Wohnungen auf dem Supermarkt, Mini-Häuser, Wohnungstausch: Angesichts des Konstanzer Wohnungsmangels sind innovative Ideen gefragt. Eine davon ist auch die: Wie wäre es mit Hausbooten? Ein Blick in andere Städte zeigt, dass die Nachfrage nach dem Leben auf dem Wasser und der Markt dafür wächst.
Hamburg etwa hat eine Karte erstellt, in der geeignete Standorte für Hausboote und schwimmende Häuser verzeichnet sind. Die Grachten von Amsterdam sind mit bewohnten Schiffen und umgebauten Lastkähnen gesäumt, 2500 sollen es sein. In IJburg am Rande von Amsterdam ist die größte schwimmende Siedlung Europas entstanden. Sechzig Häuser je Hektar, die auf Pontons stehen und sich mit der Ebbe und Flut heben und senken. Denn mit der neuen Wohnform will die Stadt nicht nur der Wohnungsnot, sondern auch dem Klimawandel begegnen.
Zukunftsvision Leben auf dem Wasser?
Das Leben auf dem Wasser wird von Stadtplanern schon längst als Antwort auf die demografische Entwicklung in den Schwarmstädten und den Klimawandel gesehen. Hinzu kommt die Sehnsucht vieler nach einem naturverbundenen Leben und der Reduktion auf das Wesentliche.
Dementsprechend sind die Hausboot-Modelle längst auch nicht mehr so rustikal, wie man vielleicht denkt. Die Entwickler setzen auf ökologische Baumaterialien, Design, Technologie und Komfort auf engem Raum.
So tüftelt auch der schwäbische Erfindergeist südlich von Amsterdam schon an entsprechenden Modellen. In Stuttgart hat Thomas Münch „Müthos“ entwickelt.
Ein kleines, schwimmendes Einfamilienhaus für bis zu vier Personen. Münch selbst hat früher immer Urlaub auf einem Hausboot oder Floating Home gemacht, erzählt er am Telefon. Und dachte sich irgendwann: Es muss doch möglich sein, völlig autark auf dem Wasser zu leben. Ohne jegliche Landanschlüsse.
Strom und Wärme kommen von der Solaranlage auf dem Dach des Bootes und einem kleinen Blockheizkraftwerk. Das Wasser wird aus dem Gewässer entnommen und geilftert. Abwasser wird in der Biokläranlage aufbereitet und zurückgeleitet. Voran geht es mit einem Elektromotor. Münch hat einige Argumente parat, wenn es um ökologische Bedenken geht.
Derzeit wird der Prototyp in einer Werft in Rheinau im Ortenaukreis gebaut.
Münch setzt auf den wachsenden Markt in Hamburg, den Potsdamer Seen und Amsterdam – könnte sich Hausboote aber durchaus auch auf dem Bodensee vorstellen.
Da ist er nicht der einzige
Der Konstanzer Josef Lilbob hat kürzlich einen Brief an Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn geschrieben. Darin schlägt er vor, sechs Haus- und Wohnboote vor dem Sea-Life zu installieren. Der Wohnungsraum-Mangel lässt sich damit freilich nicht beheben, sagt Lilbob. Aber es sei ein attraktives, touristisches Angebot.
„Für den Wohnungsmarkt sind Hausboote keine nachhaltige Lösung“, findet allerdings Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn.
„Es müssten neue Liegeplätze ausgewiesen, Uferzonen befestigt und eine Infrastruktur für die Ver- und Entsorgung auf den Booten geschaffen werden. Dies würde den Bemühungen entgegenlaufen, die Ufer zu schützen und die Qualität der Uferzonen weiter zu verbessern“, findet allerdings Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn.
Rechtlich sind Hausboote verboten
Und zwar sowohl auf Schweizer, Österreichischer und Deutscher Seite. Geregelt ist das Verbot von Wohnbooten einheitlich in der Bodensee-Schifffahrtsordnung. Schon auf dem Papier nicht zugelassen sind demnach „Fahrzeuge, die nach ihrer Bau- oder Betriebsart oder nach ihrer Ausstattung überwiegend für Wohnzwecke bestimmt sind“.
Wie viel kostet überhaupt ein Hausboot?
Auf einem Hausboot zu wohnen hat finanzielle Vor- und Nachteile. Der Grundstückspreis entfällt, denn ein Hausboot gilt nicht als Immobilie, sondern als bewegliches Wirtschaftsgut. Dementsprechend kann es sogar steuerlich abgeschrieben werden. Allerdings nur, wenn man sich damit auch bewegt und nur für ein paar Stunden oder Tage anlegt.
Für fest am Ufer liegende Hausboote benötigt man eine Baugenehmigung. Da wird es dann eher teurer als auf dem Festland. Sowohl das Genehmigungsverfahren als auch die Erschließung sind deutlich aufwendiger als bei einem Einfamilienhaus im Neubaugebiet. Anschlüsse für Strom, Wasser und Gas sowie den Zugang über einen Steg muss der Bauherr selbst zahlen.
Die Liegeplätze in den Grachten Amsterdams etwa sind heiß begehrt und in zentralen Lagen auch sehr teuer.
Auch die Kosten für ein modernes Hausboot selbst lassen sich durchaus mit denen für ein Einfamilienhaus in Konstanz vergleichen. Das Modell Müthos von Thomas Münch etwa kostet 550.000 Euro, mit Elektromotor 600.000 Euro.
Ausstatten lässt sich ein Hausboot fast wie ein Eigenheim am Land: Mit Fußbodenheizung, Badewanne, Kamin. So beispielsweise sieht das Bad im Hausboot von Charles McLaren in London aus.
Es gibt sogar Objekte mit Sauna oder Fahrradgarage. „Nach oben“, sagt der Stuttgarter Hausboot-Entwickler Thomas Münch, „sind fast keine Grenzen gesetzt“.