer Vorteil: Die Stützen des Wagens werden senkrecht am Wagen runtergelassen. „Wir brauchen schlichtweg nicht so viel Platz um das Fahrzeug herum“, erklärt Uwe Jordan. „Wir können hinter einem brennenden Gebäude parken und von dort aus löschen oder das Nachbargebäude schützen“, ergänzt Obermaier.
Feuergassen gibt es fast in der ganzen Innenstadt
Um die Niederburg und die Altstadt zu schützen, setze man aber nicht nur auf ein kleineres Fahrzeug. „Wir nutzen auch intensiv die mittelalterlichen Feuergassen„, sagt Uwe Jordan. Mittelalterlich? Das klingt nicht gerade sicher. „Sie helfen uns sehr“, sagt Jordan.

Bei einem Rundgang durch die Niederburg biegt Jordan von der Zollerngasse in die Hohenhausgasse ein. „In ein paar Metern sehen Sie ein Tor mit einem Aufkleber ‚Feuergasse‚. Die in der Zollernstraße ist besonders beeindruckend“, sagt Jordan und zieht einen Schlüssel aus der Jackentasche. Mit diesem Schlüssel, der in jedem Feuerwehrauto bereit liegt, kann er das Tor öffnen. Dahinter befindet sich ein langer, schmaler, unebener Gang, der durch die Häuserflucht geformt wird.
In Feuergassen werden Wasserschleier gelegt
„Hier können wir Anwohner über Feuerleitern retten“, sagt Jordan und zeigt hoch. An vielen Fassaden ist eine Leiter befestigt. Die Gebäude stehen dort sehr dicht zusammen. Manchmal trennen nur 60 Zentimeter die Häuser voneinander. Ein Funke kann hier leicht überspringen. „Und da hier noch viel aus Holz besteht, könnte ein Feuer leicht übergreifen“, sagt der Feuerwehrmann.

Um das zu verhindern, nutzen die Einsatzkräfte die Feuergasse. „Wir positionieren uns hier und legen einen Wasserschleier“, sagt Jordan. Das bedeutet: Die Wand und das Dach des gefährdeten Hauses wird mit Wasser bespritzt. Was nass sei, fange nur schwer an, zu brennen, sagt Jordan.
Mittelalterliche Gebäude haben einen geringen Feuerwiderstand
Neben den alten Feuergassen setzen die Einsatzkräfte aber auch auf moderne Brandmeldeanlagen. „In vielen Geschäften, aber auch in öffentlichen Gebäuden und Kirchen, gibt es mittlerweile Brandmeldeanlagen. Dadurch können wir frühzeitig vor Ort sein“, sagt Jordan. Und das sei die beste Taktik.

Gerade in der Niederburg, wo die Dachstühle oft noch komplett aus Holz bestehen und viele Geschossdecken mit Schilf oder Ähnlichem gefüllt sind, ist Zeit, die größte Hürde. „Der Feuerwiderstand liegt bei mittelalterlichen Gebäuden bei etwa 20 Minuten“, erzählt Jordan. Mit Feuerwiderstand meint der Fachmann die vertikale Brandentwicklung. Im Klartext: Wie schnell greift das Feuer auf das nächste Stockwerk über? Zum Vergleich: Bei Neubauten beträgt der Feuerwiderstand 90 Minuten. Die Feuerwehr muss also schnell sein. Zum Glück braucht sie nur gut vier Minuten von der Alarmierung bis zum Brandort.