Herr Rohloff, für viele waren Sie vor allem der ewige Mahner für Sparsamkeit. War das eher lästig oder eher lustig?

Das war vor allem eine Rolle. Den Tatsachen hat sie allerdings nicht ganz entsprochen, weil ich davon ausgehe, dass wir in den seltensten Fällen Verhinderer waren, sondern immer Ermöglicher. Wir hatten in den 20 Jahren doch meistens geordnete Verhältnisse. Wir haben uns nie gegen notwendige Investitionen gestemmt.

Warum sind bei vielen öffentlichen Projekten die Kosten am Ende viel höher als die, mit denen sie politisch zunächst diskutiert wurden?

Es gibt solche Beispiele, aber sie sind nicht die Mehrzahl der Projekte. Wenn etwas im Budget bleibt, nimmt man das zur Kenntnis. Wenn aber mal eine Brücke aus dem Ruder läuft wie zum Beispiel damals in der Bodanstraße, dann heißt es natürlich, die Verwaltung kann nicht rechnen. Aber es ist eben so: Wenn wir mit der Bahn zusammenarbeiten, gibt es viele Rahmenbedingungen, die wir nur unzureichend beeinflussen können. Zum Beispiel, dass man für bestimmte Arbeiten den Strom abstellen und den Bahnverkehr einstellen muss. Und auch bei der Frage, ob man einen Sicherheitszuschlag gleich einplant, könnte sich das auf das Angebotsverhalten zum Nachteil der Stadt auswirken,. Vor dieser Frage stehen wir zum Beispiel beim Schwaketenbad. Da werden wir wohl im Nachgang kommen müssen und sagen, jetzt wird es doch teurer. Es hat alles Für und Wider.

In der Analyse von Stuttgart 21 oder Flughafen Berlin zeigt sich eine Neigung, Vorhaben politisch günstig zu rechnen, wenn man sie haben will, und Projekte, die unerwünscht sind, teurer zu rechnen. Ist auf Sie jemals entsprechender Druck ausgeübt worden?

Nie. Und ich muss auch sagen: Alle Amtsleiter, mit denen ich zu tun hatte, hatten ja kein persönliches Interesse daran, zum Beispiel eine Brücke oder andere Projekte etwas mit geschönten Zahlen durchzubekommen. Auch ein Oberbürgermeister hat da kein Interesse gehabt. Solche Diskussionen gibt es bei uns innerhalb der Verwaltung nicht. Die gab es auch nie beim Bodenseeforum. Wie sich das entwickelt hat, ist einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände, eine personelle Entscheidung. Hätten wir so eine Persönlichkeit wie den jetzigen Geschäftsführer Herrn Lohmar von Anfang an gehabt, wären wir in der ganzen Entwicklung vermutlich schon viel, viel weiter.

Eine Ihrer bittersten Stunden war die Niederlage beim Bürgerentscheid zum Konzert- und Kongresshaus auf Klein Venedig, wo Sie Projektleiter waren. Ein paar Wochen danach kam die Haushaltssperre. War das Geld damals nun da oder war es nicht da?

Wir waren uns sicher, es war da. Aber ich weiß auch: Man kann es der Bevölkerung kaum vermitteln, dass wir wenige Tage nach dem Bürgerentscheid einen geänderten Messbescheid des Finanzamtes auf den Tisch bekommen haben, der allen unseren Erwartungen und auch allen bisherigen Gesprächen derart entgegenlief. Da hatte uns niemand gewarnt, und wir hätten auch keine Chance gehabt, früher an die Information zu kommen. Das nimmt mir bis heute niemand ab, aber so war es. Und wir hätten uns das Haus trotzdem leisten können, denn es wäre nicht über den städtischen Haushalt gelaufen, und den Abmangel hätten wir in den städtischen Haushalten ohne Verdrängungsdiskussion immer aufbringen können.

Die Schulden im Kernhaushalt sind heute halb so hoch wie bei Ihrem Amtsantritt. Zugleich hat sich die Stadt bei nachfolgenden Generationen verschuldet, indem sie nicht genug in den Erhalt von Straßen und Gebäuden investierte.

Das würde ich anders sehen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Haushalts, der Kapazitäten der regionalen Unternehmen und dessen, was die Verwaltung verschafft, haben wir immer investiert – das sieht man ja an der Bugwelle von finanzierten, aber nicht abgeschlossenen Vorhaben. Wir haben aus finanziellen Gründen keine wirtschaftlich sinnvollen Sanierungen und Modernisierungen von Gebäuden verhindert. Ja, wir haben vor Jahren einmal bei der Bauunterhaltung ein paar Mittel abgeknapst, aber damals mussten alle Fachbereiche leiden.

Widerspruch: In zwei öffentlichen Sitzungen wurde 2014 dargelegt, dass und wie tatsächlich Millionenwerte kaputtgespart wurden. Sie selbst waren damals nicht erfreut.

Genau, weil das Theorie ist. Und weil Theorie bei solchen Themen keine Chance hat, in die Realisierung zu kommen. Man muss das Gespür haben, und erkennen, dass es viel besser ist, die dringendsten Dinge anzugehen und umzusetzen, als sich ein Idealbild zu zeichnen, das im Moment niemand realisieren kann. Da verschwendet man so viel unnötige Arbeitskraft. Da ist der pragmatische Weg deutlich sinnvoller. Das gilt auch für die Straßen, wo wir die Bauarbeiten ja auch mit den Entsorgungsbetrieben oder mit den Stadtwerken abstimmen. Wenn sich dann zeigt, dass eine Baustelle jetzt sinnvoll ist, dann klappt das in der Regel auch.

 

 

Wer ist Hartmut Rohloff?

Hartmut Rohloff, 65, war seit 1997 Kämmerer und damit Finanzchef in der Konstanzer Stadtverwaltung. Er wuchs in Ellwangen im Norden von Baden-Württemberg auf studierte an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Bei der Stadt Konstanz war er vor seiner heutigen Aufgabe unter anderem im Bauverwaltungsamt tätig. Dort erwarb er sich erste Verdienste für seine mustergültige Projektsteuerung bei den Sanierungsgebieten – in den 1980er-Jahren wurden die Areael der Kloster-, der Jäger- und der Chérisykaserne für die Stadtenwicklung genutzt. Rohloff geht mit dem Jahreswechsel in Pension.

Die Arbeit des Stadtkämmerers

Beim Stadtkämmerer laufen fast alle Fäden einer Verwaltung zusammen, weil die Kämmerei als Finanzabteilung in alle Investitionen, in Personalfragen und laufende Ausgaben eingebunden ist. Eine Besonderheit in Konstanz ist nicht nur das stetig gestiegene Volumen des städtischen Haushalts. Auch die Zahl der Unternehmen und Betriebe, an denen die Stadt beteiligt ist, hat sich in Rohloffs Amtszeit mehr als verdoppelt. Für die Steuerung der Beteiligungen, die schon aus steuerrechtlichen Gründen immer komplizierter wird, hat die Kämmerei um einen kleinen Personalaufbau gebeten.